1993 - Meldungen 1734-1828
Europa
Deutschland
-
Begründet wurde die Maßnahme mit der angeblich angespannten Finanzlage der Kirche, obwohl inzwischen bekannt ist, daß die Kirchensteuer-Einnahmen 1991 und 1992 um insgesamt 24 % zugenommen haben. (Frankfurter Rundschau, 21.10.92; vgl. auch MIZ 1/93, Meldung 1688 sowie Meldung 1742 in diesem Heft)
-
34 CSU-Abgeordnete hatten nicht nur die Sexualmoral der Kirchenlehre kritisiert, sondern die Thesen des Vatikan-Beauftragten für Ehe- und Familienfragen, Caffarra, wonach Verhütung mit "Mord" gleichzusetzen sei. Ratzinger hatte daraufhin Caffarra verteidigt und mit Gegenvorwürfen gekontert, intern aber dessen Thesen mißbilligt.
Nachdem im neuen Weltkatechismus weiterhin jede "künstliche" Verhütung untersagt bleibt, entzündete sich der Konflikt von neuem. (Süddeutsche Zeitung, 4.12.92; vgl. auch MIZ 4/88, Meldung 1096)
-
Zur Situation in Deutschland faßte der Papst zusammen: "Einige befürchten, die Kirche in Deutschland könne auf die Ebene einer unbedeutenden Sekte absinken, wenn sie den gesellschaftlichen Trends zu sehr widerspreche." Demgegenüber beschwor Wojtyla "die Gefahr, daß Prinzipien, Wahrheiten und Werte, die in Jahrhunderten mühsam erworben wurden, auf die Müllhalde eines übertriebenen Liberalismus gekippt werden." (Frankfurter Rundschau, 5.12.92)
-
Der Münchner Kardinal Wetter behauptete im Münchner Presseclub, die Ursachen für gewalttätige Ausschreitungen gegen Ausländer wie in Mölln oder Rostock lägen im "fehlenden Bezug" der Menschen zu Gott.
Einwänden von Journalisten, daß die Gewalt vieler Jugendlicher eigentlich auf deren Arbeitslosigkeit und trostlose Lebensbedingungen zurückzuführen sei, mußte der Kardinal recht geben, konnte aber keine Idee nennen, wie die Kirche diese Klientel ansprechen könnte. Die Kriegsgreuel im ehemaligen Jugoslawien verurteilte er, aber - so die SZ wörtlich - "völlig überrascht zeigte sich Wetter von der Frage, inwieweit denn das Erzbistum etwas für die von Tod und Krankheit bedrohten Gefangenen in serbischen Lagern tun könne. Der Kardinal hatte keine Antwort parat." (Süddeutsche Zeitung, 18.12.92)
Noch weit polemischer gebärdete sich Kölns Oberhirte Meisner. In seiner Silvesterpredigt bezeichnete er Deutschland als gottvergessene, unfruchtbare Wüste. "Die deutsche Gottvergessenheit zeigt sich heute in der geschwundenen Menschlichkeit in unserem Lande." "Wem Gott nicht mehr heilig ist, dem ist nichts mehr heilig." Auch kritisierte er scharf, daß "in deutschen Medien ständig Kirche, Christentum und Gott demontiert" werde. "Hier wird doch deutlich, wo die Verantwortlichen für die gegenwärtige Ausländerfeindlichkeit wirklich sitzen. Wer dagegen Gott kennt, kennt grundsätzlich keine Ausländer". (Süddeutsche Zeitung, 2.1.93)
In einem Leserbrief wies der Bund für Geistesfreiheit Augsburg auf zahlreiche Umfrageergebnisse hin, wonach Konfessionslose deutlich seltener als Kirchenmitglieder die Frage bejahen "Sind Sie stolz, ein Deutscher zu sein?", aber wesentlich öfter einer "Heirat des Kindes mit einem Ausländer" zustimmen würden. (vgl. emnid-Informationen 1/87 und 1/89)
-
Fast gleichzeitig ergab eine Umfrage der Wickert-Institute eine Mehrheit von 72 % für die völlige Abschaffung der Kirchensteuer; in Ostdeutschland waren es sogar 81 %. (Augsburger Allgemeine, 9. u. 18.1.93)
Genau die gegenläufige Entwicklung ist in der CSU festzustellen. Dort soll ein neuer Passus größere Unabhängigkeit vom Klerus ermöglichen: "Da die CSU für die weltanschauliche Neutralität des Staates eintritt und da der christlichen Sicht der Politik die Einsicht entspricht, daß aus der christlichen Grundlage kein politischer Absolutheitsanspruch hergeleitet werden kann, steht die Christlich-Soziale Union auch Nichtchristen offen." (Süddeutsche Zeitung, 20.8.92)
Anm. MIZ-Red.: Der zitierte Staatssekretär Göhner erwies sich u.a. in der Debatte um den neuen § 218 als christlicher Fundamentalist. Ob sein frommer Wunsch angesichts der gesellschaftlichen Wirklichkeit repräsentativ für seine Partei ist, bleibt abzuwarten.
