1991 - Meldungen 1535-1589
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Während die westdeutsche Einwohnerzahl 1989 um fast eine Million zunahm, wuchs die der Katholiken nur um 263.000 auf 26,746 Mio.; die Protestanten nahmen sogar um 44.000 auf 25,132 Mio. ab. Dadurch sank der Anteil der Katholiken auf 42,67 % (minus 0,24 %) und der Protestanten auf 40,10 % (minus 0,69 %). Der Bevölkerungsanteil der Sonstigen (zu fünf Sechsteln Konfessionslose) nahm also binnen eines einzigen Jahres von 16,3 auf 17,23 % zu.
(Anm. MIZ-Red.: Die Zunahme der Konfessionslosen wie auch der Gesamtbevölkerung ist mit dem Wohnortwechsel ehemaliger DDR-Bürger in die alten Bundesländer zu erklären.)
Die Quote der sonntäglichen Gottesdienstbesucher sank bei beiden Konfessionen nur noch geringfügig: bei den Katholiken um 0,3 auf 22,8 %, bei den Protestanten um 0,1 auf 5,0 %.
Die Einnahmen aus Kirchensteuern nahmen 1990 in der katholischen Kirche infolge der Steuerreform und der Kirchenaustritte gegenüber 1989 um 318 Millionen auf 6.771 Millionen DM ab, liegen aber immer noch deutlich über dem Stand von 1988. Ähnlich die Entwicklung in der evangelischen Kirche: Sie verzeichnete 1990 einen Rückgang um 274 Millionen auf 6.489 Millionen DM. (Jahrbuch des statistischen Bundesamts 1991, S.108 ff.; eigene Recherchen)
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Derart einseitige Propaganda stieß allerdings an den Schulen auch auf Widerstand. Eine Schülerinitiative des Gymnasiums Neckargemünd stellte u.a. fest: "Wir Schülerinnen und Schüler brauchen in Sachen Liebe, Sex und "Schutz des ungeborenen Lebens" keine Aufklärung von den Bischöfen und vom Papst. Eine umfassende Aufklärung über Verhütungsmittel ist besser als Moralpredigten." (Emma 4/91, S.10f.)
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Nachdem er 1986 geäußert hatte, Südafrika sei der einzige freie Staat in Afrika, aber das allgemeine Wahlrecht würde seinen Untergang bedeuten (vgl. MIZ 2/89, Meldung 1196), gab er nun auf einer Veranstaltung der CDU-nahen Hermann-Ehlers-Akademie seine Vorstellungen über sein "Staatsverständnis aus protestantischer Sicht" (so der Titel seines Vortrags) preis.
Ausgangspunkt seiner Überlegungen war Luthers Zwei-Reiche-Theorie, die weiterhin gelte, weil sie richtig sei. Staat und Kirche seien unterschiedliche Regierweisen des selben Gottes. Die "Barmer Erklärung" von 1934, in der die Evangelische Kirche "in Ehrfurcht" den Staat als "eine Wohltat Gottes" erkannt habe, würdigte er ausdrücklich. Eine dauerhafte Entscheidung der evangelischen Kirche für eine bestimmte Staatsform könne es jedoch nicht geben. Leider habe die EKD diese Neutralität aufgegeben, als sie sich in einer Denkschrift für die Demokratie aussprach. Dort rügte er vor allem die "Überbetonung des Rechts auf Widerstand". Viel Verständnis äußerte v.Campenhausen hingegen für "unsere Väter": "Sie kannten Demokratie nicht oder nur als Strafmittel nach dem Versailler Vertrag". Auch hätten sie "achtbare Gründe" gehabt, Menschenrechtsideen abzulehnen. Dazu zählte er deren Herkunft aus der Französischen Revolution. Der deutsche Protestantismus sei gegen solche Menschenrechtsideen lange immun geblieben.
