IBKA fordert Trennung von Staat und Kirche

Pressemitteilung vom 14.11.02

Bezugnehmend auf den Artikel: Ansehen der Kirchen in Deutschland dramatisch gesunken Ergebnisse einer Gallup-Umfrage im Auftrag des Weltwirtschaftsforums (World Economic Forum), s. WELT vom 11.11.2002

Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten e.V. (IBKA) fordert, jetzt endlich die längst überfällige Trennung von Staat und Kirche auch in Deutschland zu verwirklichen. Den Auftrag dazu haben deutsche Regierungen schon 1919 erhalten, in der Weimarer Reichsverfassung, und 1949 erneut mit dem Grundgesetz: "Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst.", heißt es in Artikel 138 der Weimarer Verfassung, der nach Artikel 140 GG Bestandteil des Grundgesetzes ist.

Jetzt ist es dringender denn je, diesem Verfassungsauftrag nachzukommen. Es geht nicht an, dass immer mehr konfessionslose BürgerInnen gezwungen sind, mit ihren Steuergeldern die Religionsgemeinschaften von immer weniger BürgerInnen mitzufinanzieren. Es ist eine Zumutung, wenn ihre Steuergelder für rein innerkirchliche Belange ausgegeben werden, z. B. für Bischofsgehälter. Es ist eine Zumutung, wenn Konfessionslose mit ihren Steuergeldern kirchliche Krankenhäuser, Kindergärten und Altenheime mitfinanzieren müssen, wo sie zum Dank dafür grundsätzlich abgewiesen werden, wenn sie sich um eine Arbeitsstelle bewerben. Ebenso ist es eine Zumutung, wenn Steuergelder für einen Religionsunterricht ausgegeben werden, der in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt wird. Ein solcher Unterricht hat an einer staatlichen Schule so wenig zu suchen wie parteipolitische Werbung.

Es ist nicht die Aufgabe staatlicher Schulen, die SchülerInnen im Sinne einer bestimmten Anschauung zu beeinflussen; es ist Aufgabe dieser Schulen, den SchülerInnen so objektiv wie möglich Informationen und Fertigkeiten zu vermitteln, um sie zu befähigen, sich ihr eigenes Urteil zu bilden. Artikel 7 Absatz 3 GG, der den tendenziösen Religionsunterricht festschreibt, ist zu streichen. "Die Trennung von Staat und Kirche", so der 1. Vorsitzende des IBKA, René Hartmann, "schafft die Voraussetzung für die Erfüllung des Verfassungsauftrags, nach dem der Staat als 'Heimstatt aller Staatsbürger' weltanschaulich-religiöse Neutralität zu üben hat."

Dragan Pavlovic (Pressesprecher)

Hintergrundinformation:
"Das Grundgesetz legt durch Artikel 4 Absatz 1, Artikel 3 Absatz 3, Artikel 33 GG sowie durch Artikel 136 Absatz 1 und 4 und Artikel 137 Absatz 1 WRV in Verbindung mit Artikel 140 GG dem Staat als Heimstatt aller Staatsbürger ohne Ansehen der Person weltanschaulich-religiöse Neutralität auf. Es verwehrt die Einführung staatskirchenrechtlicher Rechtsformen und untersagt auch die Privilegierung bestimmter Bekenntnisse." (BVerfGE 19, 206-289). Dies ist "die in den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Dezember 1965 verkündete grundsätzliche Aussage über das Verhältnis von Staat und Kirche."