Bundesverfassungsgericht verweigert Urteile im Staat-Kirche-Verhältnis

Aus: IBKA Rundbrief Mai 2002

Nach fast einem Jahrzehnt des polemischen Streites scheint nun die Zukunft des brandenburgischen Faches "Lebensgestaltung - Ethik - Religionskunde" gesichert, obgleich keine verfassungsrechtliche Klarheit geschaffen wurde.

1. Das Bundesverfassungsgericht fällt nicht vom Himmel, seine Mitglieder werden nach parteipolitischem Proporz durch qualifizierten Mehrheitsentscheid von Bundesrat und Bundestag berufen. Dies bescherte für lange Zeit der CDU/CSU eine Mehrheit in beiden Senaten. Noch heute stellen von ihr vorgeschlagene Richter die Hälfte der Mitglieder des BVerfG. Die SPD entsendete immer wieder auf ihren Vorschlag durchaus auch kirchennahe Juristen in das BVerfG, wie z.B. einst Böckenförde. Im Übrigen ist der Juristenstand insgesamt eine durchaus eher konservative Bastion. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass in Streitfragen sehr oft durch gerichtliche Entscheide die Rechtsposition der Kirchen ausgebaut wurde - so im gesamten Arbeitsrecht in Tendenzschutzbetrieben. Immer wieder wurde so der Tendenzschutz über die Individualgrundrechte der Arbeitnehmer gestellt. Und der Schwarzgeldkofferkanzler hat im Annex zu Maastricht II eine Bestandsschutzgarantie für das hiesige (Un-) Rechtssystem durchgesetzt, damit Klägern der Rechtsweg nach Europa versperrt ist.

2. Es ist die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichtes, dann, wenn es angerufen wird, tätig zu werden. Damit das Gericht sich auf die berechtigten Klagen konzentrieren kann, gibt es einen Vorprüfungsausschuss, der offensichtlich unbegründete Klagen abweisen kann. Für missbräuchliche Anrufung des BVerfG kann dieses sogar Strafgelder verhängen. Entscheidungen des Vorprüfungsausschusses müssen nicht begründet werden und sind nicht anfechtbar.

3. Als das Bundesverfassungsgericht 1995 die Bestimmung des bayerischen Volksschulgesetzes, in jedem Klassenzimmer müsse ein Kruzifix angebracht sein, für verfassungswidrig erklärte, erhob sich ein Sturm der Entrüstung. Die bayerische Staatsregierung erklärte offen, das Gerichtsurteil nicht befolgen zu wollen. Kirchenvertreter hetzten gegen das BVerfG, es habe eine angebliche Kirchenfeindlichkeit der Nazis wieder aufgenommen. Die Zeitungen wurden mit Leserbriefen frommer Menschen überschüttet, in denen klar zum Ausdruck kam, dass dieser Teil der Bevölkerung die symbolische Besetzung des öffentlichen Raumes für eine pure Selbstverständlichkeit hält und Neutralität des Staates nur dann gegeben sei, wenn sie eine faktische Privilegierung beinhalte. Einzelne katholische Lehrkräfte fühlten sich zu besonderen weltanschaulichen Demonstrationen im Schulunterricht berufen: eine Deutschlehrerin ließ die Schüler im Deutschunterricht Kruzifixe basteln, welche jede/r am Sitzplatz aufstellen sollte, sie selbst trug vor dem Oberkörper ein 20 cm Kreuz umgehängt. Eine Beschwerde bei der Schulaufsicht gegen derlei Propaganda blieb folgenlos. (Man vergleiche dies mit jenen Fällen, wo muslimischen Lehrerinnen das Tragen eines Kopftuches schulbehördlich und gerichtlich untersagt wurde.) Es wurde kirchlicherseits von der Diktatur der nichtchristlichen Minderheit gegen die christliche Mehrheit geschwafelt - als ob Grundrechte im Staat nicht immer auch gerade die Abwehrrechte der Minderheit gegen Zumutungen der Mehrheit darstellten. Allensbach machte seinerzeit eine - in der Literatur als unseriös beurteilte - Meinungsumfrage, welche tendenziös die Bedeutung des Kruzifixes in der Bevölkerung nachzuweisen behauptete (siehe: Werner Goldschmidt: Juridical Correctness? Anmerkung zum Verhältnis von Verfassungsfragen und Meinungs(um)fragen. in: Kritische Justiz 1996, S. 106-111.). In der Fachliteratur kommentierten das Urteil eher liberale, bürgerrechtliche Kommentatoren, einschließlich gemäßigter Christen, positiv.