Den Einfluß der neu integrierten "mitteldeutschen" Kirchen betrachtet er mit Mißtrauen; hingegen verwies auf frühere Vorbilder: "Wir müssen hoffen, daß uns wieder Führer, äh, Kirchenführer geschenkt werden wie Dibelius und Lilje". (Dibelius hatte schon vor 1933 enge Verbindungen zu den Nazis, konnte sich später aber lange Zeit als Widerstandskämpfer ausgeben, Anm. MIZ-Red.) Nachdrücklich warnte er vor einem "wachsenden Pazifismus, der mit der christlichen Tradition nicht vereinbar" sei. Den Vortrag schloß er mit der Warnung: "Der mündige Bürger ist viel dümmer, als man denkt - er ist sehr dumm".
Kritische Stellungnahmen hoben vor allem die über Jahrzehnte hinweg führende Rolle v.Campenhausens in der EKD hervor. Angesichts fehlender Reaktionen der Kirchenspitze stellten sie die Frage, ob der Kirchenrechtler am Ende nicht gar das artikuliere, was in der evangelischen Chefetage weithin gedacht werde. (Frankfurter Rundschau, 14. u. 21.9.91)
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Die Gastgeber, eine Konferenz evangelischer Religionslehrer, dankte dem Minister die Verbeugung jedoch keineswegs, sondern nutzte die Gunst der Stunde, um weitere Forderungen zu stellen. (Kinzigtal-Nachrichten, 26.9.91)
Anm. MIZ-Red.: 1. Die Behauptung, Religionsunterricht fördere die freie Entscheidung in Glaubensfragen, ist ebenso absurd wie die Vorstellung, man solle einen Säugling bei der jeweils herrschenden Partei anmelden und in deren Kindergarten schicken, damit er sich später einmal frei über seinen politischen Standort entscheiden könne.
2. Bei den letzten Landtagswahlen gaben laut infas 57 % der Katholiken der CDU, aber nur 26 % der SPD ihre Stimme; auch Grüne und FDP waren unterrepräsentiert (KNA, 24.1.91). Auch wenn die Verhältnisse bei den Protestanten für die SPD günstiger waren, so hat die jetzige Koalition ihren entscheidenden Vorsprung gerade bei den Kirchenfreien erzielt.
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Auch die Sprecherin der Grünen hielt derartiges Gedankengut für verfassungswidrig. Minister Schwier verteidigte sich mit der Behauptung, das Gesetz über die Anerkennung von Privatschulen biete keine Handhabe, Träger mit solchem Gedankengut auszunehmen. Seine Parteikollegin Speth verwies ihn jedoch auf mehrere Fälle, in denen kirchenunabhängige freie Schulen erst nach mehreren Prozessen oder bislang überhaupt nicht zugelassen wurden. (Frankfurter Rundschau, 4.10.91)
Die Psychologin Ursula Neumann, als ausgebildete Theologin mit den Praktiken der Amtskirche bestens vertraut, wies in einem Leserbrief auf die Tatsache hin, daß die römisch-katholische Kirche bis in die zweite Hälfte dieses Jahrhunderts hinein genau das gleiche Frauenbild wie die Traditionalisten vertrat und sich davon bis heute nicht distanziert hat. So reagierten die deutschen Bischöfe in den 50er Jahren auf die geplante Familienrechtsreform mit einem "ernste(n) Wort der Belehrung" gegen die "überholten individualistischen oder liberalistischen Anschauungen" des Gesetzentwurfs. Die "natürliche Ordnung" verlange auch "in einer Gemeinschaft von nur zwei Personen eine Autorität". Wer das war, blieb außer Zweifel: "Wer grundsätzlich die Verantwortung des Mannes und Vaters als Haupt der Ehefrau und Familie leugnet, stellt sich in Gegensatz zum Evangelium und zur Lehre der Kirche." (Frankfurter Rundschau, 14.11.91; Hirtenbrief der deutschen Erzbischöfe und Bischöfe vom 30.1.53)
Anm. MIZ-Red.: Die von Lefebvre gegründete Priesterbruderschaft Pius X. ist eine Abspaltung der römisch-katholischen Kirche, die die Neuerungen des II. Vatikanischen Konzils strikt als "modernistisch" ablehnt und dem Vatikan vorwirft, er sei von Freimaurern unterwandert. Lefebvre-Anhänger forderten u.a. für das "Verbrechen der Apostasie" (=Abfall vom Glauben) die Todesstrafe.
