Konfessionslose kritisieren Reuebekenntnis des Papstes

Pressemitteilung vom 29.03.2000

Die Äußerungen von Papst Johannes Paul II. zur historischen Schuld der Kirche sind bei den Konfessionslosen auf entschiedene Kritik gestoßen. Dragan Pavlovic, Pressesprecher des "Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten" (IBKA e.V.), nannte die Erklärungen "substanzlos".

Besonders unverständlich sei, dass der Papst bei seinem Besuch in Israel stets nur von "einzelnen Christen" gesprochen habe, die den Juden Leid zugefügt hätten; damit verschließe er die Augen vor dem systematischen Anti-Judaismus, der bis ins 20. Jahrhundert in der katholischen Kirche vorgeherrscht habe, ebenso wie vor der Tatsache, daß gerade höchste Repräsentanten der Judenvernichtung taten- und wortlos zugesehen hätten.

Pavlovic verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass der Holocaust, das Schweigen des Vatikan und die Verstrickung der katholischen Kirche mit diversen faschistischen Regimen auch im historischen Mea Culpa nicht genannt wurde; zugleich werde im Hintergrund nach wie vor das Seligsprechungsverfahren für den damaligen Papst Pius XII. vorbereitet. Offensichtlich versuche der Vatikan auf diese Weise sowohl Befürworter einer offenen, selbstkritischen Kirche als auch konservative Hardliner anzusprechen. Die Glaubwürdigkeit bleibe hierbei freilich auf der Strecke. Die gleiche Halbherzigkeit findet Pavlovic auch im Schuldbekenntnis, das vor zwei Wochen in Rom vom Papst in einer Messe vorgelesen wurde. Zwar sei zu respektieren, dass ein solches Schuldbekenntnis vom höchsten Repräsentanten der Katholiken erstmals öffentlich geäußert wurde, die "wachsweichen" Formulierungen zeigten jedoch, dass es nur von einem Teil der Kirche mitgetragen werde. Besonders deutlich werde dies in Punkt 2, dem "Bekenntnis der Schuld im Dienst der Wahrheit". Wer immer noch der Auffassung sei, dass seine Verbrechen im Dienste der Wahrheit begangen worden seien, zeige keine ehrliche Reue. Wenn der Papst davon spreche, dass "Christen bisweilen Methoden der Intoleranz zugelassen" hätten, sei dies eine schlimme Verharmlosung der tatsächlich geschehenen Verbrechen, worunter u.a. Folter, Mord und Völkermord fielen. Gänzlich unerträglich sei schließlich, wenn das Mea Culpa "das Antlitz der Kirche ... entstellt" sehe, anstatt von den Leiden der Opfer zu sprechen.

Der IBKA regte an, eine Stiftung zur Unterstützung der heutigen Opfer religiöser Gewalt zu gründen. Wenn es der katholischen Kirche ernst sei mit ihrem Reuebekenntnis, müsse sie sich uneingeschränkt zur Religions- und Weltanschauungsfreiheit bekennen. Ein Zeichen dafür könnte die Bereitstellung einer größeren Summe für eine solche Stiftung sein.