Negativ wurde das Urteil bewertet von zumeist ausgewiesenen und einschlägig bekannten konservativen (bis rechtsextremen) und kirchennahen (z. T. bei der Kirche angestellten) Kommentatoren.

4. Die kirchliche und rechtskonservative Hetze August/September 1995 gegen das BVerfG-Urteil war in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellos. Der Vorgang wird in der Literatur entsprechend kommentiert: Lamprecht, Rolf: Zur Demontage des Bundesverfassungsgerichts. Beweissicherung und Bestandsaufnahme. Baden-Baden 1996, 229 Seiten (hier: S. 39-51 und 77-108). Massing, Ortwin: Anmerkungen zu einigen Voraussetzungen und (nicht intendierten) Folgen der Kruzifixentscheidung des Bundesverfassungsgerichts. in: Politische Vierteljahresschrift (PVS) 1995, S. 719-731.

5. Die CSU-Mehrheit im bayerischen Landtag hat eine Gesetzesänderung des bayerischen Volksschulgesetzes beschlossen. Darin ist geregelt, dass die Schulkreuze bleiben, aber Eltern oder Schüler auf dem Antragswege versuchen können, diese entfernen zu lassen. Damit wird der Richterspruch ins Gegenteil verkehrt. Aus dem Grundrecht auf einen weltanschaulich neutralen Klassenraum wird ein querulatorisches Antragsrecht der Minderheit auf einen lokalen Spießrutenlauf. Bezeichnender Weise wurde nach diesem Gesetz in nicht einmal einen Dutzend Klassenräumen in ganz Bayern das Kruzifix entfernt. Gegen das neue Schulgesetz wurde erneut durch alle Instanzen geklagt. Schließlich landete der Fall erneut vor dem BVerfG. Dieses hatte nun entweder die Gelegenheit, sein vorheriges Urteil zu bestätigen, oder sich in der Sache zugunsten der Kirchen zu korrigieren. Das BVerfG tat beides nicht, sondern lehnte es durch den Vorprüfungsausschuss (in dem zwei der drei Richter auf CDU/CSU-Ticket berufen worden sind) ab, eine Frage, über deren Vorgänger sie ja entschieden hatte, überhaupt zur Entscheidung anzunehmen. Damit hatte das BVerfG signalisiert, dass es bereit war, ein gegen seine Entscheidung gerichtetes Gesetz stillschweigend zu akzeptieren und sich an der Frage nicht erneut durch Entscheidungsnotwendigkeit die Finger verbrennen wollte.

6. Dies blieb keine Ausnahme. Seit 1996 hat der gleiche Vorprüfungsausschuss sämtliche seitdem bis zum Bundesverfassungsgericht hinaufprozessierte Grundsatzfragen im Bereich "Staat und Kirche" nicht zur Entscheidung angenommen. Sowohl das Verfahren "Neumann gegen Baden-Württemberg", welches ja vor dem Bundesverwaltungsgericht in den nicht verfassungsrechtlichen Fragen mit einem Teilerfolg der Kläger endete, wurde nicht angenommen, als auch die vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg, das dem Kläger "Haupt gegen Niedersachsen" Recht gegeben hatte, vorgelegten Verfassungsprüffragen wurden nicht behandelt. Das Bundesverfassungsgericht weigert sich also seit 1996, Entscheidungen zu anhängigen Verfassungsstreitfragen zu treffen, sondern "erledigt" diese durch Nichtannahme im Vorprüfungsausschuss. Faktisch wird damit natürlich der beklagte Status Quo bestätigt.

