40 Jahre Pille oder Empfängnisverhütung auf katholisch

Aus: IBKA Rundbrief Juli 2000

Seit 40 Jahren können Frauen durch die "Pille" angstfrei und sicher die Empfängnis verhüten. Natürlich nur, wenn sie nicht katholisch sind.

Seit den ersten Jahrhunderten ihrer Geschichte hat die katholische Kirche jegliche Verhütung, auch die so genannte "natürliche" durch Ausnutzung der sicheren, unfruchtbaren Tage, strengstens verboten. Geschlechtsverkehr hatte niemals der Lust, sondern nur der Pflicht der Kindererzeugung dienen. Höchstens noch Sex zur Vermeidung der Unzucht erlaubten manche Theologen. Denn die Absicht des Fremdgehens unterstellten sie grundsätzlich ihren Schäfchen.

Alles andere aber, was nur der Lust dient - von Liebe redeten die Kirchenlehrer gar nicht - ist Ehebruch - genau, Ehebruch mit der eigenen Frau.

Das ist nicht etwa Vergangenheit. Nein, auch im 20. Jahrhundert, am 8. Oktober 1980, sprach Papst Johannes Paul II. in Rom immer noch vom "Ehebruch mit der eigenen Frau", wenn Verheiratete es mit Lust an der Sache und vor allem mit Verhütung treiben. Aber ein Wandel war doch eingetreten: Gegen alle katholische Tradition bezog sich der Papst nur auf die "unnatürlichen" Methoden der Empfängnisverhütung.

Während das große Vorbild der katholischen Sexualmoral, Kirchenvater Augustinus (gest. 430), die natürliche Methode eine "Zuhältermethode" nannte, verklärte Johannes Paul II. in einem Schreiben 1981 diese Art des Geschlechtsverkehrs: "Die Entscheidung für die natürlichen Rhythmen beinhaltet eine Annahme der Zeiten der Person, der Frau, und damit auch ein Annehmen des Dialogs, der gegenseitigen Achtung, der gemeinsamen Verantwortung." Die Methode bedeute, "die personale Liebe in ihrem Treueanspruch zu leben". Alle anderen Methoden allerdings erniedrigen und manipulieren lt. JPII. die menschliche Sexualität.

Da dem Papst wohl selbst keine vernünftige Erklärung einfiel - obwohl Sexualmoral zu seinem Lehrgebiet gehörte, als er noch Theologieprofessor in Polen war - , bat er die Theologen in dem o.g. Schreiben, "den anthropologischen und gleichzeitig moralischen Unterschied zu erarbeiten und zu vertiefen, der zwischen der Empfängnisverhütung und dem Rückgriff auf die Zeitwahl besteht".

Franz Böckle, katholischer Moraltheologe, meinte dazu: "Man muß sich nicht wundern, wenn die geplagten Seelsorger und erst recht die angeforderten Laien den metaphysischen Unterschied zwischen den 'natürlichen' und den 'widernatürlichen' Methoden nicht begreifen können."

Dem staunenden Laien fällt da nur eine logische Erklärung ein, warum Sex, der nur dem Lustgewinn und nicht dem Nachwuchs dient, ausgerechnet mit der "natürlichen" Verhütung nun genehmigt wird, alle anderen Methoden aber weiterhin Todsünde sind: Es ist die Methode, die am unsichersten ist und somit den Betroffenen die meiste Angst und die wenigste Lust bereitet. Außerdem kommt eine Ehe, die diese Methode wählt, dem katholischen Ideal der keuschen Ehe ohne Geschlechtsverkehr schon recht nahe. -

Wie gut, dass in Sachen Empfängnisverhütung hierzulande kaum noch jemand auf den alten Herrn in Rom hört.

Zitate aus: Uta Ranke-Heinemann, Eunuchen für das Himmelreich, 1989