Grundrechte wichtiger als Kirchenfinanzierung

Pressemitteilung vom 06.11.2006

Im Rahmen der von der regierenden Koalition geplanten Unternehmenssteuerreform ist beabsichtigt, den Banken die Aufgabe zuzuweisen, eine an die Abgeltungssteuer von Kapitalerträgen gekoppelte Kirchensteuer abzuführen. Hierzu sollen die Steuerpflichtigen verpflichtet werden, gegenüber ihrer Bank eine Bescheinigung über die Kirchenmitgliedschaft vorzulegen.

Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten e.V. (IBKA) erklärt dazu: Die Pläne der Bundesregierung führen zu einer Ausweitung der bereits jetzt mehr als fragwürdigen Privilegien der Großkirchen. Bereits jetzt erfährt der Arbeitgeber über die Lohnsteuerkarte von der Konfessionszugehörigkeit des Arbeitnehmers, was einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt. Dazu soll nun auch noch die Pflicht hinzukommen, seiner Bank gegenüber die Konfessionszugehörigkeit zu erklären – all dies, um den Großkirchen eine bequeme Finanzierung über die Finanzämter zu gewährleisten.

Das verfassungsmäßig garantierte Recht, seine Religionszugehörigkeit nicht offenbaren zu müssen, wurde schon bisher bedenkenlos den Interessen der Kirchen geopfert, und die vorliegenden Pläne der Bundesregierung setzen nun noch eins drauf. Indem die Kirchenfinanzierung als staatliche Aufgabe begriffen wird, wird zugleich deutlich, wie weit Deutschland von der Verwirklichung einer Trennung von Staat und Kirche, die diesen Namen verdient, entfernt ist. Wenn in Folge einer Abgeltungssteuer das bisherige auf Kirchensteuerabzug vom Gehalt beruhende System an seine Grenzen stößt, so sollte dies Anlass sein, den staatlichen Einzug der Kirchensteuer in Frage zu stellen, anstatt das System weiter auszudehnen. Es ist nicht einzusehen, warum Kirchen sich nicht wie Parteien, Gewerkschaften usw. über selbst erhobene Mitgliedsbeiträge finanzieren können. Durch eine derartige Entkopplung der Kirchenfinanzierung von der Einkommensteuer würde zugleich auch der Spielraum der Steuerpolitik vergrößert. Derzeit werden bei einer Änderung der Einkommensteuer nahezu immer Kircheninteressen berührt, was die politischen Entscheidungsprozesse verkompliziert. Die Verflechtung von Staat und Kirche wirkt sich hier wie auf anderen Gebieten (z. B. im Schul- und im Sozialsystem) nachteilig aus.

Über den Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten e.V.

Der IBKA versteht sich als Interessenvertretung des konfessionslosen Bevölkerungsteils, der in Deutschland mittlerweile auf über 30% angewachsen ist. Wir setzen uns für die Verwirklichung des Verfassungsgebotes der weltanschaulichen Neutralität des Staates ein – in Deutschland wie in Europa. Der IBKA tritt ein für die allgemeinen Menschenrechte als unveräußerliche individuelle Rechte des einzelnen Menschen. Er wendet sich gegen Diskriminierungen aus religiösen oder weltanschaulichen Motiven. Zu diesem Zweck fordert er eine konsequente Trennung des staatlichen Bereichs von Kirchen, Religionen und Weltanschauungen.