Auf dem Weg zur Religionspflicht? Eine Kritik des Ethikunterrichts

Aus: MIZ 2/86

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. (Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Art. 5 (1).)

Wie schnell sie stattfindet, die Zensur, konnte man erst jetzt wieder bei der Absetzung der satirischen Fernsehsendung "Scheibenwischer" nach entsprechender Intervention des Bayerischen Rundfunks erleben. Einem Rundfunkbeitrag, den der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Nürnberg für seine monatliche Fünfzehn-Minuten-Sendung "Freigeistige Betrachtungen" am 6.April 1986 im Programm Bayern 2 termingerecht produziert hatte, wäre beinahe das Gleiche widerfahren. Es ist der hier wiedergegebene Beitrag, verfaßt und gesprochen von Prof. E. Baeger, Mitglied des IBKA und der Humanistischen Union.

Wenige Tage vor dem Sendetermin wurde die Geschäftsstelle des bfg davon unterrichtet, daß der zuständige Rundfunkredakteur diesen Beitrag nicht zur Ausstrahlung freigeben könne. Als Begründung wurde angegeben, daß diese Sendung für weltanschauliche Betrachtungen gedacht sei, der betreffende Vortrag jedoch sei politisch; zudem seien darin juristische Aussagen enthalten, die erst nachgeprüft werden müßten. Man befürchte außerdem Schwierigkeiten mit dem bayerischen Kultusministerium. Aus all diesen Gründen müsse der vorgesehene Beitrag zumindest verschoben werden und eine vorproduzierte Sendung des bfg ersatzweise zur Ausstrahlung kommen.

Warum dann, völlig überraschend, der Beitrag über den Ethikunterricht dennoch wie vorgesehen gesendet wurde, blieb bis heute im Dunkeln. Der ganze Vorgang zeigt aber deutlich, daß die Brisanz des Themas "Ethikunterricht" von der zuständigen Redaktion sofort erkannt wurde. Von den eigentlich betroffenen konfessionslosen Schülern und ihren Eltern kann das leider nicht behauptet werden. Bis heute haben sich noch keine Betroffenen bereitgefunden, ihr Recht auf Weltanschauungsfreiheit wahrzunehmen und die Teilnahme an einem Religionsersatzfach Ethik zu verweigern. So wird das verfassungswidrige und diffamierende Stützungsfach für den Religionsunterricht immer weiter ausgebaut, entsprechend den kirchlichen Forderungen nach einer "flächendeckenden Einführung dieses Ersatzfaches".

Gerade auch wegen dieser Perspektive wird der Text dieses für den Bayerischen Rundfunk so heiklen Vortrags nachstehend in MIZ nachgedruckt.

MIZ-Redaktion


In diesem Beitrag soll ein Problem etwas eingehender betrachtet werden, das in seiner Tragweite gerade auch von Menschen mit freigeistiger Weltanschauung – gleichgültig, ob sie sich nun als Konfessionslose, Agnostiker, Atheisten oder Freidenker bezeichnen – lange, vielleicht allzu lange nicht erkannt wurde: Gemeint ist die Einführung des sogenannten Ethikunterrichts an öffentlichen Schulen.

Bei diesem Unterricht handelt es sich um ein Pflichtfach, das solche Schüler obligatorisch besuchen müssen, die an einem Religionsunterricht nicht teilnehmen. In Bayern wurde dieses Fach von 1972 an an immer mehr Schulen eingeführt. Rechtliche Grundlage bildete hierbei der Artikel 137 (II) der bayerischen Landesverfassung, der den folgenden Wortlaut hat: "Für alle Schüler, die am Religionsunterricht nicht teilnehmen, ist ein Unterricht über die allgemein anerkannten Grundsätze der Sittlichkeit einzurichten."

