Konfessionslosenverband begrüßt neutrale Abfassung der EU-Grundrechtscharta

Pressemitteilung vom 28.09.2000

Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA e.V.), begrüßt die neutrale Abfassung der EU-Grundrechtscharta ohne religiöse Formulierungen. Der Verband, der die Rechte der Menschen vertritt, die frei von religiösen Bindungen sind, spricht sich für ein Europa aus, das Heimstatt aller Bürger sein soll, unabhängig von Weltanschauung und Religion. Der Konfessionslosenverband verwahrt sich ausdrücklich gegenüber den christdemokratischen Bestrebungen, trotz der neutralen Formulierung in der Grundrechtscharta die deutsche Übersetzung dahingehend zu manipulieren, daß das französische Wort "spirituel" in "religiös" übersetzt wird. Nur eine strikte weltanschauliche Neutralität der EU-Grundrechtscharta kann für alle Europäer konsensfähig sein.

"Metaphysische Begründungen und Formulierungen haben in internationalen Dokumenten nichts zu suchen", so der erste Vorsitzende René Hartmann. Befürchtet wird, daß ähnlich wie beim Annex vom Maastricht II Vertrag bundesdeutsche Kirchenprivilegien abgesichert werden sollen. Nur wenn auf dem informellen EU-Gipfel Mitte Oktober und nach den letzten Feinarbeiten am Text im Dezember eine EU-Grundrechtscharta herauskommt, die für alle Europäer, auch diejenigen, die keiner Kirche angehören, akzeptierbar ist, wird sie auch die Anerkennung finden, die ihr gebührt.

Dragan Pavlovic (Pressesprecher)

Hintergrund:
Deutsche Übersetzung mit "religiösem Bewusstsein"

Der Mitte Oktober verabschiedete Entwurf der Grundrechte-Charta enthielt den in der obigen Pressemitteilung verurteilten Passus. Die Frankfurter Rundschau veröffentlichte den Text der Charta am 16.10.00 und schrieb kommentierend:

"Nun liegt er vor: der Entwurf der Grundrechte-Charta der Europäischen Union, an dem der Konvent unter der Leitung des ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Roman Herzog noch bis zum letzten Moment gefeilt hat. Eine Besonderheit gibt es in dem Entwurf. In der Präambel der englischen und französischen Fassung taucht der Verweis auf das religiöse Erbe nicht auf. Aus diesem Grund haben wir an der entsprechenden Stelle des deutschen Textes die englische und französische Version eingefügt [...]:

Präambel: [...] In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und sittlichen Erbes (engl.: spiritual and moral heritage; franz.: patrimoine spirituel et moral) gründet sich die Union auf die unteilbaren und universellen Werte der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität. [...]"