§ 166 - Der Ermittlungsausschuß informiert

Aus: MIZ 2/96

Das politische Klima in Deutschland wird rauher; in Zeiten, in denen der Sozialstaat systematisch zerschlagen wird und Atommülltransporte von tausenden von Polizisten durchgeprügelt werden, wäre es naiv zu erwarten, daß ausgerechnet die Meinungsfreiheit ungeschoren davonkäme. So wurden Mitte April über 1.000 Buchhandlungen durchsucht, zehn Buchtitel aus sechs Verlagen wurden bundesweit beschlagnahmt.

§ 166 - Der Ermittlungsausschuß informiert

Aus: MIZ 3/96

Was ist in Deutschland eines jeden guten Demokraten erster Gedanke, wenn ein neues Medium aufkommt? Es muß ordentlich kontrolliert werden. Stimmt nun die Antwort nicht oder sind jene Christdemokraten, die das neue Telekommunikationsgesetz auf den Weg gebracht haben, so demokratisch nicht? Jedenfalls wird das Internet von der Politik derzeit in erster Linie unter dem Aspekt diskutiert, wie es denn am besten zurückgestutzt werden könnte; die Einfälle reichen vom Zugriff auf KundInnenadressen über Abhöraktionen bis hin zum Verbot, verschlüsselte Nachrichten zu schicken. Einen Fall von multimedialer "Gotteslästerung" können wir indes noch nicht bieten.

§ 166 - Der Ermittlungsausschuß informiert

Aus: MIZ 1/95

"Blasphemisch, hetzerisch, geschmacklos, voller Fehler sowie demokratiefeindlich" - so beschreibt die Diözese Augsburg in einer Stellungnahme eine Fotomontage, die auf satirische Weise die Sexualvorstellungen des Papstes kritisiert. Eine solche Einschätzung von Seiten der Kirchen kann nicht verwundern, doch in jüngster Zeit schließen sich häufiger auch wieder Staatsanwaltschaften solchen Auffassungen an. Wer bisher allerdings nicht mitspielt, sind die Richter; obwohl die Zahl der Verfahren wegen "Beschimpfung eines Bekenntnisses" zugenommen hat, ist es noch zu keiner Verurteilung gekommen.

§ 166 StGB - Der Ermittlungsausschuß informiert

Aus: MIZ 3/95

Ende Juli wurde der "Gotteslästerungs"paragraph erstmals seit langem wieder den Gerichtssälen entrissen und Gegenstand einer politischen Diskussion. Auf einer Pressekonferenz - ausgerechnet im Kölner Café Wojtyla - forderte der rechtspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Volker Beck, die ersatzlose Streichung des Zensurinstruments. Beck begründete seinen Vorstoß mit dem Hinweis auf die äußerst geringe Zahl der Verurteilungen. Die Antwort aus dem klerikal-konservativen Lager kam sofort: der bayerische Justizminister Hermann Leeb sprach von "Sommertheater", sogar dem Versuch, "gewachsene Werte der Demokratie zu unterminieren". Und wenn Zensur mittlerweile zu den Grundwerten der Demokratie gehört, ist wohl auch nicht zu erwarten, daß die schwarz-gelbe Mehrheit dem Antrag der Bündnisgrünen zustimmen wird.

§166 - Der Ermittlungsausschuß informiert

Aus: MIZ 4/94

Kaum war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bekannt geworden, daß die Äußerung der banalen Wahrheit, daß Soldaten Mörder sind, als Zitat geäußert nicht immer automatisch strafbar ist, schon brach ein Sturm der Entrüstung los. Zum Schutze der Soldaten (natürlich nur jener, die ihre Opfer im Kampf für Frieden und Freiheit massakrieren) müsse ein eigener Strafrechtsparagraph her, der den Mißbrauch der freien Meinungsäußerung unterbinde. Diese Forderung ertönt nicht zum ersten Mal (vgl. MIZ 3-4/89) und wird sich wohl auch so schnell nicht durchsetzen lassen. Wie gut haben es da doch die Kirchen, für deren Schutz es mit dem §166 StGB seit jeher ein eigenes Zensurinstrument gibt.

Kirchen erstreiten beste Sendezeit bei Privatsender

Aus: MIZ 3/94

Die katholische und die evangelische Kirche haben sich die beste Sendezeit beim Ansbacher Rundfunksender Radio 8 erstritten. Das kirchliche "Wort zum Tage" muß nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach (Az: AN 17 K 9300560) künftig täglich zwischen 6.50 und 7.00 Uhr gesendet werden. Die Programmanbieter, die die eineinhalbminütige Morgenpredigt auf einen Sendeplatz vor 6.00 oder nach 18.00 Uhr "verbannen" wollten, scheiterten mit ihrer Klage gegen einen entsprechenden Bescheid der "Bayerischen Landesanstalt für neue Medien" (BLM).

Die Grenzen eines alternativen Rundfunks

Norbert Dethof/Gunnar Schedel

Selbst im Offenen Kanal hat die Kirche ihre Finger

Aus: MIZ 3/94

Medienrevolutionäre beklagten es von Anfang an: Massenkommunikation tendiert dazu, "Einbahnstraßen"-Kommunikation zu sein. Das berieselte Publikum neigt immer stärker zur Passivität, läßt sich widerstandslos in die Rolle des Rezipienten drängen. Für die elektronischen Medien gilt dies offensichtlich noch mehr als für Druckschriften. Medienrevolutionäre suchten immer wieder nach Wegen aus diesem Dilemma. Eine der zentralen Ideen war die erstmals 1932 von Bertolt Brecht erhobene Forderung nach der Umgestaltung des Rundfunks von einem Distributions- zu einem Kommunikationsapparat.