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Gleichzeitig teilte das Amt mit, daß 1990 genau 16.537 Personen (+ 11,1 % gegenüber 1989) aus der katholischen und 16.054 (+ 1,0 %) aus der evangelischen Kirche ausgetreten sind. (Badisches Tagblatt, 24.10.91; Eigenmeldung)
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Auch in ländlichen Regionen sowie in anderen Bundesländern ergab sich eine ähnliche Tendenz: Stadt und Landkreis Fulda melden auf evangelischer Seite einen Anstieg von 92 auf 121, bei den Katholiken sogar von 167 auf 254 Austritten (Fuldaer Zeitung, 15.1.92). Im benachbarten Amtsgerichtsbezirk Schlüchtern wurde - diesmal schnell und anstandslos (vgl. MIZ 2/91, S.8ff.) - eine Zunahme von 84 auf 112 mitgeteilt.
Laut der kirchlichen Wochenzeitung Rheinischer Merkur ist die Austrittswelle nur vordergründig auf steuerliche Erwägungen zurückzuführen: "In aller Regel geht einem amtlich bekundeten Auszug ein langer Entfremdungsprozeß voraus." Hinzu komme, "daß das Erscheinungsbild unserer Kirchen den massenhaften Rückzug offenbar erleichtert". Entscheidend sei aber neben dem "generellen Autoritätsverlust von Institutionen", daß der Mensch heute jenseitige, metaphysische Theorien für unerheblich halte: "Logisch (sic!), wenn er dann die Kirche verläßt." Die Kirche stehe vor dem Problem, sich "wieder nötig zu machen." (Rheinischer Merkur, 8.11.91)
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Anm. MIZ-Red.: Laut Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.11.1984 - BVerwG 7 C 66.82 - (insoweit bestätigt durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 8.4.1987) "enthält Art.7 Abs.4 GG keine Bestandsgarantie für die einzelne private Ersatzschule; diese hat einen verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf staatliche Finanzhilfe nur nach Maßgabe dessen, was zur Erhaltung des privaten Ersatzschulwesens als Institution nötig ist. Aus der Sicht des Art.7 Abs.4 GG braucht der Staat nicht sämtliche Kosten der Privatschule zu übernehmen. Dem Schulträger ist vielmehr zuzumuten, daß er selbst ein gewisses Maß an finanzieller Eigenleistung erbringt und einen geringen Fehlbetrag selbst trägt. Das Unternehmerrisiko muß dem Träger der Privatschule nicht in vollem Umfang abgenommen werden." Demnach ist "eine Regelförderung von 80 v.H. ... des laufenden notwendigen Schulaufwands ... nicht zu beanstanden" (zit. nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG 7 C 13.84 - vom 11.4.1986)
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Kritische Kommentatoren erinnerten den Kardinal jedoch an die nicht gerade fremdenfreundliche Rolle der Kirche bei Kreuzzügen und der Eroberung Amerikas. Außerdem sei die Einwanderung aus der Dritten Welt die Folge der dortigen Verarmung, deren Ursache nicht zuletzt im rasanten Bevölkerungswachstum liege, für das die Kirche mitverantwortlich sei. Schließlich wurde Meisner nahegelegt, einen Beitrag zur Toleranz gegenüber Fremden zu leisten, indem er selbst mehr Toleranz gegenüber weltanschaulich Andersdenkenden praktiziere. (Frankfurter Rundschau, 19. u. 27.11.91)
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Eine Frankfurter Kirchengemeinde wollte eine Frau beerben, weil sie für deren Beerdigung gesorgt hatte. Als eine Verwandte das offenbar unter kirchlicher Beeinflussung zustandegekommene Testament anfocht, gab ihr das Oberlandesgericht Frankfurt letztinstanzlich mit der Begründung recht, die gesetzliche Erbfolge werde nicht durch ein Testament außer Kraft gesetzt, wenn als Erbe eine Person eingesetzt wird, die die Erblasserin "im Alter pflegt und ihre Beerdigung übernimmt". (TAZ, 28.11.91)
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Das zuständige Erzbistum Köln verweigerte auf Beschwerden von empörten Gläubigen über eine derartige Vergöttlichung kirchlicher Vorgesetzter jegliche Antwort. (Süddeutsche Zeitung, 30.11.91)
Anm. MIZ-Red.: Der ganzen Ausdrucksweise nach scheint es sich um eine Schrift des Opus Dei zu handeln, was den Fall aber nicht harmloser macht. Derartige Unterwerfungsregeln kommen auch der Amtskirche sehr gelegen.