7. LER war ein Schulversuch, der von Bürgerrechtlern der ehemaligen DDR - zumeist selbst Funktionäre der evangelischen Kirche - in Brandenburg zusammen mit der evangelischen Kirche betrieben wurde. Die evangelische Religionspädagogik hatte einen sehr erheblichen Einfluss auf das Curriculum. Man war Anfang der neunziger Jahre sich noch darin einig, dass in einem Bundesland mit über 80 Prozent konfessionslosen Schülern die Kopie des westdeutschen RU nicht sinnvoll sei. Die evangelische Kirche entschloss sich jedoch nach zwei Jahren Projektbeteiligung, lieber einen Religionsunterricht nach Artikel 7,3 GG zu wollen. Nach dem Ausstieg der evangelischen Kirche begann eine massive Hetze gegen LER. Das Fach sei Fortsetzung der DDR-Staatsbürgerkunde - obgleich doch diese ehemaligen Staatsbürgerkundelehrkräfte von der Fortbildung zur Erteilung des Faches gänzlich ausgeschlossen waren. Die Landesregierung wollte der evangelischen Kirche entgegenkommen und führte 1995 eine in fünf Jahren zu überprüfende Abmeldeklausel von LER ein. Prompt ließen die Kirchen verbreiten, LER sei wohl nicht neutral, da man sich ja davon - wie von einem Weltanschauungsfach - abmelden könnte. Die Landesregierung führte eine Landesförderung von über 90 Prozent für den evangelischen Religionsunterricht ein. Jedes Zugeständnis an die Kirchen weckte dort jedoch nur neue Begehrlichkeiten. In einer Situation, wo RU in allen Altersstufen von Klasse 1 bis zum Abitur angeboten wurde und LER auf einige Jahrgänge der Mittelstufe begrenzt blieb, wurde ernstlich behauptet, das Land unterdrücke RU. Man kann diese gesamte Entwicklung in der Habilitationsschrift des evangelischen Religionspädagogen Dieter Fauth ("Religion als Bildungsgut") ausführlich in zwei dicken Bänden nachlesen.

8. Sowohl die evangelische Kirche, wie auch eine von ihr inspirierter Zusammenschluss von Eltern verklagten des Land Brandenburg auf Einrichtung von RU als ordentlichem Lehrfach nach Artikel 7,3 GG. Das Recht des Landes, sich auf Artikel 141 GG berufen zu dürfen, wurde bestritten. Die CDU/CSU Bundestagsfraktion richtete gar direkt gegen LER eine Normenkontrollklage. Die seit 1995 anhängigen Klagen wurden vom Bundesverfassungsgericht auf Halde gelegt. Von Jahr zu Jahr wuchs der Unmut der Kläger, dass das Gericht sich nicht entschließen konnte, endlich einen Verhandlungstermin zu benennen. Das Land schaffe zwischenzeitlich irreversible Fakten. Wahr ist, dass das Land - im Vergleich zu Schulversuchen in anderen Bundesländern - sich sehr darum bemühte, LER wissenschaftlich gut begleiten zu lassen. Als dann die SPD in Brandenburg die absolute Mehrheit der Landtagsmandate verlor und in eine Koalition mit der CDU gehen musste, wurde im Koalitionsvertrag vereinbart, bezüglich LER eine Entscheidung des BVerfG abzuwarten. Nun drängte auch die Landesregierung auf eine Entscheidung des BVerfG. LER selbst blieb auf die bis dato erreichten Jahrgangsstufen beschränkt. Das BVerfG schwieg hartnäckig. In einigen Jahren steht erneut die Fusion der Länder Berlin und Brandenburg an. Deshalb war es wichtig, wie Berlin mit dem Bereich Werterziehung umgeht. Seit 1949 beruft man sich dort auf die Bremer Klausel, d.h. Weltanschauungsunterricht ist freiwilliges Angebot der Weltanschauungsgemeinschaften an öffentlichen Schulen. Das Land Berlin fördert dabei z.B. evangelischen Religionsunterricht und auch humanistische Lebenskunde des HVD. In 2000 wollte SPD Kultursenator Böger plötzlich RU nach Artikel 7,3 GG einführen. Dagegen bildete sich ein breites gesellschaftliches Bündnis. Im Frühjahr 2001 lehnte ein Parteitag der SPD die Pläne Bögers ab und beschloss im Gegenteil, ein Pflichtfach Philosophie für alle einzuführen. Die Haushaltslage des Landes nach der im Sommer bekannt gewordenen Bankenkrise lässt die Verwirklichung eines neuen Schulfachs sehr fraglich erscheinen. Nachdem nun in Berlin der Versuch gescheitert war, das Land auf RU-Kurs zu bringen und über die spätere Vereinigung mit Brandenburg dieses unter Artikel 7,3 zu zwängen, kam das Bundesverfassungsgericht plötzlich nach über 5 Jahren mit einem Verhandlungstermin bezüglich Brandenburg/LER um die Ecke.