-
Die Steigerung ist ausschließlich auf höhere Steuerzahlungen zurückzuführen. Die Kirchenaustritte blieben nach ersten Schätzungen mit etwa 250.000 allein in den alten Bundesländern nicht unter der Zahl von 1991. (Frankfurter Allgemeine, 11.2.93; vgl. auch MIZ 1/93, Meldung 1688)
-
Die CDU-SPD-Landesregierung will die sogenannten Staatsleistungen an die Kirchen, die allein in diesem Bundesland bei jährlich 170 Millionen DM liegen (bundesweit 1,4 Milliarden), nicht mehr entsprechend der Inflationsrate erhöhen, sondern einfrieren. Verantwortlich zeichnet ausgerechnet der klerikal-konservative Finanzminister Mayer-Vorfelder, dessen "Haushaltsstruktur-Kommission" die Zuschüsse an die Kirchen "auf den Prüfstand" stellte. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Oettinger betonte, Kürzungen der Pauschalzahlungen seien "kein Tabu". Auch SPD-Fraktionsvorstandsmitglieder und die oppositionelle FDP begrüßen die Sparvorschläge. Lediglich von der grünen Landtagsfraktion wurde keine Stellungnahme bekannt.
Die eigentliche Überraschung liegt jedoch in dem Umstand, daß die Regierung erstmals offiziell von "freiwilligen Leistungen" spricht, während die Kirchen nach wie vor auf dem Standpunkt steht, der Staat sei auch heute noch verpflichtet, für die Säkularisationsverluste von 1803 Entschädigungen zu zahlen (unter anderem die Gehälter von Bischöfen und Domkapitularen). (Südwest Presse Ulm, 24.2.93)
-
Besonders einträglich ist das Gruppengeschäft, das inzwischen sogar auf überseeische Ziele wie die Bahamas, Thailand, Hongkong und Mexiko ausgeweitet wurde. Der Umsatz beziffert sich auf mindestens 150 Millionen DM im Jahr. (Augsburger Allgemeine, 4.3.93)
-
Konfessionslose Gruppen wie der IBKA, die immer wieder gewarnt hatten, jeder Versuch einer Demokratisierung der Kirchen von innen heraus sei aussichtslos, sehen sich nun in ihrer Einschätzung bestätigt. (Mitteilung Christenrechte in der Kirche, 7.3.93)
-
Als Sponsoren stiegen verschiedene westdeutsche Firmen ein. So nutzten der Medienkonzern Bertelsmann und die Bausparkasse Schwäbisch Hall die Gelegenheit zur Kontaktaufnahme mit der zukunftsträchtigen Zielgruppe. Das früher übliche Gelöbnis auf den Staat entfiel; das offizielle Buchpräsent "Deutschland - So schön ist unser Land" wies etwas dezenter auf die staatstragende Funktion des Ereignisses hin. (Welt am Sonntag, 21.3.93)
-
Ein Teil der Betroffenen fühlt sich davon allerdings abgestoßen und nimmt von dem Vorhaben Abstand. So traten in Deggendorf (30.000 Einwohner) 1992 nur 10 Personen in eine der Großkirchen ein, während sich die Austritte mit insgesamt 116 mehr als verdoppelten. (Deggendorfer Zeitung, 24.3.93)
Anm. MIZ-Red.: Mit einer Austrittsquote von 0,4 % liegt die niederbayerische Kreisstadt damit nur knapp unter dem Landesdurchschnitt - ein Beweis, daß die Austrittswelle auch das flache Land erreicht hat.
