Wertebildung und Religionskunde in einer pluralistischen Metropole

Neue Ideen für die Berliner Schule

Positionspapier des Aktionsbündnisses

Seit Jahren wird in Berlin über "Wertevermittlung" diskutiert, von verschiedenen Seiten immer wieder mit der kurzschlüssigen Forderung verbunden, der bekenntnisgebundene Religionsunterricht - bisher uneingeschränkt freiwillig - müsse ein staatliches, wahrscheinlich sogar benotetes, Fach in einem Wahlpflichtbereich Religion/Ethik-Philosophie (Fächergruppe) werden. Das Aktionsbündnis fordert demgegenüber die Beibehaltung der strikten Trennung von Kirche und Schule. Dank der Diskussion seit Dezember 1999 hat sich inzwischen das Spektrum der Vorstellungen erfreulich erweitert. Zu beobachten ist ein zunehmender Konsens darüber, dass der Beschäftigung mit Wertefragen und Religionskunde sowie der Entwicklung interkultureller Kompetenz in der Schule grössere Bedeutung zukommen muss als bisher. Mit diesem Positionspapier will das Aktionsbündnis im Rahmen seiner Initiative seine Ideen dazu vorstellen. Immer deutlicher wird, wie wichtig es in Berlin ist, für Kinder und Jugendliche in der Schule die Möglichkeiten gemeinsamen Lernens zu erweitern, gerade bei den Fragen ihres Lebens und ihrer Orientierung in unserer von Individualisierung, Pluralisierung und Globalisierung bestimmten Gesellschaft.

1. Vielfalt der Kulturen, Religionen und Weltanschauungen in Berlin

In Berlin leben Menschen aus einer Vielzahl von Kulturen und Nationen. Mehr als 130 Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sind in Berlin aktiv. Nach Feststellung des Statistischen Landesamtes ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung konfessionslos.

Die Berliner Vielfalt spiegelt sich auch in der öffentlichen Schule wider: In ihr gibt es ca. 75 000 Kinder und Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprachen aus mehr als 50 Nationen. Eine religionssoziologische Befragung kleinerer Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in Berlin hat 1998 ergeben: Von 44 der ca. 130 kleineren Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften erwägen mindestens 18 Gemeinschaften ein eigenes Angebot für den Fall, dass Religionsunterricht ordentliches staatliches Lehrfach werden würde.

Auch die Diskussion in den letzten Jahren um islamische Angebote in der Schule zeigt eine deutliche Tendenz zur Pluralisierung im Raum der Schule, welche durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Februar 2000 zur Islamischen Föderation bestärkt wird.

2. Priorität für Bildung statt Kürzungen

Die Berliner Schule befindet sich in einer tiefen Krise. Das öffentliche Bewusstsein darüber haben nicht zuletzt die großen Demonstrationen von vielen Tausend Eltern, Schülern und Lehrern gegen den Bildungsnotstand und der jüngste Lehrerstreik gezeigt.

Unter den Bedingungen eines permanenten Abbaus schulischer Rahmenbedingungen für Bildung und Erziehung ist Wertevermittlung, nach § 1 des Berliner Schulgesetzes eine zentrale Aufgabe der Schule, nicht mehr in der erforderlichen Qualität zu leisten. Eine Wende im Denken der verantwortlichen Berliner Politiker ist erforderlich. Bildung, ein Begriff, der gern schlagwortartig mit Zukunftschancen von Individuum und Gesellschaft verknüpft wird, muss in der Berliner Politik wieder Priorität erhalten. Dann wird es auch möglich, an Innovationen im Bereich von Wertebildung, Philosophie und Religionskunde zu denken. Dass hier baldmöglichst etwas getan werden muss, ist Konsens über Parteien und Verbände hinweg.

