Berliner SPD fordert Ethikunterricht für alle Schüler

Aus: IBKA Rundbrief Juli 2001

Seit längerem versuchen in Berlin die Kirchen, die Landespolitik (SPD/CDU-Koalition) dazu zu bewegen, auf die Rechte aus Artikel 141 GG zu verzichten und konfessionellen Religionsunterricht – als ordentliches Lehrfach nach Art. 7,3 GG – einzuführen.

Im Herbst 2000 schien es so, als würde dies der zähen Lobbyarbeit – aufgrund einer den Kirchen oftmals gerne willfährigen Politik – auch gelingen. Der zuständige Berliner Bildungssenator Böger (SPD) favorisierte plötzlich – entgegen vorheriger Parteibeschlüsse und ohne Koalitionsvertragsnotwendigkeiten – das Kirchenmodell.

Dagegen bildete sich ein breites lokales Bündnis aus GEW, HU, HVD, kleineren Religionsgemeinschaften, Einzelmitgliedern aus SPD, Grünen, PDS und FDP und Einzelpersonen – darunter auch zwei Berliner IBKA-Mitglieder. Bereits im März 2001 zeichnete sich ab, dass der Senat gezwungen war, diverse – teilweise völlig gegensätzliche – Schulversuche als Kompromisslinie anzubieten. Berlin drohte eine geradezu inflationäre und angesichts der bisherigen Praxis letztlich intransparente Etablierung von Modellen.

Der Parteitag der Berliner SPD vom 07. April 2001 hat all diesem ein vorzeitiges Ende bereitet. Die bestehende Gesetzeslage wurde eindrucksvoll bestätigt und damit der Kirchenwunsch gestoppt, neben Bremen und Brandenburg das letzte noch verbliebene Hindernis der bundesweit-einheitlichen Etablierung ihres Privilegs zu beseitigen.

Zusätzlich wurde beschlossen, Philosophie/Ethik als weltanschauungskundliches Pflichtfach für alle SchülerInnen einzuführen, völlig unabhängig davon, ob sie ergänzend an dem in Berlin bisher – und nun weiterhin! – freiwilligen schulischen Angebot der Weltanschauungsgemeinschaften teilnehmen oder nicht.

Durch den im Juni 2001 stattgefundenen Bruch der großen Koalition (CDU/SPD) in Berlin mögen zwar vielleicht eher politische Mehrheiten für ein Pflichtfach "Ethik für alle" entstehen, welchen jedoch gerade aus dem Anlass des Bruches (Haftung für Pleite der landeseigenen Bank in Milliardenhöhe) heraus vermutlich auf Jahre die notwendigen Finanzmittel fehlen dürften, den Beschluss nun auch zu verwirklichen.

Was sagt Kanzler Gerhard Schröder zur Berliner Fortsetzung der Inanspruchnahme der 'Bremer Klausel' des Grundgesetzes, auf welches er vereidigt wurde?

Er hat sich am 5. April bei der Katholischen Akademie in Berlin für eine Stärkung der christlichen Kirchen ausgesprochen. Er sei strikt dagegen, "unsinnige Kirchensteuerdebatten" zu führen. Auch der Religionsunterricht an den Schulen sei sinnvoll, weil dabei auch ein "Stück Solidarität" vermittelt werde. Der Kanzler betonte auf Nachfrage, er sage dies auch mit Blick auf die Berliner Sozialdemokraten, die gegen Religionsunterricht als Pflichtfach an den Schulen eintreten. (Mitteldeutsche Zeitung, 6.4.01)

Und gegen diesen Kanzler hegten die Kirchen einmal große Bedenken... Man denke nur an das Geschrei um den "gottlosen" Amtseid!

Siehe auch: Pro Reli für Trennung nach Bekenntnis (Link ergänzt am 26.04.2009)