-
Ablehnende Stimmen beziehen sich vor allem auf Verbrechen der Kirchengeschichte und auf Machtmißbrauch. Stellvertretend für andere wurde die Stellungnahme eines 14jährigen Gymnasiasten zitiert: "Religionen wurden ersonnen, um alle Menschen zu unterjochen. Es geht allen Kirchen nur um die Macht." (TAZ, 25.3.93)
-
Der Autor, ein kirchlicher Chefredakteur aus Köln, schloß gewalttätigen Widerstand nicht aus. "Der kalte Haß der Nachtaufklärer und Medienstars, die schrecklichen Blödel-Shows müssen wir auch als freie Christenmenschen nicht hinnehmen. Wir müssen uns in einem christlich geprägten Land auch nicht alles bieten lassen." (Weltbild, 29.3.93)
-
Anm. MIZ-Red.: Unerwähnt blieb der Hauptgrund für das Festhalten an der Säuglingstaufe: Sie ist die Rechtsgrundlage für den späteren Kirchensteuereinzug.
-
Wörtlich meinte er: "Zur Zeit existieren 18 Theologische Fakultäten in kirchlicher oder staatlicher Trägerschaft, dazu theologische Abteilungen an einigen Universitäten. Ihre Zahl könnte verringert werden. Die Übernahme der Fakultäten in ausschließlich kirchliche Trägerschaft wäre, soweit sie nicht schon besteht, erforderlich."
Einerseits führt er für seinen Vorstoß innerkirchliche Probleme an. Die theologischen Fakultäten seien "unter günstigen politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen ... schnell und stark gewachsen." Daher werde "eine adäquate Besetzung mit qualifiziertem Personal" immer schwieriger.
Zum anderen weist er auf die "neue Säkularisierung" hin: "Der Einzelne, gesellschaftliche Gruppen und der Staat lösen sich aus den Bindungen an Kirche und Christentum. Die Kirchen verlieren immer mehr Gläubige." Auch die finanziellen Lasten des Staates räumt Streithofen ein und sieht sie als Konfliktpotential: "Die Stellung der Kirche an den Universitäten verlangt von den Bundesländern hohen finanziellen Einsatz. Die Kritik daran entwickelt eine eigene Dynamik in dem Maße, wie Zahl und Engagement der Katholiken abnehmen. Die gesellschaftliche Stellung des Katholizismus in Deutschland wurde zudem durch die Wiedervereinigung erheblich geschwächt."
Für die nötigen Konkordatsverhandlungen hat er klare Vorstellungen:" Die Kirche müßte den Verzicht auf die bisherigen konkordatsmäßig abgesicherten Fakultäten anbieten. Als Gegenleistung wäre eine Ablösesumme zu fordern, die ein Mehrfaches des Jahresetats der künftig wegfallenden Fakultäten betragen müßte. Die Höhe dieser Summe, Zahlungsmodalitäten und Übergangsregelungen wären allerdings eine schwierige Verhandlungsmaterie." Mit den Zinsen solle dann ein (verkleinertes) kircheneigenes Ausbildungsnetz finanziert werden.
Widerstand erwartet er vor allem von den Professoren, deren Status als Staatsbeamte in Frage stünde, und "von einem unreflektierten Besitzstands- beziehungsweise Traditionsdenken der Diözesen".
Streithofen machte deutlich, daß seine Mahnung an die Kirche keineswegs uneigennützig ist oder gar laizistischen Denken entspringt, sondern von analytischem Kalkül zeugt: "Noch herrscht Rechtsfriede. Der kirchliche Besitzstand ist im wesentlichen unangefochten. Damit hat die Kirche eine gute Verhandlungsbasis. Ihre Lage ändert sich aber schnell.
Deutschland entwickelt sich rasant zu einem völlig laizistischen Staat. Die bisherigen Positionen der Kirche werden sich kaum halten lassen. Doch jetzt kann man noch verhandeln. ... Die deutschen Bischöfe, das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken und der Vatikan sollten nüchtern die langfristigen Perspektiven prüfen." (Welt am Sonntag, 18.4.93)
-
In Einzelfällen geht die Kulanz sogar noch weiter. Der für die Kirchen besonders wichtige Schauspieler Günter Strack ("Oh Gott, Herr Pfarrer") drohte mit seinem Austritt, weil er 73.000 DM Kirchensteuer nachzahlen sollte. Prompt erließen ihm die Kirchenoberen 20.000 DM. (Tip Augsburg, 26.4.93)
-
Auf die ostdeutschen Länder entfallen bisher 528 Einrichtungen mit gut 10.000 Beschäftigten. (KNA, 1.4.93)
-
In Hessen lassen die Protestanten für über zwei Millionen DM ein buntes Magazin kostenlos an alle Haushalte verteilen. Außerdem werden neue Formen des Gottesdienstes - vom Tanz vorm Altar und dem gemeinsamen Kaffeetrinken bis zum Basteln von Windrädern - ausprobiert, um die trostlose Leere in den Kirchenbänken zu beenden. (Anm. MIZ-Red.: Vielleicht kämen ja noch mehr Leute, wenn man beim Tanzen und Kaffeetrinken auf jeden Anflug von religiöser Zeremonie verzichten würde!)