3. Ethisch-philosophische Fragen und Religionskunde

Die zunehmende Aufmerksamkeit für ethisch-philosophische Fragen und Religionskunde gründet vor allem auf der Einsicht, dass Schule ein verständnisvolles und friedfertiges Zusammenleben von Menschen nur angemessen fördern kann, wenn in ihr bei der Beschäftigung mit existentiellen Fragen der Lebensgestaltung und -orientierung hinreichender Raum für Begegnung und Dialog vorhanden ist. Die Fähigkeit, anderen Lebensauffassungen und Lebensformen mit Toleranz und Verständnis zu begegnen, ist eine Schlüsselqualifikation zeitgemäßer Allgemeinbildung und nach § 1 des Berliner Schulgesetzes zentraler Bestandteil des schulischen Erziehungs- und Bildungsauftrages. Deshalb müssen ethisch-philosophische Fragen und religionskundliche Inhalte im gesamten Schulalltag eine größere Rolle spielen. In den Rahmenplänen aller Unterrichtsfächer ist ihnen mehr Bedeutung als bisher zuzumessen. In diesem Zusammenhang muss auch die Lehrerfort- und -weiterbildung zu Fragen interkulturellen Lernens und zu Religionen und Weltanschauungen verbessert werden. Dabei verdient das von Mitgliedern der Evangelischen Kirche initiierte Projekt einer "Werkstatt der Religionen und Weltanschauungen" Aufmerksamkeit und Unterstützung.

4. Ein Fach für alle

Konzeptionelle Überlegungen zu einem integrativen Unterrichtsfach, welches sich mit Fragen von Lebensgestaltung und Werteorientierung, von Philosophie und Religionskunde beschäftigt, können sich auf eine Reihe fortgeschrittener Entwicklungen und bildungspolitischer Empfehlungen stützen.

Für Berlin sind Konzepte für ein integratives Unterrichtsfach in der Sekundarstufe I (ab Klasse 7) seit 1999 stärker in die öffentliche Diskussion eingebracht worden. Durch die Humanistische Union wurde ein Fach "Kulturen, Religionen und Weltanschauungen" mit dem Schwerpunkt der Entwicklung interkultureller Kompetenz vorgeschlagen. Der Vorschlag, das Fach "Sozialkunde" zu einem Fach "Sozialkunde-Philosophie-Religionskunde" auszubauen, kam von Mitgliedern der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Eine Arbeitsgruppe der GEW hält im Zusammenhang mit der möglichen Fusion von Berlin und Brandenburg auch LER für eine in Berlin diskutable Variante. Erst kürzlich hat sich eine Gruppe von evangelischen und katholischen ChristInnen und TheologInnen nachdrücklich für ein gemeinsames Unterrichtsfach statt einer Trennung von SchülerInnen in einem Wahlpflichtbereich Religion/Ethik ausgesprochen. An der Entwicklung dieses Faches sollten nach letzterem Vorschlag Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften beteiligt werden. Lehrkräfte, die das neue Fach unterrichten wollen, müssten eine Zusatzqualifikation erwerben.

In der Nordrhein-Westfalen empfahl 1995 eine vom damaligen Ministerpräsidenten Johannes Rau in NRW eingesetzte Expertenkommission, in der auch der bekannte Erziehungswissenschaftler Wolfgang Klafki mitwirkte, zu prüfen, "ob Religionsunterricht auch in Zukunft als konfessionsgebundenes Fach oder in neuen interreligiösen Kooperationsformen oder zusätzlich zu einem obligatorischen Unterricht im Lernbereich »Ethik, Religionen, Weltanschauungen« angeboten werden soll." Zu nennen ist an dieser Stelle auch der Vorschlag Hartmut von Hentigs, Philosophie zu einem obligatorischen Fach zu machen. In Bremen gibt es in der gymnasialen Oberstufe das Fach Religionskunde. Ein interreligiöser "Religionsunterricht für alle" wird seit Anfang der 90er Jahre in Hamburg erprobt. Auch mit dem integrativen Fach "Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde" (LER) in Brandenburg liegen bereits mehrjährige Erfahrungen vor. Als integratives Fach ist LER in Europa jedoch keineswegs einzigartig. Schon Ende des 19. Jahrhunderts gab es in Frankreich und anderen Ländern einen gemeinsamen Ethikunterricht. Seit den 60er Jahren existiert in Österreich ein Pflichtfach Lebenskunde und seit Ende der 70er Jahre in England ein multikultureller und weltanschaulich neutraler Religionskundeunterricht. Dieser wird von der anglikanischen Kirche unterstützt. Und im Schweizer Kanton Luzern wurde 1994 das Fach "Religionskunde und Ethik" für alle Schülerinnen und Schüler der Oberstufe eingeführt.

