Ruhestörung ist keine Religionsfreiheit

Pressemitteilung des IBKA-Landesverbands NRW vom 25.08.2006

Für Sonntag, den 27. August 2006 kündigte die Pfarrei der katholischen Kirche St. Aposteln in Köln an, um 4:30 nachts die dort angebrachte Weltjugendtagsglocke zu läuten. Bei der 6,2 Tonnen schweren Glocke handelt es sich um die größte und lauteste der fünf Glocken der Kirche, die sich mitten in der dicht besiedelten Millionenstadt Köln befindet.

Als Begründung teilte Pfarrer Biskupek den Anwohnern in einem Briefkasteneinwurf mit, 500 jugendliche Gläubige würden vom Kölner Marienfeld, dem "Papsthügel", zum Kölner Dom pilgern und in der Nacht an der Kirche Station machen. Wieso die Pilgerreise zwingend nächtens erfolgen muss und die Pilger unbedingt eines nächtlichen Glockengeläutes bedürfen, teilte er nicht mit.

Laut einem Schweizer Lärmgutachten erreicht und übersteigt eine Kirchenglocke regelmäßig eine hohe Dezibel-Zahl von bis zu 120db, was in etwa einem Rockkonzert oder dem Probelauf eines Düsenjägers gleicht und übertritt damit eine Schwelle des Lärmempfindens. Ab ungefähr 85 db empfiehlt der Arbeitsschutz das Tragen eines Lärmschutzes.

Das Immissionsschutzgesetz, dass die nächtliche Ruhe der Bürger garantieren soll, sieht eigentlich eine nächtliche Ruhezeit von 22 bis 6 Uhr morgens vor. Daher fragte der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten bei der Stadt Köln nach, ob der Kirche für die angekündigte nächtliche Ruhestörung eine Sondergenehmigung erteilt worden sei. Herr Kilp vom Ordnungsamt teilte telefonisch mit, dass es einer solchen Genehmigung gar nicht bedürfe, da Kirchenglockenlärm schon allein aufgrund der Religionsfreiheit gedeckt sei. Zu weiteren Auskünften war er nicht bereit.

Hierzu stellt der Landesprecher des IBKA-NRW, Oliver Richter, fest:

"Wenn ein Ordnungsamt nicht imstande ist, eine ordentliche und formelle Rechtsgrundlage anzuführen, welche der Kirche das Recht gibt die Nachtruhe zu brechen, dann ist entweder die Rechtsgrundlage unklar und bedarf einer klareren Ausformulierung, oder es wird tatsächlich im weltanschaulich neutralen Staat eine religiöse Gruppierung amtlich bevorzugt.

Mal wieder wird der Begriff der Religionsfreiheit so missverstanden, dass Dinge, die ansonsten aus guten Gründen allgemein verboten sind, unter dem Deckmantel der Religion plötzlich erlaubt sein sollen.

Zudem soll hier das Grundrecht der Religionsfreiheit nicht in Abwägungen zu anderen Grundfreiheiten existieren, sondern angeblich übergeordnet bzw. gar absolut. Auch sind offenbar exklusiv die 500 Pilger Träger des Grundrechts auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit und die belästigten und in ihrer Nachtruhe gestörten Anwohner nicht." Der IBKA e.V., als Interessensvertretung der Konfessionslosen, fordert die Stadt Köln auf, der Kirche die angekündigte nächtliche Ruhestörung zu untersagen. Das private Interesse der Kirche und der 500 Pilger an der nächtlichen Ruhestörung muss hinter das Interesse zehntausender Anwohner an ungestörtem Nachtschlaf zurücktreten.

Hintergrund: www.ibka.org/presse/muezzin.html

Kontakt

Rainer Ponitka, Landessprecher

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