9. Dem BVerfG lag klar die Entscheidung vor, verfassungsrechtlich festzustellen, ob Brandenburg sich auf Artikel 141 GG berufen darf oder ob Artikel 7,3 GG anzuwenden ist. Es hatte festzustellen, ob Brandenburg "bekenntnisfreie Schulen" eingerichtet habe. Es hatte ferner zu prüfen, ob - ungeachtet der Frage, ob RU nach 7,3 auszugestalten sei -, es dem Staat gestattet ist, ein integratives Pflichtfach zu Werte und Normen-Fragen einzurichten. Nach 10 Jahren höchst polemischen Streits um LER war es dringend notwendig, Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu schaffen. Das Bundesverfassungsgericht entschied aber nicht die anhängigen Rechtsfragen, sondern bot seine Vermittlung bei einem Konsens an. Damit wurde die bis zu ihm heraufprozessierte Rechtfrage wieder auf die politische Ebene heruntertransponiert, eine Sphäre, in der das BVerfG gar nicht zuständig ist. Der Vergleich wurde bislang nur bei einem weiteren Fall ins Spiel gebracht, bei einem Streit zwischen Stromkonzernen. Damals waren Weitere ja nicht betroffen. Bei RU und LER in Brandenburg sind selbstverständlich auch Nichtkläger betroffen. Wieder verweigerte das Bundesverfassungsgericht ein Urteil. Diesmal nicht im Vorprüfungsausschuss, sondern im angenommenen Verfahren! Es ist also davon auszugehen, dass es im BVerfG keine Mehrheit im Sinne der Anträge der Kläger gab, Gerüchte sprechen von einem Patt 4:4 (RU nach Artikel 7,3), wobei dann Klagen abgelehnt sind. Die LER-Frage soll sogar 7:1 gegen die Kläger stehen. Das Land Brandenburg hatte also rechtlich gar keinen Grund, ein Urteil zu fürchten. Die Kläger hingegen schon. Und so waren die Kläger auch unmittelbar mit Erklärungen zur Hand, selbstverständlich ein Kompromissangebot des Gerichtes hören zu wollen. Und die evangelische Kirche formulierte auch gleich, wie sie sich einen Kompromiss inhaltlich vorstellte: als Verwirklichung ihrer Maximalziele!! Unrealistischer konnte man wirklich nicht sein! In der SPD-Landtagsfraktion gab es eine klare Mehrheit für die Position, man wolle lieber ein Urteil. Auf dem Landesparteitag der SPD wurde von Kirchenmitgliedern (Bildungsminister Reiche, Ministerpräsident Stolpe, Richard Schroeder, Bundesministerin Bergmann) von Tisch zu Tisch gegangen und den Delegierten erzählt, eine Ablehnung des Angebotes verärgere das BVerfG und bringe auch die Kirchen gegen die Landesregierung auf, und man müsse ja die nächsten Wahlen im Lande bedenken. Das war zwar ein Haufen Blödsinn, reichte aber aus, um einen Antrag mehrheitlich durchzubringen, der besagte, man wolle ein Kompromissangebot des BVerfG prüfen. Es musste jedem klar sein, dass ein Urteil mehr Rechtssicherheit bringt und inhaltlich näher am Status quo läge als ein Kompromiss mit den Klägern. Zwischenzeitlich hatten die Wähler in Berlin die CDU abgewählt. Die neue Koalition aus SPD-PDS steht für eine Änderung der Freiwilligkeit von Weltanschauungsunterricht zugunsten von RU nach Artikel 7,3 GG nicht zur Verfügung. Aber auch eine Koalition SPD-Grüne-FDP hätte sich - trotz Rexrodts öffentlicher RU-Versprechen - wohl nicht auf eine Kirchenlobbyposition verständigt. Aus dem Schielen nach Berlin lässt sich für die Brandenburgischen Klerokonservativen momentan für 5 Jahre kein Honig mehr saugen.