Nach Erscheinen von zehn Heftnummern soll Infratest erneut eine Marktanalyse erstellen. (Frankfurter Rundschau, 1.12.93)
In Pforzheim telefonieren 600 evangelische und katholische Aktivisten sämtliche Haushalte an, um ein kostenloses Buch anzubieten, in dem Christen von ihrem Glauben erzählen. Bei positivem Gesprächsausgang wird das Traktat persönlich ins Haus gebracht, zwei Wochen später kommt ein weiterer Missionar vorbei, um über das Buch zu sprechen. Die Vorbereitungszeit dauerte vier Jahre, die Kosten liegen bei 170.000 DM. (Stuttgarter Zeitung, 21.4.93) In Schweinfurt wurde die gleiche Kampagne mit 500 Helfern und 300.000 DM Kosten durchgeführt (Süddeutsche Zeitung, 12.3.93)
In Augsburg, wo für 1995 dieselbe Aktion erwogen wird, kündigte der örtliche Bund für Geistesfreiheit rechtliche Schritte an. Die unseriöse "Methode des "Telefon-Canvassing" wurde Parteien und Firmen "bereits höchstrichterlich verboten, weil sie als aggressiv gilt und den Überraschungseffekt des ahnungslosen Opfers ausnutzt." (Augsburger Allgemeine, 8. u. 26.4.93)
-
Anm. MIZ-Red.: Letztere These wird im Grunde schon von den Kirchen selbst widerlegt, da sie in ihren Haushaltsplänen sehr genau zwischen beiden Bereichen unterscheiden. Seelsorge wird definiert als religiöse Betreuung der Gläubigen (also eines Teils der Kirchenmitglieder), soziale Angebote sind hingegen fast immer an die Allgemeinheit - unabhängig von einer Konfessionszugehörigkeit - gerichtet; nur so ist eine Bezuschussung aus öffentlichen Kassen überhaupt zu rechtfertigen. Außerdem zeigt die Praxis, daß sich Konfessionslose im Sozialwesen ebenso stark wie Kirchenmitglieder engagieren, im religiös-seelsorgerlichen Bereich hingegen überhaupt nicht.
Da der geringe Kirchensteueranteil für Soziales mit zum Negativimage der Kirchen führt, sind diese an einer Verwischung der genannten Unterschiede interessiert. Um eine derartige Vernebelungsstrategie von vornherein zu unterbinden, sollten Kirchenfreie hier stets von öffentlichen sozialen Leistungen sprechen.
Nachtrag: Inzwischen distanzierte sich sogar die zitierte Diözese von der Report-Darstellung. Der Leiter der Informationsstelle teilte mit: "Natürlich können wir auch im Bistum Limburg nicht 74 % unserer Haushaltsansätze für den Bereich soziale Aufgaben ausgeben. Die Zahl, die in dem Beitrag von Report genannt wurde, resultiert aus einer unzulässigen Vereinfachung. Der Autor hat alle Positionen, die nicht unmittelbar mit Verwaltung zu tun hatte, zusammengefaßt und dem Bereich "Soziales" zugeschlagen. Wie Sie dem beiliegenden Faltblatt über den Haushaltsplan 1992 entnehmen können, stellen wir selbst unseren Bistumshaushalt völlig anders dar." (Demnach wendet die Diözese fast exakt 10 % für soziale Aufgaben auf.)
Frankreich
Griechenland
-
(1771) Athen. Die Sehnsucht nach Wundern ist auch in Griechenland ungebrochen.
Weil in der Kirche des Dorfes Toxotis die Jesusfigur auf einer antiken Ikone angeblich kurz die Augen geöffnet und wieder geschlossen haben soll, pilgerten bereits einen Tag später Hunderte von Gläubigen aus der ganzen Region Xanthi zu der wundersamen Kirche. Wie der Dorfpope der Presse berichtete, hätten zahlreiche Schulkinder den Vorfall bezeugt, so daß an einem wirklichen Wunder nicht zu zweifeln sei.
