Änderungsantrag zum Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen

Antrag an die Bundesdelegiertenkonferenz in Magdeburg vom 6.-8.3. 1998

Antragsteller: KV Hagen

4. Änderungsantrag zum Wahlprogramm

(Änderungen und zu ändernde Passagen sind durch Unterstriche/fett hervorgehoben)

Der Abschnitt im Wahlprogrammentwurf S. 71, Z.21-35:

wird ersetzt durch:

Verhältnis von Staat und Kirche neu bestimmen

Für die Trennung von Staat und Kirche

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verteidigen die Freiheit der religiösen und weltanschaulichen Betätigung sowie die weltanschauliche Neutralität und Pluralität des Staates. In einer säkularen Gesellschaft müssen Kirche und Staat getrennt sein. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verteidigen die Freiheit der religiösen und weltanschaulichen Betätigung sowie die weltanschauliche Neutralität des säkularen Staates. In einer pluralen Gesellschaft müssen Kirche und Staat getrennt sein.
Die Kirchen und viele christliche Basisinitiativen sind für uns vielfach wertvolle Verbündete z.B. im Kampf gegen die Ellenbogengesellschaft und für eine humane AusländerInnen- und Sozialpolitik. Wir wollen in einem gründlichen Diskussionsprozeß mit Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften und der Gesellschaft neue Formen der Finanzierung der Arbeit im gesellschaftspolitischen Bereich erarbeiten.

Die zahlreichen rechtlichen und finanziellen Privilegien, die der Staat den Religionsgemeinschaften gewährt, sind schrittweise abzuschaffen.

Werteerziehung ist eine Aufgabe des gesamten öffentlichen Schulwesens und kann nicht allein an eine Weltanschauungsgemeinschaft und deren Unterweisungsunterricht delegiert werden. Wir wollen deshalb - unabhängig vom konfessionellen Religionsunterricht - integratives und multikulturelles Lernen - im Bereich Lebenspraxis, Ethik und Religionskunde - fördern.

Wir wollen, daß die bislang durch den Staat eingezogene Kirchensteuer mittelfristig durch Mitgliedsbeiträge, die von den Kirchen selbst erhoben werden, abgelöst wird. Die bislang staatlich organisierte Militärseelsorge gehört in die Eigenverantwortung und Trägerschaft der Kirchen. Das allgemeine Arbeits-, Sozial- und Tarifrecht muß auch für kirchliche MitarbeiterInnen gelten.

Wir wollen, daß die bislang durch den Staat eingezogene Kirchensteuer mittelfristig durch von den Kirchen selbst erhobene Mitgliedsbeiträge abgelöst werden. Die bislang staatlich organisierte Seelsorge in Militär, Justiz, Polizei und Bundesgrenzschutz gehört in die Eigenverantwortung und -finanzierung der Kirchen. Das allgemeine Arbeits-, Sozial- und Tarifrecht muß auch für kirchliche MitarbeiterInnen gelten.

Begründung:

Im Unterschied zum ursprünglichen Entwurf geben wir kein unkritisch - naives Urteil über eine hochkomplexe Weltkirche ab.

Unser Programm richtet sich mit seinen Forderungen nicht an die Kirchen, sondern ausschließlich an den Staat. Selbstverständlich wird mit allen Betroffenen im Gesetzgebungsverfahren zu reden sein, aber es bedarf nicht des vorherigen Einverständnisses der Kirchen, auf ihre Privilegien freiwillig verzichten zu wollen, um hier tätig zu werden.

1994 enthielt das Wahlprogramm noch eine Reformaussage zum konfessionellen Religionsunterricht. Heute soll diese entfallen - nicht aus sachlichen Gründen, sondern um der Opportunität willen. Dabei wird übersehen, daß überall das System von Zwangsersatzunterrichten zu Grundrechtsverletzungen führt. Auch steht eine Spaltung der SchülerInnen nach weltanschaulicher Zugehörigkeit einer integrativen und multikulturellen Erziehung entgegen.

Durch Artikel 7, Abs. 2 und 3 in Verbindung mit Art. 4 des Grundgesetzes ist das auch keine reine Ländersache.

Der Staat ist nicht, wie im Ursprungstext behauptet, weltanschaulich plural, sondern neutral und säkular. Demgegenüber ist die Gesellschaft mitnichten säkular, sondern plural und multikulturell.

Weltanschauungsgemeinschaften haben in der Gesellschaft unbestritten ihren legitimen Platz.

Wir Bündnisgrünen kommentieren in unserem Programm aber nicht andere Organisationen, sondern formulieren unsere eigenen Vorstellungen.