Die Modellvorstellungen in Berlin zu einem "Fach für alle" sollten weiter ausgearbeitet und in der Öffentlichkeit und mit Experten diskutiert werden. Besondere Aufmerksamkeit muss dabei auch dem Konzept einer interdisziplinären Lehrerfort- und -weiterbildung zukommen.

Für die Präzisierung der Vorstellungen zu einem integrativen Fach können Erfahrungen, die in anderen Bundesländern und im Ausland mit einschlägigen Fächern vorliegen und auch Erfahrungen aus dem Berliner Schulversuch Ethik/Philosophie hilfreich sein.

5. Perspektiven freiwilligen Religions- und Weltanschauungsunterrichts

Das Berliner Modell eines uneingeschränkt freiwilligen Religions- und Weltanschauungsunterrichts soll beibehalten werden. Zur Zeit gibt es an der Berliner Schule evangelischen, katholischen und jüdischen Religionsunterricht und humanistische Lebenskunde. Die Einführung eines islamischen Religionsunterrichts, erteilt von der Islamischen Föderation, steht unmittelbar bevor. Angesichts der in Berlin gegebenen Pluralität ist eine Erhöhung der Zahl der Angebote zu erwarten, z.Zt. sichtbar an drei weiteren Anträgen für verschiedene Richtungen islamischen Religionsunterrichts. Die freiwilligen Zusatzangebote von Religions- und Weltanschauungsunterricht entsprechen dem Recht auf freie Religionsausübung und ergänzen die schulische Allgemeinbildung. Deshalb müssen sie weiter ermöglicht werden.

6. Wahlpflichtbereich Religion/Ethik: keine Lösung für Berlin

Das Wahlpflichtkonzept, wie es besonders von der CDU und den beiden großen christlichen Kirchen gefordert wird, ist durch politische und pädagogische Unzulänglichkeiten gekennzeichnet, die es gerade für die pluralistische Metropole Berlin ungeeignet machen:

  1. Mit einer Gruppe von Angeboten konfessionellen Religionsunterrichts in einem Wahlpflichtbereich (Fächergruppe) würde die in Berlin mehr als 50 Jahre bewährte Trennung der öffentlichen Schule von den Kirchen aufgehoben. Dies wäre für Berlin als einer modernen europäischen Hauptstadt ein deutlicher Rückschritt. Bekenntnisgebundener Unterricht ist keine Sache des religiös-weltanschaulich neutralen Staates, sondern allein Angelegenheit der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften. Deshalb ist die entsprechende Regelung im § 23 des Berliner Schulgesetzes sachgemäß und zukunftsfähig.
  2. Aus pädagogischer Sicht besteht der wesentliche Mangel eines Wahlpflichtbereiches Religion/Ethik darin, dass Schülerinnen und Schüler in einem staatlich verantworteten Unterricht unter religiös-weltanschaulichen Gesichtspunkten in eine Reihe kleiner Gruppen aufgeteilt würden. So bliebe die schulische Chance der gemeinsamen Einübung in Toleranz und gegenseitiges Verständnis über religiös-konfessionelle und weltanschauliche Grenzen ungenutzt. In diesem Zusammenhang ist auch der Wunsch einiger Verbände zu erwähnen, in Berlin ein Fach "Islamkunde" einzuführen. Dieses Fach soll - im Unterschied zu einem möglichen religionskundlichen Fach für alle - nicht als gemeinsames Fach eingerichtet werden und wäre deshalb kein tragfähiger Beitrag zur Integration und zur Förderung des gegenseitigen Verständnisses zwischen Muslimen und Nichtmuslimen in unserer Stadt. Außerdem wäre damit eine Ungleichbehandlung islamischer Angebote gegenüber denen anderer Religion oder Weltanschauung verbunden.
  3. Entgegen anderslautenden Behauptungen gehört konfessioneller Religionsunterricht im Unterschied zu Religionskunde nicht zum staatlichen Bildungsauftrag der Schule. Denn Religionsunterricht ist in der Bundesrepublik nach dem Grundgesetz in "konfessioneller Positivität und Gebundenheit" zu erteilen; er "ist keine überkonfessionelle vergleichende Betrachtung religiöser Lehren, nicht bloße Morallehre, Sittenunterricht, historisierende und relativierende Religionskunde, Religions- oder Bibelgeschichte. Sein Gegenstand ist vielmehr der Bekenntnisinhalt, nämlich die Glaubenssätze der jeweiligen Religionsgemeinschaft. Diese als bestehende Wahrheiten zu vermitteln ist seine Aufgabe", so kürzlich das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 23. Februar 2000. Auch die Evangelische Kirche Deutschlands vertritt in ihrem Beschluss "Reden von Gott in der Welt - Der missionarische Auftrag der Kirche" vom November 1999 dieses Verständnis von Religionsunterricht.
  4. Ein weiterer Mangel des Wahlpflichtkonzepts besteht darin, dass am Religions- oder Weltanschauungsunterricht teilnehmende Schülerinnen und Schüler von ethisch-philosophischer und religionskundlicher Bildung ausgeschlossen würden, weil sie zwischen bekennenden Angeboten und einem bekenntnisfreien Fach wählen müssten.
  5. Die Pluralität von Religionen und Weltanschauungen in Berlin soll in einem Wahlpflichtbereich nach den Vorstellungen der CDU grundgesetzwidrig auf zwei Angebote (evangelischer und katholischer Religionsunterricht) und nach Auffassung der evangelischen und katholischen Kirche auf sechs Angebote (zusätzlich ein jüdisches, ein islamisches und ein weltlich-humanistisches Angebot) beschränkt werden. Auch der jüngst erwogene Vorschlag, künftig nur "Körperschaften des öffentlichen Rechts" (in Berlin sind dies ca. 20 Religionsgemeinschaften) als Anbieter für Religionsunterricht zuzulassen, stände in Hinblick auf die Ausgrenzung anderer Gemeinschaften nicht in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz. Insbesondere würden dadurch der Humanistische Verband und islamische Religionsgemeinschaften diskriminiert.
  6. Bei einem staatlichen Wahlpflichtbereich wäre durch die 100%ige Finanzierung seitens des Landes Berlin mit einer erheblichen Zunahme der Zahl von Anbietern zu rechnen. Neben diffizilen inhaltlichen Problemen wäre ein Wahlpflichtbereich wohl kaum mehr organisierbar. Für Angebote mit kleiner Nachfrage müssten die Teilnehmer klassen-, jahrgangs- und möglicherweise auch schulübergreifend zusammengefasst werden. Eine Vielzahl kleiner Lerngruppen und universitäre Studiengänge für unterschiedlichste Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften würden hohe Millionenbeträge an Steuergeldern verschlingen und von anderen Bereichen der Schule abziehen. Schon ein Wahlpflichtbereich mit nur vier Angeboten würde - ohne Berücksichtigung von Studiengängen - ca. 200 Mio. DM mehr als die gegenwärtige Lösung kosten.

Gemeinsamkeit und erlebte Vielfalt: Prinzipien für zukünftige Wertebildung und Religionskunde

Die Berliner Schule braucht im Bereich der Wertebildung und der Religionskunde innovative Entwicklungen, für die wir folgende PRINZIPIEN vorschlagen:

  • Stärkung der Erziehungsfunktion der Schule im Sinne des § 1 des Schulgesetzes, d.h. bewusstere Förderung von Werthaltungen und sozialem Lernen, Verbesserung psychologischer und sozialpädagogischer Unterstützung, einschließlich der Hilfen für sozial Benachteiligte;
  • Ermöglichung des Erlernens von Toleranz, Dialogfähigkeit, interkultureller Kompetenz und gewaltfreier Konfliktlösung im gesamten Unterricht von Kindern und Jugendlichen unterschiedlicher Sozialisation;
  • Konzipierung einer stufenspezifischen schulischen Grundbildung zu unterschiedlichen Kulturen, Religionen und Weltanschauungen unter Einbeziehung aller Unterrichtsfächer; dazu wäre eine Revision der Rahmenpläne vorzunehmen;
  • Prüfung von Konzepten und Erfahrungen integrativen Fächern zur Wertebildung und Religionskunde mit dem möglichen Ziel der Einrichtung eines neuen Faches;
  • wissenschaftliche Unterstützung und Begleitung der Innovationsprozesse, z.B. zur Aufarbeitung von Erfahrungen, Erprobung von Konzepten etc.;
  • Erweiterung von Möglichkeiten zur Beschäftigung mit Religionen und Weltanschauungen auch in fächerübergreifenden Projekten;
  • Berücksichtigung der Schlüsselfunktion von Lehrerfort- und -weiterbildung für die Entwicklung der Erziehungsfunktion der Schule und integrativer Formen der Wertebildung und Religionskunde;
  • Transparenz politischer Entscheidungsprozesse sowie des Verwaltungshandelns unter Beteiligung der gesetzlichen Schulgremien, insbesondere der Eltern- und Schülergremien und des Landesschulbeirats.