Die Möglichkeit, die ganze Episode (sofern sie nicht ohnehin kindlicher Massensuggestion entspringt) könnte der Ankurbelung des regionalen Tourismus dienen, erwähnte der Geistliche nicht. (Süddeutsche Zeitung, 31.3.93)
Italien
-
Der Vatikan erklärte auf Anfrage, dies sei "eine Sache der örtlichen Kirchenbehörden". Medien und Öffentlichkeit sehen darin jedoch den Beginn eines "Kreuzzugs" gegen das staatliche Abtreibungsgesetz, da in letzter Zeit nicht nur der Papst, sondern auch italienische Bischöfe immer heftiger dagegen wettern. (Augsburger Allgemeine, 27.2.93)
Frauenverbände forderten hingegen einen finanziellen Boykott der Kirche, weil sie am Abtreibungsverbot für vergewaltigte bosnische Frauen festhält. (Süddeutsche Zeitung, 6.3.93; vgl. Meldung 1768)
Polen
-
Neuen Streit löste kurz danach Kardinal Glemp aus. Er wandte sich gegen jede Sexualaufklärung an Schulen; genau das sieht aber das neue Abtreibungsgesetz vor, um die Zahl unerwünschter Schwangerschaften zu reduzieren. (Frankfurter Allgemeine, 2.12.92; Süddeutsche Zeitung, 1.2. u. 23.3.93)
-
Die Bischofskonferenz verband die Mitteilung mit heftigen Ausfällen gegen die unfähige und manipulative Berichterstattung" durch die säkularen Medien, wodurch die eigenen Absichten deutlich zutage traten. (Der Tagesspiegel Berlin, 28.3.93)
Schweiz
-
Aus der Evangelisch-Reformierten Landeskirche nahmen schon 1991 mit rund 3100 etwa doppelt soviele ihren Abschied wie im Durchschnitt der zehn Vorjahre; 1992 waren es sogar 3500. Einen regelrechten Sprung verzeichnete die Kirche im ersten Quartal 1993, wo von "50 bis 60 Austritten täglich" die Rede war (was einer Jahresrate von über 10.000 entspräche). Der Kirchenrat will sich mit dem Problem auseinandersetzen, steht aber vorläufig ratlos da. (Neue Züricher Zeitung, 26.3.93)
Serbien
Spanien
-
Laut Konkordat vom 3.1.1979 erhält sie (nach dem Auslaufen von Übergangsbestimmungen) seit 1991 keine Staatssubvention mehr, sondern nur einen Beitrag von 0,52 % der Steuerschuld, der aber auch anderen Organisationen zugewiesen werden kann. Obwohl sich noch drei Viertel der Spanier als katholisch bezeichnen, kreuzen nur 35 % der Steuerpflichtigen die Kirche an. Mehr als die Hälfte unterstützt hingegen direkt ein "soziales Werk".
Die Kirche verteidigte ihr Vorgehen mit dem Argument, sie könne gemäß ihrem Auftrag "nicht schließen", und verwies auf kommerzielle Vorbilder: "Coca-Cola macht auch immer Werbung". (Frankfurter Rundschau, 30.11.92)
Ungarn
-
Das Gesetz löst die bisher geltende Fristenregelung ab; ein wesentlich restriktiverer, von der katholischen Kirche gestützter Entwurf, der den Wegfall der sozialen Indikation vorsah, erhielt keine Mehrheit. (Frankfurter Allgemeine, 18.12.92)
Vatikan
-
Am 2. Oktober veröffentlichte der Heilige Stuhl ein offizielles Dokument zum weltweiten Flüchtlingsproblem. Darin rief er zur Solidarität mit den 30 Millionen Asylsuchenden auf; man dürfe gegen sie "keine neuen Mauern bauen". Solidarität bedeute die Überwindung des Egoismus; vielmehr müßten "wir uns einem einfacheren Lebensstil zuwenden, um zum gemeinsamen Wohl beizutragen". (Frankfurter Rundschau, 5.10.92)
Wenige Wochen später erwies sich, daß sich die Autoren in ihrem eigenen Appell keineswegs mitgemeint hatten: Einige Somalis, deren Unterkunft in Rom abgebrannt war und die im Kirchenstaat um Asyl bitten wollten, wurden von Sicherheitskräften abgewiesen. Als die Flüchtlinge dem Papst "Mißachtung angesichts der Diskriminierung und Verfolgung" vorwarfen, behauptete der Vatikan trotz seiner zahlreichen und nahezu leerstehenden Palastbauten, eine Aufnahme von Flüchtlingen sei leider unmöglich, weil freier Wohnraum fehle. (Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt, 11.12.92)
-
Zeugen für diese Darstellung gibt es allerdings nicht, und wie der Verlauf zeigte, war auch des Papstes "Arbeit im stillen" nicht sonderlich erfolgreich. (Focus, 29.3.93)
Anm. MIZ-Red.: Das bei Heiligsprechungen obligatorische Wunder hätten wir schon parat. Pontifex Pacelli hinterließ bei seinem Tod 1958 nämlich ein Privatvermögen von 81 Millionen DM (nach heutigen Geldwert rund 250 Mio. DM). Allein durch redliche Arbeit so viel Geld anzusammeln, ist in der Tat ein Wunder, vor allem wenn man gleichzeitig dem Gebot der Armut verpflichtet ist.