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Noch deutlicher wurde der Augsburger Bischof Stimpfle. Während einer Demonstration, zu der er selbst aufgerufen hatte, der aber nur 1500 Menschen (zumeist Kroaten und Mitglieder der ultrakonservativen Paneuropa-Union) folgten, forderte er unverhüllt ein militärisches Eingreifen der Westmächte zugunsten Kroatiens. Der katholische Präsident der kroatischen Paneuropa-Union, Mislaw Jezic, nannte auch den tieferen Grund: Dies sei "nicht nur ein Kampf für Kroatien, sondern auch ein Kampf für das Fundament des künftigen Europas" (Zitat AZ; Anm. MIZ-Red.: Der Begriff "Fundament des künftigen Europas" meint in der vatikanischen Sprachregelung die Rekatholisierung des Kontinents.)
Selbst christliche Gruppen distanzierten sich ungewöhnlich deutlich von der militaristischen Haltung des Bischofs, die dem Prinzip der Friedens- und Nächstenliebe widerspreche. Ein christlicher Leserbriefschreiber erinnerte an Kreuzzüge und Inquisition, "und nun ruft wieder ein Kirchenfürst zu einem Kreuzzug auf". In bezug auf die unverbesserliche Kirche hatte er gleich noch ein passendes Bibelzitat (Offenbarung 18,4 u. 5) parat: "Geht aus ihr hinaus, mein Volk, wenn ihr nicht mit ihr teilhaben wollt an ihren Sünden und wenn ihr nicht einen Teil ihrer Plagen empfangen wollt. Denn ihre Sünden haben sich aufgehäuft bis zum Himmel..."
Der örtliche Bund für Geistesfreiheit warf Stimpfle vor, er wolle den Nationalitätenkonflikt endgültig zum Religionskrieg ausweiten. "Wären die Serben katholisch, hätte der Bischof gewiß nicht zu einer Kundgebung aufgerufen". Ferner erinnerte der bfg an die tiefe Verstrickung der katholischen Kirche in den Massenmord von Jasenovace, wo 1941 faschistische Ustascha-Verbände unter Anführung katholischer Geistlicher Hunderttausende von nichtkatholischen Serben massakriert hatten. (Süddeutsche Zeitung, 27.11.91; Augsburger Allgemeine, 11. u. 21.12.91; Presseerklärung des bfg Augsburg v. 21.12.91)
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Anm. MIZ-Red.: Unseres Wissens ist es ein absolutes Novum, daß die Kirche selbst die weltanschauliche Neutralität staatlicher Behörden anmahnt. In der Konsequenz heißt dies, daß städtische Räume - außer wenn sie zur Vermietung bestimmt sind - auch für kirchliche Veranstaltungen nicht mehr überlassen werden. Außerdem dürfen dann städtische Amtsträger nur noch als Privatpersonen an klerikalen Ereignissen teilnehmen. - Solchen erzbischöflichen Wünschen können wir uns nur anschließen.
