Bestattungsgesetze werden liberalisiert

Weltliches Trauerportal MEMOSITE eröffnet

Aus: IBKA Rundbrief Dezember 2003

In letzter Zeit belebte sich die Debatte um Bestattungsformen und -gesetze in Deutschland.

Friedwälder, in denen man sich in einer biologisch abbaubaren Urne im Wur­zelwerk eines Baumes beisetzen lassen kann, Ausstreuwiesen und steigende anonyme Bestattungen sind in der Diskussion.

In NRW trat als Vorreiter in Deutsch­land am 01.09.03 das lang und heftig umkämpfte neue Bestattungsgesetz in Kraft. Dies bringt einige Liberalisie­rungen, so die Aufhebung des Sargzwangs vor allem für Muslime, Verstreuen von Asche Verstorbener auf dafür vorgesehene Flächen und die Privatisierung von Kre­matorien und Friedhöfen.

Vor allem aber müssen die Kommunen nun erst ihre Friedhofssatzungen ändern, damit die Möglichkeiten, die das neue Ge­setz bietet, überhaupt auch genutzt werden können. Womit der Kampf der Kirchen nun auf die Kommunen verlagert wird.

"Wir haben schon von einigen signa­lisiert bekommen, dass sie die neuen Regeln nicht umsetzen werden", berichtete Renate Nixdorf von der Verbraucher­organisation Aeternitas. Vor allem weil die Kirchen oft ihren Einfluss ausspielen würden, um Neuerungen zu verhindern, so die Befürchtung bei dem Königswinterer Verband.

Die Idee der Friedwälder kommt aus der Schweiz. Im Friedwald gibt es keine Grabpflege; der Gedanke, in den Natur­kreislauf auf diese Art einzugehen, findet immer mehr Freunde. Auch in Deutsch­land sind Forstwirte an dieser Möglichkeit der Waldnutzung interessiert. Die ersten drei Friedwälder wurden bereits einge­richtet. Genehmigungsverfahren für weite­re solche Stätten laufen in mehreren Bundesländern. Doch schon wittert die Kirche wieder Unheil, den Verfall der abendländischen Kultur und hetzt dage­gen: Katholische Bischöfe wettern gegen die angeblich neuheidnische, esoterische Naturvergötzung.

Die Reform des Bestattungsgesetzes in Baden-Württemberg wurde dadurch schon erfolgreich verzögert. Vor allem der katho­lische Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, kämpft entschieden gegen Friedwälder. Anonyme Begräbnisse ver­stießen gegen die christliche Bestattungs­kultur, betonte Fürst. Und selbst wenn man kleine Namensschilder an den Bäumen anbrächte, bleibe das Ganze ein natur­religiöser und neuheidnischer Brauch: "An die Stelle der christlichen Hoffnung auf ewiges Leben bei Gott tritt die Rückkehr in den Kreislauf der Natur."

Die Eröffnung von Alternativen für Nichtchristen hindert ja Christen nicht daran, weiter wie bisher zu verfahren, aber die Kirchen möchten gerne allen Men­schen ihre Vorstellungen verbindlich über­stülpen. Der seinerzeitige Präses Kock schreckte auch nicht vor der Hetze zurück, die Absicht einiger Politiker, die gesetz­lichen Voraussetzungen für die Ausstreu­ung der Totenasche auf Wunsch der Ver­storbenen zu schaffen, erinnere ihn an Zeiten, wo das (staatlich organisierte) Ver­schwinden lassen bestimmter Bevölke­rungsgruppen (also Massenmord) statt­gefunden habe.

MEMOSITE

Ein Angebot für Hinterbliebene bietet das neue Internetportal MEMOSITE. Dabei wendet sich MEMOSITE in erster Linie an nichtreligiöse, konfessionsfreie Trauernde; die machen laut dem Initiator Ralf Michalowsky inzwischen mit ca. 42 % die größte Gruppe der Verstorbenen aus. Auf der Website kostenpflichtig veröffentlichte Nachrufe haben den Vorteil, dass sie viele Jahre lang ständig abrufbar sind. Der Internetnachruf kann somit eine sinnvolle Ergänzung zur Zeitungsanzeige sein. Die Trauernden können im individuellen Online-Kondolenzbuch ihre Anteilnahme zum Ausdruck bringen. Das Andenken an den Verstorbenen wird so wach gehalten.

Die derzeitige Trauerkultur bietet in vieler Hinsicht wesentlich mehr an indi­vidueller Gestaltung als die meisten Men­schen vermuten. Hier will das Trauerportal informieren und unterstützen. Auch wer einen weltlichen Trauerredner oder kon­ventionelle bis ausgefallene Trauermusik sucht, wird hier fündig und nicht zuletzt bietet MEMOSITE eine Auswahl an Literaturvorschlägen zum Thema. Ständig aktualisiert werden Nachrichten zur Trauerkultur und eine umfassende Linkliste weist den Weg zu weiteren Informationen rund um das Thema Bestattung und zu säkularen Organisationen. Der IBKA ist als Linkpartner gesondert aufgeführt.

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