Wegen der erforderlichen Sorgfalt bei den Entwicklungsarbeiten und den unzweifelhaft erforderlichen finanziellen Aufwendungen für Neuerungen halten wir ein Stufenprogramm für sinnvoll.

STUFENPROGRAMM

1. Stufe

Auf der ersten Stufe sollten zum einen die Rahmenbedingungen schulischer Bildung und Erziehung verbessert werden (z.B. Senkung von Klassenfrequenzen, hinreichende Ausstattung mit Klassenleiterstunden u.ä.). Zum anderen ist es auf dieser Stufe erforderlich, jene besonderen Angebote an Schulen auszubauen, die für die Entwicklung von Kompetenzen zur Bewältigung von Konflikten und zur Prävention von Jugendgewalt und Fremdenfeindlichkeit sowie zur Unterstützung von sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen besonders geeignet sind (z.B. Mediation/Streitschlichtungsprogramme, Schulstationen).

2. Stufe

Auf der zweiten Stufe ist zu bestimmen, was zu einer gemeinsamen schulischen Grundbildung zu Fragen der Lebensgestaltung und -orientierung, der Ethik/Philosophie und der Religionskunde gehören soll. Wir können uns vorstellen, dass dafür die obligatorischen Unterrichtsfächer auf ihren gegenwärtigen Anteil und ihr Potenzial für diese Grundbildung analysiert und erforderlichenfalls Rahmenpläne überarbeitet werden könnten. Moderne Unterrichtsformen wie Epochalunterricht und fächerübergreifender Projektunterricht hätten hierbei besondere Bedeutung.

3. Stufe

Auf der dritten Stufe wäre zu prüfen, ob es in Berlin ab Klasse 5 oder 7 auch ein eigenständiges Fach geben sollte, welches Fragen der Lebensgestaltung, der Ethik/Philosophie und der Religionskunde zum Gegenstand hätte. Die erfolgreiche Erprobung eines integrativen Faches über einen wissenschaftlich begleiteten Modellversuch und die Erweiterung der Stundentafel wären unumgängliche Voraussetzungen seiner flächendeckenden Einführung. Wir betonen allerdings ausdrücklich, dass die Einführung eines integrativen Faches in Berlin nicht auf Kosten der Verschlechterung schulischer Rahmenbedingungen gehen darf.

Die beschriebenen Stufen sind nicht als strenge Abfolge zu verstehen. Das heißt, es können auch parallellaufende Entwicklungsarbeiten auf verschiedenen Stufen möglich sein.

Das Aktionsbündnis wird die weitere öffentliche Diskussion zur Wertebildung, zu Religionskunde und zum Religionsunterricht in Berlin aufmerksam verfolgen, mitgestalten und auswerten. Auf dieser Grundlage soll das vorliegende Positionspapier dann bis zum Herbst 2000 präzisiert werden. Zuschriften mit Anregungen und Kritiken sind an die unten genannte Adresse ausdrücklich erwünscht.


Herausgegeben vom Aktionsbündnis gegen ein Wahlpflichtfach Religionsunterricht in Berlin. Das Aktionsbündnis, gegründet im Dezember 1999, ist ein unabhängiger und überparteilicher Zusammenschluss von zur Zeit 41 Vertretern von Parteien, Verbänden und Einzelpersonen. Kontaktadresse: Sanem Kleff, c/o GEW Berlin, Ahornstr. 5, 10787 Berlin, Tel.: (030) 21 99 93 - 0 / - 44, Fax: (030) 21 99 93 - 50. Redaktionsschluss: 29. Mai 2000