Von den anderen Bundesländern haben die Länder Rhejnland-Pfalz, das Saarland, Niedersachsen, Hessen und Baden-Württemberg ebenfalls ein entsprechendes Unterrichtsfach geschaffen. Die rechtliche Konstruktion ist hierbei stets die gleiche: Schüler, die am Religionsunterricht nicht teilnehmen, sind zur Teilnahme an diesem Ersatzfach gezwungen. Treibende Kraft bei der Einführung dieses Religionsersatzfaches waren stets die beiden christlichen Großkirchen, die hiermit den Abmeldungen von ihrem Religionsunterricht entgegenwirken wollten. Ihr erklärtes Ziel war und ist die sogenannte "flächendeckende Einführung" dieses Faches an möglichst allen Schulen in der Bundesrepublik.

Die Aufnahme dieses Faches auf seiten der konfessionslosen Bürger und ihrer Verbände war zunächst zwiespältig: Man sah durchaus positive Aspekte in diesem Vorhaben, etwa die Chance, hierdurch konfessionslosen Schülern eine neutrale Einführung in das philosophische Denken und eine Analyse religiöser und politisch-weltanschaulicher Ideologien anbieten zu können. Manche Verbände hofften auch, an der Ausarbeitung von Lehrplänen beteiligt zu werden, und sahen auch für konfessionslose Lehrer ein interessantes Unterrichtsfach entstehen. Bis heute aber blieb bei alledem eine Frage weitgehend unbeachtet, die Frage nämlich, ob die Einführung eines solchen Faches nicht gegen fundamentale Verfassungsgrundsätze verstößt, eventuell sogar das Grundrecht auf Weltanschauungsfreiheit in seinem Wesenskern verletzt. Solche Bedenken, die in der Tat von Verfassungsrechtlern gegen die Schaffung dieses Ersatzfaches vorgebracht wurden, blieben leider in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt.

Die Qualität eines demokratischen Gemeinwesens zeigt sich vor allem darin, wie weit die Geistesfreiheit gewährleistet ist und wie weit die Grundrechte auch kleiner Minderheiten gegen Übergriffe der Mehrheit geschützt sind. Nicht umsonst sind die Artikel 1 bis 20 des Grundgesetzes, in denen unter anderem die Gleichheit vor dem Gesetz, die Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit sowie die Meinungsfreiheit verankert sind, auch mit noch so großen parlamentarischen Mehrheiten nicht veränderbar.

Betrachten wir nun den Ethikunterricht unter dem Gesichtspunkt der Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit nach Art. 4(1) des Grundgesetzes. Dieser Artikel legt fest: "Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich."

