1996 - Meldungen 2216-2255

1996 - Meldungen 2216-2255 rhartmann Mi, 1997-12-31 09:00

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  • (2242) Perchtoldsdorf/Niederösterreich. Der Bürgermeister der Marktgemeinde Perchtoldsdorf demonstrierte, wie stark in Österreich Staat und Kirche noch miteinander verfilzt sind. Er bat die Gemeinderäte in einem offiziellen Schreiben "als Bürgermeister unserer Gemeinde" um die Teilnahme an der katholischen Fronleichnamsprozession, wobei er einen Einladungsbrief des Pfarrers gleich in Kopie beifügte.

    Eine Gemeinderätin äußerte brieflich ihr Befremden. "Es erscheint mir demokratiepolitisch und verfassungsmäßig bedenklich, wenn sie - ausdrücklich in Ihrer Eigenschaft als Bürgermeister - die gewählten Gemeindevertreter zur Teilnahme an einer rituellen Handlung einer bestimmten Religionsgemeinschaft auffordern." Sie wies darauf hin, daß "die öffentliche Bevorzugung einer bestimmten Religion" unzulässig sei. "Andersgläubige und konfessionsfreie Gemeinderäte sehen sich durch Ihr Schreiben einer Nötigung ausgesetzt." Sie forderte den Bürgermeister auf, die Einladungen zu religiösen Feiern künftig "den dafür zuständigen Religionsgemeinschaften zu überlassen" und "die verfassungsmäßig verankerte Trennung von Staat und Kirche" zu beachten.

    Obwohl es sich um ein privates Schreiben handelte, verlas es der Bürgermeister im Gemeinderat. Dies veranlaßte die regionale Wochenzeitung Niederösterreichische Nachrichten (nach außen als "unabhängig" firmierend, aber im Besitz jener Erzdiözese St. Pölten, die von dem extrem konservativen Bischof Krenn geleitet wird) zu einem tendenziösen Kommentar, in dem nicht etwa dem Bürgermeister, sondern der Gemeinderätin Verfassungsbruch vorgeworfen wurde.

    Eine groteske Fortsetzung entwickelte sich, als der örtliche Fremdenverkehrsverein (FVV) die Hausbesitzer entlang des Prozessionsweges aufforderte, "die Ehre die damit verbunden ist" zu würdigen, indem sie "Ihrem Haus jenes festliche Kleid geben, das diesem Tag angemessen ist. Durch einen Fahnenschmuck rundet sich das festliche Bild noch ab und gibt diesem Fest jenen Glanz den es verdient und dokumentiert so seinen Stellenwert im kirchlichen Jahresablauf." Für die "Neuanschaffung einer Fahne" - nicht etwa eine kirchliche, sondern mit den Staatsfarben - wurde wiederum auf die Gemeinde verwiesen. "Mit der Bitte um Ihr Verständnis, Ihr Mittun und gemeinsam ein schöne Fest zu gestalten" schloß die Aufforderung des FVV, dessen Vorsitzender mit dem Kirchenkalender offenbar weit besser vertraut ist als mit der deutschen Sprache. Die mitbetroffene gleichnamige Mutter der Gemeinderätin kritisierte in einer Antwort diese Parteinahme und schlug dem Adressaten eine Umbenennung in "Katholischer" FVV vor. Außerdem erinnerte sie, daß vor nicht gar so langer Zeit "mit ebensolchen Prozessionen ... massenhaft Hexen und Ketzer zum Scheiterhaufen geleitet wurden". Daher fand sie eine "Lichterkette zum Andenken an die vielen Opfer" der Kirche "angemessener". Das bischöfliche Wochenblatt kommentierte diese Antwort mit der Bemerkung "Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm", vermochte aber sachlich ebensowenig auszusetzen wie zuvor am Schreiben der Tochter und veröffentlichte sogar eine längere Passage im Wortlaut. (MIZ-Eigenmeldung; Niederösterreichische Nachrichten, 28.6. u. 9.8.95; Kurier, 8.7.95)

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