Aktion Umverteilung

Wie die katholische Kirche in Nordrhein-Westfalen kommunale Zuschüsse einsetzt

Aus: MIZ 1/98

Kindergärten gehören zu den wenigen Sozialeinrichtungen, bei denen die freien Träger einen nennenswerten finanziellen Beitrag leisten müssen. Im Bundesland Bayern etwa sind es 20% (je 40% tragen Land und Kommune), die aus vereinnahmten Nutzungsgebühren und Eigenmitteln aufgebracht werden müssen. In Nordrhein-Westfalen kommt der gesamte Zuschuß von 73% der Betriebskosten aus der Landeskasse, häufig erhalten die Kirche jedoch darüberhinaus freiwillige Zuschüsse durch die Kommunen. Wie jetzt bekannt wurde, fließen diese keineswegs immer den Kindergärten der betreffenden Gemeinden zu.

Seit jedes Kind einen gesetzlichen Anspruch auf einen Kindergartenplatz hat, nutzen viele Kirchengemeinden diese Situation, um Gemeinde- und Stadträte unter Druck zu setzen: sie fordern kommunale Zuschüsse bzw. deren Erhöhung. Als Argument führen sie nicht nur das stagnierende Kirchensteueraufkommen an, sondern verweisen darauf, daß andere Träger einen geringeren Anteil an den Betriebskosten aufbringen müssen (tatsächlich trifft dies für sog. "arme Träger", etwa die Arbeiterwohlfahrt, zu; diese verfügen jedoch auch nicht über eine mit der Kirchensteuer vergleichbare regelmäßige Einnahmequelle). Die Forderungen sind meist öffentlichkeitswirksam inszeniert und nicht selten mit der Drohung verbunden, anderenfalls Personal abzubauen oder die Kindergärten ganz zu schließen. Viele Kommunen scheuen angesichts knapper Kassen die Übernahme der Einrichtungen in eigene Regie und zahlen; die Stadt Fröndenberg etwa bezuschußt jede Kindergartengruppe mit DM 2.500 pro Jahr.

Die evangelische Kirchengemeinde läßt die Summe auch direkt in den Etat der Kindergärten fließen. In der katholischen Kirche hingegen läuft es anders: die freiwilligen Zahlungen der Kommunen werden zunächst an das Bistum Paderborn abgeführt und dann nach einem bestimmten Schlüssel im Gießkannenprinzip an alle Kirchengemeinden mit Kindergärten verteilt - unabhängig davon, ob die jeweilige Stadt in diesen Topf einbezahlt hat. Für Fröndenberg heißt das, daß vom städtischen Zuschuß in Höhe von DM 20.000 nur ein Teil in den Fröndenberger katholischen Kindergärten ankommt. Schon dieses Vorgehen ist fragwürdig, zumal Räte und Verwaltung in den Kommunen davon scheinbar oft nicht unterrichtet sind (die lokale Ausgabe der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung zitiert Stadtdirektor Egon Krause mit den Worten, ihm sei von Seiten der katholischen Kirche immer gesagt worden, "daß Kirchengemeinden, die freiwillige Zuwendungen von der Kommune bekommen, auch erhöhte Zuschüsse vom Bistum erhalten"). So nutzt eine der reichsten Organisationen der Welt geschickt die relative Armut einzelner Kirchengemeinden, um aus den Kommunen Zuschüsse herauszupressen und dann mit dem Geld bistumsweit ihren Anteil an den Betriebskosten der Kindergärten abzusenken. Was vom Bischöflichen Generalvikariat als besonders gerecht und solidarisch dargestellt wird, ist in Wirklichkeit eine Mogelpackung. Denn Kirchengemeinden mit einer wirklich dünnen Finanzdecke ist mit diesem Vorgehen kaum geholfen, da sie nur einen Teil der für sie gedachten kommunalen Sonderzahlungen auch erhalten, reiche Kirchengemeinden hingegen werden aus ihrer sozialen Verantwortung entlassen, mit der die Kirche ansonsten immer hausieren geht. Völlig fragwürdig ist schließlich, daß etwa die Hälfte der Zuwendungen vom Bistum zurückbehalten und dazu verwendet werden, Investitionen für die Kindergarten-Immobilien zu refinanzieren.

Bei den Lokalpolitikern hat das Bekanntwerden dieses Modus zu einigen Irritationen und sogar Verärgerung geführt. Vereinzelt wurde sogar die Forderung laut, die Kirchen sollten doch von ihrem immensen Grundbesitz verkaufen, damit sie ihre Aufgaben im sozialen Bereich erfüllen könnten. Auf Landesebene scheint der Zug freilich in eine andere Richtung abzugehen: es wird gemunkelt, daß Nordrhein-Westfalen den Trägeranteil für die Kirchen auf 15% reduzieren will.

gs