10. Der nun vom BVerfG vorgelegte Kompromissvorschlag ist in zwei Punkten völlig eindeutig: Weder ist LER in irgendeiner Weise verfassungswidrig, noch muss das Land RU nach Artikel 7,3 GG einführen. Die beiden zentralen Anliegen der Kläger sind völlig gescheitert. Dies bedeutet: Sollte der Kompromiss zwischen Kläger und Beklagtem platzen, brauchen die Beklagten vor einem Urteil nun gar nichts befürchten. Interessanterweise verhalten sich die Streitparteien umgekehrt zur Situation, als die Idee eines Vermittlungsangebotes aufkam, diesmal zeigt sich die Landesregierung mit dem Angebot weitgehend zufrieden und behält sich die Kirche eher reserviert die genaue Prüfung vor. In der Presse verkünden aber Kirchenvertreter und CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender Friederich Merz einen angeblichen Sieg. Wer noch mal nachliest, wie die CDU/CSU die Normenkontrollklage gegen LER einst begründet hatte, kann über so viel Zweckbehauptung nur staunen. Fakt ist, das BVerfG schlägt eine Aufwertung des RU vor. Es soll in den Schulalltag integriert werden, aber nicht parallel zu LER erteilt werden. Die RU-Lehrkräfte sollen vom Staat bezahlt werden und an Schulkonferenzen teilnehmen können. Der Staat soll die RU-Lehrerfortbildung bezahlen und RU soll benotet werden. Den Status "ordentliches Lehrfach" erhält RU ebenso wenig, wie es mit LER auch nicht in einem "Wahlpflichtbereich" verkoppelt wird. Das Land ist nicht verpflichtet, zur Ausbildung von Theologen entsprechende Fakultäten einzurichten. Niemand muss sich von RU abmelden, um an LER teilnehmen zu können, es ist genau umgekehrt: LER ist das Regelfach. Warum man sich jedoch weiterhin - und sogar erleichtert - von einem nichtweltanschaulichen Pflichtfach abmelden können soll, um nur an RU teilzunehmen, bleibt unerfindlich. Das ist so, als ob man sich vom Politikunterricht befreien lassen könnte, um an einer Kaderschulung der PDS teilnehmen zu können - welche dann auch noch vom Staat bezahlt würde. Das Gericht hat betont, dass es den Beteiligten völlig frei steht, politisch andere Vereinbarungen zu treffen. Mit anderen Worten: verfassungsrechtliche Klarheit wird dadurch nicht geschaffen, da ja jeder bisher nicht Involvierte gegen das Ergebnis erneut klagen könnte. Und der träfe dann in letzter Instanz auf ein Gericht, welches durch das gewählte Verfahren jede Unbefangenheit verloren hat. Vermutlich würde dann wieder der famose Vorprüfungsausschuss dafür sorgen, dass das BVerfG nicht mit einer derart lästigen Frage behelligt würde. Einige der von der evangelischen Kirche einst zur Klage aufgehetzten Eltern haben sich dem Kompromiss verweigert und lassen - trotz massivem kirchlichen Druck - nicht von ihrer Klage ab. Das Bundesverfassungsgericht sieht aber keinen Grund, nun ein Urteil zu fällen. Es wartet geduldig ab, bis das Land Brandenburg im Sinne des Kompromissvorschlages das Landesschulgesetz modifiziert hat, um dann die Restklagen aufgrund der neuen Rechtslage als inzwischen gegenstandslos abweisen zu können.

Rudolf Ladwig