§166 StGB: Der Ermittlungsausschuß informiert

Aus: MIZ 3/91

Daß der §166 StGB ein groteskes Überbleibsel aus den Zeiten der Inquisition ist, dazu bedurfte es eigentlich keiner Bestätigung. Das Bischöfliche Ordinariat in Würzburg fühlte sich dennoch bemüßigt, einen erneuten Beweis zu erbringen.

Ermittlungsverfahren in Würzburg

Stellen Sie sich vor, Sie wollen einen Freund anrufen. Nach dreimaligem Läuten klickt es und Sie warten nun auf den obligatorischen Spruch, daß hier ein automatischer Anrufbeantworter spreche. Dann aber ertönt Glockengeläut und eine sonore Stimme verkündet: "Hier spricht die katholische Kirche. Unser Beichtstuhl ist vorübergehend nicht besetzt. Für dringende Fälle steht Ihnen unser automatischer Sündenspeicher zur Verfügung. Bitte beichten Sie jetzt...". Sie werden schmunzeln, Ihren Freund bitten, später zurückzurufen, und in Ihrem Bekanntenkreis von dem originellen Anrufbeantworter erzählen.

So oder so ähnlich haben sich wohl auch zwei junge Würzburger die Reaktionen vorgestellt, als sie in diesem Winter den zitierten Text auf Band sprachen. Es kam natürlich anders, sobald der Lengfelder Ortspfarrer von der Sache erfahren hatte, ein unter falscher Flagge segelndes Konkurrenzunternehmen witterte und der Diözesanverwaltung Meldung machte. Das Bischöfliche Ordinariat stellte sofort Strafanzeige wegen "Religionsbeschimpfung" und die Staatsanwaltschaft wurde aktiv.

Die beiden Betroffenen wandten sich hilfesuchend ausgerechnet an jenen Pfarrer, der Ihren "Sündenspeicher" seiner vorgesetzten Behörde angezeigt hatte. Und als somit gesichert war, daß die Schäfchen nicht verloren, sondern einfach nur humorvolle Zeitgenossen waren, da war die "Beschimpfung" plötzlich keine "Beschimpfung" mehr. Und die Strafanzeige, so der Justitiar des Ordinariats, sei eigentlich nur gestellt worden, weil man sich so göttlich über den automatischen Beichtstuhl amüsiert habe und deren Schöpfer so gerne kennenlernen wollte. Und da die Post nicht bereit war; gegen Datenschutzbestimmungen zu verstoßen und eine Mitteilung auf den Anrufbeantworter zu sprechen, ein gar zu fern liegender Gedanke schien, habe man sich vertrauensvoll an die Staatsanwaltschaft gewandt. Und diese ist in Würzburg offensichtlich für jeden Blödsinn zu haben.

Das Verfahren wurde zwar eingestellt, doch ein übler Nachgeschmack bleibt. Daß die christlichen Großkirchen im Kampf um die Seelen derzeit gegen andere Heilsbringer chancenlos sind, mag für sie bedauerlich sein; wenn eine Firma unter dem "guten Namen" einer anderen wirbt, mag das für diese schmerzlich sein. Aber eine Beschimpfung, noch dazu eine, die öffentliches Ärgernis zu erregen geeignet war, lag ganz sicher nicht vor. Dies zu erkennen bedurfte es nicht einmal juristischen Sachverstandes. Bliebe zu fragen, warum die Staatsanwaltschaft in Würzburg so bereitwillig Informationswünsche der katholischen Kirche erfüllt und sich so zum Handlanger von deren Inquisition macht.

Quellen: Volksblatt, 5.2.1991; Main-Post 8.2.1991