Gewiß, die christlichen Kirchen haben dem Staat das Privileg abgerungen, ihre Glaubenslehre an öffentlichen Schulen auf Kosten des Staates in Form eines ordentlichen Lehrfaches unterrichten zu dürfen, wobei die Festlegung der Lehrinhalte ausschließlich ihre Sache ist. Dieser Umstand aber kann für Schüler, die diesen christlichen Glaubensgemeinschaften nicht angehören, nicht die geringsten Verpflichtungen mit sich bringen. Der Religionsunterricht der christlichen Kirchen ist eine Veranstaltung, die konfessionslose Schüler in keiner Weise betrifft. Sie müssen sich auch nicht etwa von diesem Unterricht abmelden, der für sie ja überhaupt nicht eingerichtet wurde. Das Grundgesetz legt in Art. 7 (2) lapidar fest: "Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme ihres Kindes am Religionsunterricht zu befinden." Dieses Recht ist eine unmittelbare Folgerung aus dem Recht auf Weltanschauungsfreiheit. Für die Wahrnehmung eines Grundrechtes aber darf der Staat keine Kompensationspflichten festsetzen, also bei der Wahrnehmung des Grundrechtes auf Weltanschauungsfreiheit eine Zusatzverpflichtung, quasi als Sanktion, auferlegen. Die Mitteilung eines Erziehungsberechtigten, sein Kind nehme an einem Religionsunterricht nicht teil, ist nicht etwa ein Antrag an den Staat, dem dieser dann nach "billigem Ermessen" stattgibt, womöglich mit der Auflage, nun aber ersatzweise an einem anderen Unterricht gleicher Stundenzahl teilzunehmen, wobei dieser Unterricht heißen mag, wie er wolle. Da die Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses durch Art. 4 (1) des Grundgesetzes unangreifbar geschützt ist, darf es prinzipiell keine Konstruktionen geben, nach denen ein konfessionsloser Schüler gezwungen werden kann, bei Nichtteilnahme an den Glaubensunterweisungen der Katholiken und Protestanten als Ersatz einen anderen Unterricht zu besuchen. Rechtlich kann eine Ersatzpflicht immer nur jemandem auferlegt werden, für den zunächst einmal eine Originalpflicht besteht, der nachzukommen er sich weigert. So kann beispielsweise die Ableistung eines Zivilersatzdienstes verlangt werden, wenn ein Wehrpflichtiger den Wehrdienst mit der Waffe verweigert. Analog zur Wehrpflicht existiert aber keine Religionspflicht, eine solche kann und darf es im Geltungsbereich des Grundgesetzes niemals geben. Damit erweisen sich aber alle Rechtskonstruktionen als verfassungswidrig, die der Einführung eines - bei Nichtteilnahme am Religionsunterricht zwangsweise zu besuchenden - Ersatzunterrichts zugrunde liegen. Wenn konfessionslose Erziehungsberechtigte für ihre schulpflichtigen Kinder die Verpflichtung zum Besuch eines Ethikunterrichts akzeptieren, so lassen sie sich ersatzpflichtig machen dafür, daß sie ihre Kinder nicht zu den Glaubensunterweisungen der christlichen Kirchen schicken – sie haben, vielleicht ohne es zu wissen, praktisch eine Religionspflicht akzeptiert. Die hier geschaffene Etablierung einer Verpflichtung zum Besuch eines Religionsunterrichts, die der Einführung des Ersatzfaches Ethik zugrunde liegt, ist jedoch eine abenteuerliche Rechtsauffassung, die wohl als einer der schwerwiegendsten Angriffe gewertet werden muß, dem die Weltanschauungsfreiheit seit Bestehen der Bundesrepublik ausgesetzt war.

Nun wird vielfach eingewendet, dieser Ethikunterricht sei doch interessant, die Schüler würden teilweise sehr gerne in diesen Unterricht gehen, und der dort vermittelte Stoff sei wissenswert und allgemeinbildend. Wer jedoch so argumentiert, verkennt, daß es bei der Beurteilung der Frage, ob der Ethikunterricht mit dem Grundgesetz vereinbar ist oder nicht, keine Rolle spielt, wie die praktische Durchführung dieses Unterrichtsfaches ausgestaltet wird. An einem Beispiel soll das verdeutlicht werden: Angenommen, der Gesetzgeber würde ein Gesetz beschließen, das alle Bürger, die keiner Kirche angehören, verpflichtet, an Sonntagen ein bestimmtes Maß an gemeinnützigen Arbeiten zu verrichten, als Ersatz dafür, daß sie keine Gottesdienste besuchen und keine Kirchensteuern bezahlen. Weiter angenommen, diese gemeinnützigen Arbeiten bestünden aus der Mithilfe in Krankenhäusern, Pflegeheimen u. dergl., so wäre auch hier denkbar, daß die Betroffenen aus sozialem Engagement heraus dieser Verpflichtung willig nachkämen, daß die sozialen Einrichtungen diese Dienste zu schätzen wüßten und die Menschen in diesen Einrichtungen für diese Hilfe dankbar wären, und denoch wäre ein solches Gesetz verfassungswidrig, denn es würde gegen die Artikel 3, 4 und 140 des Grundgesetzes verstoßen. Aufgrund der Weltanschauungsfreiheit muß ein solches Gesetz nichtig sein, denn niemand darf wegen der Nichtzugehörigkeit zu bestimmten Glaubensgemeinschaften mit irgendwelchen Verpflichtungen belegt werden. Das Beispiel zeigt, daß ein Verfassungsbruch nicht damit gerechtfertigt werden kann, die praktische Ausgestaltung dieser Maßnahme führe zu gesellschaftlich nützlichen Ergebnissen. Man mag einwenden, hier werde der Begriff Ersatzfach überstrapaziert. Doch davon kann keine Rede sein, denn zunächst einmal trifft dieser Begriff exakt den Sachverhalt. Alle Gesetze, mit denen ein Ethikunterricht bislang eingeführt wurde, führen diesen als Zwangsverpflichtung ein: Wer als Schüler am Religionsunterricht nicht teilnimmt, muß ersatzweise einen Ethikunterricht besuchen. Von einem Unterrichtsangebot, etwa in Form eines freiwilligen Wahlfaches, war niemals die Rede. Zum anderen aber wurde dieser Begriff von den Kirchen und den christlichen Politikern stets verwendet, wenn es galt, Stellung und Funktion dieses Ethikunterrichts zu beschreiben. So stand beispielsweise dieser Begriff explizit im Schulgesetz von Baden-Württemberg, in dem es bis zum Jahre 1983 hieß: "Das Kultusministerium wird ermächtigt, für Schüler, die am Religionsunterricht nicht teilnehmen, ein Ersatzfach einzuführen."