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Auch die Pressestelle des katholischen Bistums Berlin gab auf sich häufende Anfragen hin zu, daß kirchliche Mitarbeiter, Priester wie Laien, für die Stasi gearbeitet hatten. Im September hatten die ostdeutschen Bischöfe "alle Belasteten" im kirchlichen Dienst aufgefordert, ihre Beziehungen zum MfS zu offenbaren. Bisher hätten "einige Personen ihre Kontakte eingestanden". Vorsorglich nahm die Pressestelle ihre höheren Repräsentanten in Schutz: Um ihren "Sendungsauftrag" zu erfüllen, habe die katholische Kirche nicht darauf verzichten können, Kontakte mit verschiedenen Ministerien zu unterhalten. So hätten sogar die Bischöfe einzelne Geistliche beauftragt, Kontakte mit dem Ministerium für Staatssicherheit zu unterhalten. (KNA, 13. u. 18.12.91)
Vor noch gravierenderen Problemen steht die evangelische Kirche. Angesichts der weitreichenden Stasi-Verstrickung von Pfarrern ist ein interner Streit ausgebrochen, ob eine "Selbstreinigung" wünschenswert und überhaupt durchführbar sei. Der Präses der EKD, Jürgen Schmude, meinte, eine "Kirche im Kampf" wäre ein Fehlgriff gewesen, während der Mecklenburger Bischof Berger entgegenhielt: "Kirchenpolitisch hat er recht. Aber die Kirche darf sich nicht nur kirchenpolitisch verhalten, sondern muß auch klar - entweder oder - Stellung beziehen, sonst ist sie als Kirche zu nicht mehr viel brauchbar."
Auf der Synode der Kirchenprovinz Sachsen offenbarten sich mehrere Synodale als Stasi-Mitarbeiter, warnten aber vor einer allgemeinen Überprüfung, weil das zu schlimmen Folgen führe. In Sachsen-Anhalt wurde sogar ein Oberkirchenrat und Dezernent der Landeskirche als Stasi-Agent enttarnt.
Auch der brandenburgische Kirchenfunktionär und Ministerpräsident Stolpe - er ist nach wie vor Kirchenbeamter im Wartestand (vgl. Frankfurter Rundschau, 2.10.91) - mußte sich innerkirchlich den Vorwurf gefallen lassen, staatskritische Kirchengruppen behindert zu haben und in den internen Stasi-Berichten durchweg gelobt worden zu sein. Überdies wurde bekannt, daß er die seinerzeitige Ausweisung des kritischen ARD-Korrespondenten Lothar Loewe selbst vorgeschlagen hatte und noch im Oktober 1989 die Sammlung von Augenzeugenberichten über Polizeiübergriffe unterbinden wollte. (TAZ, 2.11.91, 3., 6. u. 20.1.92; Frankfurter Rundschau, 18.9.91)
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Anm. MIZ-Red.: So positiv diese Grundsatzentscheidung ist, so bleibt doch ein bitterer Nachgeschmack. In der Vergangenheit waren nämlich mehrfach Kirchenkritiker wegen angeblicher "Religionsbeschimpfung" belangt worden, weil sie aus Druckwerken zitiert hatten, die im Original nicht beanstandet worden waren. Noch 1988 war eine einschlägige Verfassungsbeschwerde abgewiesen worden - zu Unrecht, wie das Gericht jetzt indirekt einräumt. (vgl. MIZ 2/89, S.24 sowie vorangehende Berichterstattung)
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Auch im Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) gab Intendant Udo Reiter, Mitglied der bayerischen CSU, die Parole aus, die Kirche solle überall und nicht nur in Nischenprogrammen vertreten sein. Dennoch sieht der katholische Sendebeauftragte, Pfarrer Prause, seine Kirche schlecht plaziert.
