Trennung von Kirche und Staat

Aus: IBKA Rundbrief Juli 2000

Schweden

Zu Beginn des Jahres 2000 wurde in Schweden die Staatskirche, die jahrhundertelange Verbindung von Staat und protestantischer Kirche, abgeschafft. Diese ist nun eine Glaubensgemeinschaft unter anderen. Bis 1996 waren alle neugeborenen Schweden automatisch Mitglieder der Staatskirche.

Folgen der neuen Regelung: Der Anspruch auf Kirchensteuer entfällt, Bischöfe werden nicht mehr von der Regierung bestimmt (was schon mal dazu führte, dass bekennende Atheisten zu Bischöfen gewählt wurden), die Aufgaben der Pfarrer sind nicht mehr staatlich definiert, die Kirchenwahlen werden nicht länger von staatlichen Behörden abgehalten, die Einwohnermeldung unterliegt nicht mehr der kirchlichen Verwaltung.

Die Kirchensteuer wird von einer Gebühr abgelöst, die allerdings immer noch staatlich eingetrieben wird. Der Staat wird weiterhin einen Zuschuss an die Kirche zahlen.

Eine uneingeschränkte Glaubensfreiheit gibt es in Schweden erst seit Anfang der fünfziger Jahre des 20. Jh., als per Gesetz erlaubt wurde, seinen Glauben nach Belieben zu wählen. Der Austritt aus der Staatskirche war seit Ende des 19. Jh. legal möglich - allerdings musste man dafür einer anderen christlichen Kirche beitreten.

Norwegen

Nachdem in Oslo aufgrund der von der Verfassung garantierten Religionsfreiheit Moslems gestattet wurde, fünfmal am Tag öffentlich zum Gebet aufzurufen, forderte eine atheistische Gemeinschaft gleiches Recht. Sie wollen "Gott existiert nicht" oder Ausschnitte aus den allgemeinen Menschenrechten über Lautsprecher verkünden.

In einem Stadtteil darf dies nun die 300 Mitglieder starke "Heidengesellschaft" tun. Die Atheisten dürfen sich dafür zehn Tage im Jahr aussuchen, allerdings nur montags oder dienstags.

"Eigentlich muss Religion eine private Angelegenheit sein", meint der Atheist Harald Fagerhus. Aber wenn Kirchenglocken und Rufe der Moslems den öffentlichen Luftraum vereinnahmten, dann müsse seine Organisation das gleiche Recht bekommen. Per Kristian Hansen von der "Heidengesellschaft" fordert die Abschaffung des "ungewöhnlichen Rechts, mit Lärm seinen Glauben an Gott deutlich zu machen." Das Glockengeläut und die Gebetsrufe nennt er "gesundheitsschädigenden Lärm". An zehn Tagen im Jahr wollen Norwegens Atheisten dies nun selbst lautstark verkünden.

Staatsreligion in Norwegen ist der lutherische Protestantismus. Gemäß der Verfassung müssen der König und mindestens die Hälfte der Regierungsmitglieder dieser Glaubensrichtung angehören.

Türkei

Die türkische Nachrichtenagentur Anadolu meldete im Februar, dass in der Türkei 300 Lehrerinnen wegen Tragens von Kopftüchern während des Unterrichts entlassen worden sind. Die Regelung zur Trennung von Staat und Religion schreibt ein Kopftuchverbot in Schulen, Universitäten und anderen öffentlichen Einrichtungen vor.

Griechenland

Die griechische Regierung plant die Ausgabe neuer Personalausweise. Dabei soll der bisher obligatorische Vermerk über die Religionszugehörigkeit des Bürgers verschwinden. Die orthodoxe Kirche protestiert heftig, aber der Regierungssprecher erklärte, dass allein die Regierung für Entscheidungen zuständig sei, die den Staat betreffen.

Jetzt fordert das Kirchenoberhaupt, Erzbischof Christodoulos, ein Referendum der Bevölkerung. Mit Abschaffung des Religionsvermerks würde das Volk "seine Identität verlieren".

Die griechische Verfassung erkennt die orthodoxe Kirche als herrschende Religion an.

USA

Die Bürgerrechtsliga American Civil Liberties Union hatte in Whitley City (Bundesstaat Kentucky) gegen die Aushängung der "Zehn Gebote" im Gerichtssaal geklagt. Die öffentliche Zurschaustellung religiöser Symbole komme einer verfassungswidrigen Förderung der Religion durch den Staat gleich.

Eine Bezirksrichterin gab der Klage recht, die Tafel mit den Geboten musste entfernt werden - gegen den Protest der Bevölkerung.