Ein weiteres Argument, das oft vorgebracht wird, lautet: Der Religionsunterricht sei nach dem Grundgesetz ordentliches Lehrfach, mithin ein Pflichtfach für alle Schüler, so z. B. nachzulesen in einem Kommentar zum Schulgesetz von Baden-Württemberg. Hierbei handelt es sich jedoch um einen durchsichtigen Versuch, durch Fehlinterpretation eines Begriffs eine rechtlich unhaltbare Position zu verteidigen. In einschlägigen Verfassungskommentaren läßt sich nämlich nachlesen, was dieser Begriff tatsächlich bedeutet: Er besagt, daß der Staat verpflichtet ist, das Fach Religion an seinen öffentlichen Schulen einzurichten und daß die Rahmenbedingungen Anwendung finden, die auch für andere Unterrichtsfächer gelten. Hierzu zählen Benotung, Versetzungsrelevanz, Leistungsnachweise und Unterrichtsdisziplin. Die Bezeichnung "ordentliches Lehrfach" bedeutet also eine Verpflichtung für den Staat, Religionsunterricht einzurichten, aber mitnichten eine Verpflichtung für konfessionslose Schüler, an einem solchen Unterricht teilzunehmen. Aufgrund der Weltanschauungsfreiheit kann eine derartige Verpflichtung niemals existieren. Diesbezüglich gilt ausschließlich die Bestimmung des Grundgesetzes, derzufolge die Erziehungsberechtigten über die Teilnahme ihres Kindes am Religionsunterricht befinden. Zur Postulierung einer Teilnahmeverpflichtung am Religionsunterricht für alle Schüler ist die Bezeichnung "ordentliches Lehrfach" in jeder Hinsicht untauglich.

Die Kürze dieses Beitrags erlaubt es nicht, ausführlich auf die Diffamierung konfessionsloser Menschen durch den Ethikunterricht einzugehen. Die Unterstellung, bei Schülern ohne religiöse Unterweisung müsse der Staat durch einen Unterricht "über die allgemein anerkannten Grundlagen der Sittlichkeit", wie es in der bayerischen Landesverfassung heißt, ein moralisches Defizit beheben, während Menschen, die religiös erzogen wurden, zu sittlichem Verhalten befähigt sind, ist eine Herabsetzung konfessionsloser Menschen. Die Abwegigkeit dieser Anmaßung ist für jeden offensichtlich, der die christliche Kirchengeschichte wenigstens in groben Zügen kennt. Hinzuweisen wäre auch darauf, daß die Einführung des Ethikunterrichts praktisch einer Bankerotterklärung des Religionsunterrichts gleichkommt. Ganz offensichtlich sind die Inhalte dieses Faches nicht mehr ausreichend, um den - vom Staate doch privilegierten - Teilnehmern Sinn und Zweck der hierfür von ihnen aufgewendeten Schulstunden einsichtig zu machen. Der Umstand, daß den privilegierten Christen die Nutznießung ihres Faches offensichtlich so zur Last wird, daß man nur noch durch einen verfassungswidrigen Ersatzunterricht den Abmeldungen vom Religionsunterricht begegnen konnte, spricht für sich.