Beiläufig sprach sich der Geistliche auch gegen eine Fortführung des kirchenkritischen Jugendsenders DT 64 aus, womit er zu verstehen gab, wo für die Kirche die Grenzen des Minderheitenschutzes erreicht sind. (KNA, 21.12.91)
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Binders Abtritt kommt nicht überraschend; schon Mitte letzten Jahres schied Militärgeneraldekan Gramm aus, weil er trotz Rückendeckung durch Verteidigungsminister Stoltenberg seine militärnahe Seelsorgekonzeption nicht mehr durchsetzen konnte. (Augsburger Allgemeine, 6.7.91; KNA, 16.2.91)
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Die politischen Chancen für eine Verfassungsänderung in diesem Sinne bezeichnete Ullmann allerdings als "eher schlecht". (Berliner Zeitung, 10.1.92)
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Anm. MIZ-Redaktion: Diese Feststellungen sind keineswegs neu. Seit Jahren weisen katholische Kommunikationswissenschaftler und Verlagsexperten auf das Bildungs- und Leserdefizit gerade der Katholiken hin (vgl. Herder-Korrespondenz 10/74). Offen blieb aber stets, ob es nicht gerade die gesteigerte Lese- und Bildungsbereitschaft ist, die zu einem distanzierteren Verhältnis zu Christentum und Kirche führt. Die Aussage des Weihbischofs Kampe stimmt daher nur halb: "Es wird in Zukunft schwierig sein, ohne Buch Christ zu sein." Mit Buch ist es offenbar noch schwieriger.
Frankreich
Großbritannien
GUS
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Von entscheidender Bedeutung im türkisch-iranischen Konkurrenzkampf ist die Frage, ob sich die ehemals sowjetischen Kolonialstaaten für die Einführung des lateinischen oder des arabischen Alphabets entscheiden. Die eher westlich orientierten sunnitischen Türken haben dabei den Vorteil, daß ihre Konfession in fast allen neuen Republiken vorherrscht; nur in Aserbeidschan dominieren wie im Iran die Schiiten. (Süddeutsche Zeitung, 28.12.91)
Italien
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Die Kirche, die bei anderen jede Form von Freitod und Sterbehilfe vehement bekämpft, schwieg sich zu dem spektakulären Fall bisher aus, obwohl es sich um ein besonders gravierendes Beispiel von aktiver Sterbehilfe bzw. (aus Sicht des Priesters) um eine Selbsttötung mit unbestimmtem Sterbedatum handelt. (Süddeutsche Zeitung, 15.11.91; MIZ-Eigenmeldung)
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In seinem Bestseller-Buch Ein Exorzist erzählt verriet er die Zutaten zu seinem überaus profitablen Erfolgsrezept: Extrafeines Olivenöl, eine Flasche geweihten Wassers, jede Menge exorziertes Salz nebst obligatem Kruzifix hielten den Teufel garantiert fern. Der Tageszeitung Repubblica versicherte er, daß der uralte Spruch "Im Namen Christi, Satan fahre aus" immer noch eine wirksame Formel darstelle. Als seinen größten Mentor pries er den Pontifex höchstpersönlich: "Karol Wojtyla ist ein großer Papst. Er hat bestätigt, daß Satan existiert, und ich weiß, daß er persönlich sich mindestens zwei Exorzismen unterzogen hat."
Die solchermaßen beeindruckte Bischofskonferenz reagierte denn auch prompt. Sie will laut KNA eine Pastoralkommission zur Ausbildung kirchlicher Exorzisten sowie ein eigenes "Büro für Teufelsaustreibungen" einrichten.
Daneben wurde bekannt, daß rund 12 Millionen Italiener für okkulte Praktiken wie Magie, Wahrsagerei, Kartenlesen oder den Spiritismus anfällig sind. Zu ihnen zählen auch Fiat-Chef Agnelli oder der klerikal-konservative Ministerpräsident Andreotti. (Frankfurter Rundschau, 19.11.91; Süddeutsche Zeitung, 19.11.91; Sonntags-Blick Zürich, 29.12.91)
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Ähnlich wie in Spanien (vgl. Meldung 1580) kann in Italien jeder Steuerzahler entscheiden, ob ein Anteil von 0,8 % der Steuerschuld der Kirche oder sozialen Einrichtungen zugutekommen soll. Bei den sich nicht Festlegenden wird die Zwangsabgabe im Verhältnis der sich für eine Seite entscheidenden Steuerzahler aufgeteilt.
