Der Islam in Deutschland - Religiöse Gebote oder staatliche Normen?
Veranstaltung der IBKA-Ortsgruppe Freiburg – Podiumsdiskussion
Die lokale Presse hatte bei der Ankündigung unserer Veranstaltung vom 29. Okt. im Café Velo in Freiburg „leider nicht bemerkt“, dass unser Artikel „im falschen Ordner gelandet war“. Somit gab es keine Ankündigung und mit entsprechend wenig Teilnehmern wurde gerechnet. Doch auf einen Schlag war der Raum sozusagen „geflutet“ von Mädchen mit und ohne Kopftuch und ebenso vielen Jungs vom islamischen Zentrum, die dann etwa die Hälfte der rund 70 Besucher ausmachten.
Arno Ehret von der IBKA Ortsgruppe Freiburg begrüßte als Moderator die Anwesenden und stellte kurz den IBKA und dessen Hauptanliegen „Trennung von Staat und Kirche“ vor und eröffnet die Gesprächsrunde. In den folgenden Statements und Diskussionen konnte sich das Publikum dann ein Bild von den Podiumteilnehmern und deren Positionen machen: Zunächst stellte sich Dr. Kahf vor, fünf Kinder, praktizierender Arzt aus Freiburg, der zugab, dass viele Muslime in Deutschland nicht nach der Religion leben, aber beteuerte, sie sollten es tun und sich gleichzeitig ans Grundgesetz halten, und zwar ohne Einschränkungen (sic!). Er stellt auch fest, Staaten wie Iran und Saudi-Arabien lebten den Islam nicht korrekt, was er anhand diverser Koransuren ausführte. Moslem bedeute eben „Gottergebener“ und der Koran steht über allem, auch über der Vernunft (sic). Jeder Mensch habe ein Bedürfnis nach Religion und Auferstehung.
Dr. Sadik Hassan, Islamwissenschaftler, Iraker, lebt in Freiburg und arbeitet beim „Forum für interreligiöse Zusammenarbeit“ mit. Nach seiner Meinung gibt es keinen Zwang zum Glauben im Islam, es gibt nur in einigen Fatwas (Rechtsgutachten) eine Androhung der Todesstrafe beim Abfall vom Islam, im Koran gäbe es das nicht. Der Islam gewähre religiöse Freiheit ohne Wenn und Aber; es handelten aber sehr viele islamische Staaten dagegen. Vor allem weist er auf die Mehrdeutigkeit der arabischen Sprache hin, was oft zu sehr vielen verschiedenen Auslegungen der Koransuren führe. Viele Muslime würden auch von Hasspredigern verführt. So ist nach seiner Meinung Kaplan (sog. Kalif von Köln) viel zu spät ausgewiesen worden.
Arzu Toker bekräftigte ihre Forderung nach Säkularisierung der Gesellschaft: Religion soll Privatsache sein, die Gesellschaft soll sich an Humanistischer Philosophie (ausgehend von der griechischen Demokratie über die Aufklärung) orientieren. Eine Veranstaltung wie diese, sei überhaupt erst durch die (leider noch nicht vollendete) Säkularisierung in Europa möglich. Und zu den religiös begründeten Bekleidungsvorschriften: Da es ja ein Problem der Männer sei, wenn gewisse Merkmale bei Frauen auf sie in unerwünschter Weise aufreizend wirken, müssten sie dieses Problem auch bei sich selber lösen und nicht auf die Frauen abschieben. Sie äußerte auch die Ansicht, für viele Muslime hätten die religiösen Regeln höhere Priorität als die weltlich-westliche Demokratie. Schließlich hielt sie der angeblich so sanften und friedfertigen islamischen Religion noch diesen Spiegel vor: Etwa 250 Jahre lang wurden die Türken von arabischen Heeren in vielen Kriegen zwangsislamisiert (mit Hunderttausenden von Opfern). In der anschließenden Diskussion verursachten vor allem die Ausführungen von Arzu Toker zu Bekleidungsvorschriften unter den zahlreich anwesenden jungen muslimischen Frauen große Aufregung. Ihr wurde auch vorgeworfen, dass ihre Ausbildung (gemeint war wahrscheinlich religiöse Ausbildung) nicht zureichend sei. Ein anderer Besucher vertrat recht heftig die Meinung, dass der Atheismus die „intoleranteste Weltanschauung überhaupt“ sei. Am Schluss dann allgemeiner Protest, dass man den ganzen Abend laufend den Propheten, den Koran, den Gesandten Jesus etc. beleidige. Immerhin konnte Frau Toker aufklären, Jesus ist für Christen kein Gesandter, sondern Sohn Gottes. Aha. Schweigen. Glücklicherweise gab es zwischendurch auch Redebeiträge, die für Toleranz, Respekt und notwendiges Miteinander eintraten. So konnte gegen halb elf Uhr die Veranstaltung beendet werden, ohne dass ein größeres Eingreifen von Seiten des Veranstalters notwendig war. Die Eingangsfrage „Religiöse Gebote oder staatliche Normen?“ konnte allerdings nicht so recht geklärt werden...