Den Abschluß dieses Beitrags sollen die Stellungnahmen einiger Verfassungsrechtler und Juristen bilden, die die ganze Fragwürdigkeit des Ethikunterrichts deutlich machen. So schreibt etwa der Verfassungsrechtler Maunz in seinem Kommentar zum Grundgesetz nach einer eingehenden Diskussion der verfassungsrechtlichen Grundlagen:

"Daher ist eine Verkettung des Religionsunterrichts mit dem Ethikunterricht in der Weise, daß, wer nicht an einem teilnimmt, am anderen teilnehmen muß, rechtlich bedenklich, soweit die Regelung auf einen Gewissenszwang hinauslaufen kann."

Und an anderer Stelle:

"Daher ist die These wohl kaum haltbar, der Schüler müsse in jedem Fall zwischen Religionsunterricht und Ethikunterricht frei wählen können, jedoch an eines der beiden Fächer gebunden sein."

Der Jurist Erwin Fischer stellt in seinem Buch "Trennung von Staat und Kirche" fest:

"Der Versuch, einen obligatorischen Ethikunterricht als Ersatz für den Religionsunterricht einzuführen, muß als gescheitert betrachtet werden", wobei gemeint ist, gescheitert unter rechtsstaatlichen Aspekten. Unter Beachtung unseres Grundgesetzes, so meint Fischer, ist "ein wie auch immer gestalteter Ersatzunterricht ausgeschlossen."

Am schärfsten formuliert es der Jurist Rainer Prewo in einer Schrift der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Hessen mit dem Titel "Ethische Erziehung in der Schule". Er schreibt über den Ethikunterricht:

"Die Masse der verfassungsrechtlich bedenklichen Entscheidungen (der hessischen Landesregierung) ist nämlich derart imponierend, daß sie, übertragen gesprochen, für mehrere Prozesse reichen würde, von denen jeder einzelne zu einer vollständigen Verurteilung führt."

Sein Fazit lautet:

"Die zur Zeit als Ethikunterricht vorgesehene Maßnahme erreicht gleichsam den Extremwert hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit der Verletzung von Verfassung und Gesetz."

Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen. Nur gilt in unserer Rechtsordnung der Grundsatz: Wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter. Weil aber die Geistesfreiheit für das System der freiheitlichen Demokratie entscheidend wichtig, ja geradezu die Voraussetzung für diese Ordnung ist, wie es das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung ausführte, wäre es hoch an der Zeit, den Ethikunterricht endlich auf den Prüfstand des Bundesverfassungsgerichts zu bringen.

Die MIZ-Redaktion hält es im Zusammenhang mit diesem Beitrag für notwendig, darauf hinzuweisen, daß nach Art. 4 (3) GG das Recht auf Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe unter Berufung auf das Gewissen ebenfalls den Rang eines Grundrechts hat. Wenn bei Wahrnehmung dieses Grundrechts eine Ersatzpflicht trotzdem möglich und auch gesetzlich geregelt ist, so offenbar deshalb, weil die Väter des Grundgesetzes hier ein Dilemma vorausgesehen haben, dem sie mit dem - auch an anderen Stellen Grundrechte einschränkenden - Zusatz "Das Nähere regelt ein Bundesgesetz" begegnen wollten. Bekanntlich streben aber die Kriegsdienstverweigerer die Ersetzung des Begriffs "Ersatzdienst" durch den Begriff "Friedensdienst" an, um zu einer positiven Alternative zum Waffendienst zu kommen.