Jugoslawien
Österreich
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Zwischen der Volkszählung 1981 und Ende 1989 ist der Anteil der Katholiken von 84,34 auf 82,93 % gesunken. (MIZ-Eigenmeldung auf der Basis der Angaben im Österreichischen Statistischen Handbuch 1990 und der KNA-Meldung)
Polen
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Prompt forderten viele Priester - entgegen der Wahlordnung - in den Gottesdiensten die Gläubigen auf, für christliche Kandidaten zu stimmen. In Lodz und Bydgoszcz (Bromberg) gingen Wahlbeschwerden ein, weil den Kirchenbesuchern beim Verlassen sogar Zettel mit Wahlanweisungen übergeben wurden. (Frankfurter Rundschau, 23. u. 28.10.91)
Schweiz
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Haas hatte gezielt Opus-Dei-Anhänger in wichtige Positionen gebracht; seinen Stellvertreter setzte er schon nach drei Tagen an die Luft, den Leiter des diözesanen Priesterseminars kurz darauf. Da er auch auf unterer Ebene zahlreiche nicht linientreue Kleriker kaltstellte, nahmen mehrere Pfarrer sogar ihren Abschied.
Unmittelbar nach der päpstlichen Bestätigung entzog er prompt einem weiteren Kritiker, dem Sekretär des Züricher Generalvikariats, die Firmerlaubnis. Da das Kirchenvolk aber die neu beauftragten Geistlichen ablehnte und der geschaßte Sekretär ohne Erlaubnis zu firmen drohte, lenkte Haas erstmals ein und erteilte die Erlaubnis für ein Jahr.
Nicht geändert hat sich allerdings die Ablehnung durch das Kirchenvolk: Die Katholische Kirchengemeinde Luzern betonte in einem Schreiben an die Bischofskonferenz, daß sich die Zahl der Kirchenaustritte in der Stadt seit der Wahl von Haas auf jährlich 240 verdoppelt habe. (Süddeutsche Zeitung, 6.3., 6.6., 29.11., 17. u. 23.12.91; Blick Zürich, 11.1.92)
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Im Berner Großen Rat argumentierte ein Antragsteller der Schweizer Demokraten, juristische Personen könnten im Gegensatz zu Einzelpersonen nicht aus der Kirche austreten, da nur natürliche Personen einer Kirche auch wirklich angehören könnten. Überdies hätten juristische Personen ohnehin keinen Nutzen von den Kirchen. Dennoch wurde der Antrag mehrheitlich abgelehnt.
Im Züricher Kantonsrat wurde ein Vorstoß der rechtsstehenden Auto-Partei auf Abschaffung dieser Unternehmens-Kirchensteuer abgeblockt. Dabei wurde bekannt, daß die Römisch-Katholische, die Evangelisch-Reformierte und die Christkatholische (=Altkatholische) Kirche 1990 im Kanton Zürich 37,3 Millionen Franken vom Staat und über 70 Millionen aus dieser Unternehmenskirchensteuer erhalten haben. (Neue Züricher Zeitung, 22.1.91; Tacho, 12/91)
Anm. MIZ-Red.: Auch die Schweizer Freidenker bemühen sich seit Jahren, dieses völlig unlogische Kirchenprivileg zu Fall zu bringen.
Spanien
Tschechoslowakei
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In der Slowakei erklärten sich nur gut 511.000 der 5.268.935 Einwohner als konfessionslos (9,7 %), zu denen jedoch der größte Teil jener 921.000 Personen hinzuzurechnen ist, die keine Angaben machten (17,5 %). Hier dominierten eindeutig die Katholiken mit 3.179.000 Mitgliedern (60,3 %). Unter den kleineren Kirchen hatten die evangelisch-lutherische (326.000), evangelisch-reformierte (85.000), griechisch-katholische (180.000) und griechisch-orthodoxe (34.000) die meisten Anhänger.
