Atheistenverband kritisiert Gesetzentwurf zur Beschneidung

Pressemitteilung vom 4. Oktober 2012

Massive Kritik am Gesetzentwurf des Justizministeriums, mit dem die Beschneidung von Jungen legalisiert werden soll, äußerte in einer Stellungnahme gegenüber dem Ministerium der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA). "Eine ohne medizinische Indikation vorgenommene Beschneidung verletzt das Recht auf körperliche Unversehrtheit", erklärt hierzu René Hartmann, Erster Vorsitzender des IBKA. Eine Legalisierung per Gesetz ändere daran nichts, vielmehr hält der IBKA einen solchen gesetzlichen Freibrief für verfassungswidrig.

In seinen Ausführungen zum Eckpunktepapier des Justizministeriums weist der IBKA das Argument zurück, die Zulässigkeit der Beschneidung sei aus Gründen der Religionsfreiheit geboten. Vielmehr verletze die an einem nicht einwilligungsfähigen Kind vorgenommene religiös motivierte Beschneidung die Religionsfreiheit des Kindes, das ein Recht darauf habe, nicht ohne seine Zustimmung dauerhaft als Angehöriger einer Religion gekennzeichnet zu werden.

"Der Wortlaut des Gesetzentwurfs bestätigt Befürchtungen, dass vorrangig den Forderungen der Religionsgemeinschaften nachgekommen werden soll. Individuelle Grundrechte sollten hier jedoch Vorrang haben. Auch wiegt das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit schwerer als der Wunsch der Eltern, religiösen Bräuchen nachzukommen.", sagte Hartmann.

Hintergrund:

Das Landgericht Köln hat mit Urteil vom 7. Mai 2012 (Aktenzeichen: 151 Ns 169/11; NJW 2012, 2128) erstmalig die Auffassung vertreten, Eltern könnten nicht wirksam in eine medizinisch nicht indizierte Beschneidung ihres einwilligungsunfähigen Kindes einwilligen. Aufgrund heftiger Proteste verschiedener Religionsgemeinschaften, welche in dem Urteil eine Verletzung der Religionsfreiheit sahen, hat daraufhin der Bundestag „zur Beseitigung der dadurch entstandenen Rechtsunsicherheit“ die Bundesregierung mit Beschluss vom 19. Juli 2012 aufgefordert, „unter Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten Rechtsgüter des Kindeswohls, der körperlichen Unversehrtheit, der Religionsfreiheit und des Rechts der Eltern auf Erziehung einen Gesetzentwurf vorzulegen, der sicherstellt, dass eine medizinisch fachgerechte Beschneidung von Jungen ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich zulässig ist.“ Dieser Aufforderung folgend hat das Bundesministerium der Justiz am 25. September 2012 ein Eckpunktepapier vorgestellt und ausgewählten betroffenen Verbänden Gelegenheit geboten, binnen fünf Tagen hierzu Stellung zu nehmen.

Links:

Stellungnahme des IBKA zu den Eckpunkten des Bundesministeriums der Justiz für eine gesetzliche Regelung zur Beschneidung männlicher Kinder

Über den IBKA

Im IBKA haben sich nichtreligiöse Menschen zusammengeschlossen, um die allgemeinen Menschenrechte – insbesondere die Weltanschauungsfreiheit – und die konsequente Trennung von Staat und Religion durchzusetzen. Wir treten ein für individuelle Selbstbestimmung, wollen vernunftgeleitetes Denken fördern und über die gesellschaftliche Rolle von Religion aufklären.

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