Insgesamt büßten die Katholiken ihre Vorrangstellung mit einem Anteil von 47,6 % ein. Beobachter wiesen darauf hin, daß in der Tschechei schon vor 1945 rund 90 Prozent der Sudetendeutschen, aber nur drei Viertel der Tschechen katholisch waren. (Sudeten-Zeitung, 1.11.91)
UdSSR
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Auch der Leiter des Außenamtes im Moskauer Patriarchat, der Metropolit Kyrill von Smolensk und Kaliningrad, gestand ein, daß es in der Kirche viele gegeben habe, die mit dem KGB zusammengearbeitet hätten. Nach Edelschtejns Ansicht ist gerade dieses Außenamt "vollständig, vom Leiter bis zum Türsteher" vom Geheimdienst besetzt. (Frankfurter Rundschau, 17.9.91)
Vatikan
Nordamerika
Vereinigte Staaten
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Vom Senat wurde der den Republikanern angehörende Richter nur mit 52 zu 48 Stimmen bestätigt, nachdem ihm mehrere Frauen Fälle sexueller Belästigung vorwarfen. (Frankfurter Rundschau, 10.10.91; KNA, 17.10.91)
Lateinamerika
Brasilien
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"Die katholische Kirche hat viele idealistische, unruhige Geister verloren, die wesentlich dazu beitrugen, daß sie zur Opposition gegen die Militärdiktatur wurde. Ohne die Generäle läßt sich etwa der Erfolg der politisierten linken "Basisgemeinden" nicht begreifen. Die Politik wurde inzwischen wieder Sache der Parteien und Gewerkschaften. Die Kirche schrumpfte zur Gemeinschaft der Gläubigen. Durch die erzwungene Rückbesinnung auf die zentrale Mission der Kirche wird nun überdeutlich, wie klein der Kreis der praktizierenden Katholiken geworden ist." Die Befreiungstheologie existiere faktisch nur noch innerhalb kleiner Kreise engagierter kirchlicher Außenseiter.
Die Ausgrenzung fortschrittlicher Priester führte jedoch zur Verschärfung des Priestermangels; 1988 gab es mit 13.892 Klerikern praktisch genausoviel wie 1970, obwohl die Gesamtbevölkerung um 50 Millionen zunahm (die der Katholiken allerdings in geringerem Maße). Auch das Ansehen des Klerus ist gesunken: Umfragen zufolge glaubt nur ein Prozent der Bevölkerung, daß der Zölibat eingehalten wird.
Gegenüber dem ersten Papstbesuch 1980 ging die Zuschauerzahl bei der jetzigen Tournee von 50 auf 6 Millionen zurück. (Frankfurter Allgemeine, 12. u. 21.10.91; vgl. auch MIZ 4/91, Meldung 1529)
Kolumbien
Mexiko
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Angesichts ihrer unrühmlichen Rolle in der Kolonialzeit war die Kirche in der nach der mexikanischen Revolution ausgearbeiteten Verfassung von 1917 nicht rechtlich anerkannt. Obwohl diese Konstitution immer noch gilt, hatte sich die Kirche de facto längst eine wichtige gesellschaftliche Rolle erobert, zumal sie in der Bevölkerung wegen ihrer Einbeziehung volkstümlich-indianischer Riten immer noch einen (allerdings schwindenden) Rückhalt hat.
Als Hauptgrund für die Annäherung von Staat und Katholiken wird das Vordringen der von den USA aus operierenden evangelikalen Sekten betrachtet. Viele Mexikaner sehen darin die Gefahr der Amerikanisierung, während die katholische Kirche lateinamerikanische Vorstellungen tradiert. (Frankfurter Allgemeine, 31.12.91; Süddeutsche Zeitung, 20.12.91)
Asien
Israel
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Anm. MIZ-Red.: Daß es auch in Lourdes, Medjugorje, Altötting oder Vatikanstadt zu solchen Syndromen kommen kann und daß diese in weniger auffälliger Form als weitverbreitete Massenpsychose auch anderswo grassieren könnten, ist sicher nicht ganz abwegig ...
Südkorea
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Damit sehen sich Beobachter bestätigt, die die religiöse Propaganda der Mun-Sekte (wie auch bei Scientology) lediglich als Mittel zum Zweck eines möglichst raschen Vermögens- und Machtzuwachses vermutet hatten.