-
Die Zunahme ist vor allem der Entwicklung in Südostasien zuzuschreiben; in Europa und Nordamerika ist die Priesterzahl unverändert rückläufig. (KNA, 1.4.93)
Nordamerika
Vereinigte Staaten
-
Die Bigotterie gerade in den USA war in der Vergangenheit mehrfach zu Massenmorden oder -suiziden eskaliert. Die meisten Opfer nahm 1978 der Führer der "Volkstempelsekte", Jim Jones, mit in den Tod.
Afrika
Uganda
-
Leon Schwartzenberg, französischer Krebsforscher und Mitglied des Europaparlaments, warf Wojtyla daraufhin unterlassene Hilfeleistung vor. "Die Benutzung von Präservativen zu verbieten und zur Enthaltsamkeit aufzurufen ist eine unverantwortliche Unterlassung von Hilfeleistungen gegenüber Menschen, die in Ländern, in denen Aids schon enorme Opfer fordert, in Gefahr schweben." Präservative seien das wirkungsvollste Schutzmittel gegen Aids.
Jedes dritte Klinikbett Ugandas ist von einem Aids-Patienten belegt. Als Folge der Seuche gibt es dort 1,5 Millionen Waisen. (Süddeutsche Zeitung, 8. u. 12.2.93)
Asien
Israel
-
Eine Zustimmung seiner Kollegen steht nach wie vor aus. (Süddeutsche Zeitung, 10.3.93)
Saudi-Arabien
-
Obwohl Kritik an der Religion im fundamentalistischen Saudi-Arabien verboten ist, wird deshalb normalerweise nicht die Todesstrafe verhängt. (Frankfurter Rundschau, 5.9.92)
Deutschland
-
Inhaltlich enthielt die Anzeige einen Appell an "die politische Führung unseres Landes", die Schutzbestimmungen gegen mögliche schädliche Auswirkungen der Gentechnik zu lockern.
Das Satiremagazin Titanic publizierte daraufhin eine fingierte Anzeige mit den Unterschriften der 18 Unterzeichner und - eine wahre Horrorvision der Genetik - dem jeweils identischen Abbild des bekannten Gentechnik-Experten Dr. theol. Lehmann. (Frankfurter Rundschau u.a., 1.2.93; Titanic 2/93)
-
Bund und Land tragen zusätzlich etwa fünf der veranschlagten 17,7 Millionen DM (vgl. MIZ 1/93, Meldung 1699).
-
Anm. MIZ-Red.: Besonders brüsk behandelt wurde Brüsewitz von einem hohen Kirchenfunktionär, der noch vor wenigen Monaten jede Mitschuld der Kirche oder gar seiner eigenen Person abgestritten hatte: dem Ex-Oberkonsistorialrat Manfred Stolpe.
-
Nach Information der Gründerin, Marianne Poppenwimmer, meldeten sich allein nach einer Club 2-Sendung im ORF 70 Menschen mit derartigen Erfahrungen. Bereits kurz nach der Gründung gehören der Initiative 26 Eltern an, deren Kinder zum Teil in psychiatrischen Kliniken landeten, für immer arbeitsunfähig sind oder sich sogar umbrachten. "Eine Frau hat sich erhängt, weil sie es nicht mehr aushielt, daß überall in der Wohnung Teufel und Dämonen lauern."
Die Initiative sammelte umfangreiches Daten- und Faktenmaterial, um zu beweisen, "daß es dem Engelwerk genau wie der Mun-Sekte oder den Scientologen nur um Macht und Geld geht". So sind die Mitglieder gehalten, ihr Vermögen der innerkatholischen Gruppierung zu vermachen ("Sollten Sie jedoch noch ein Sparkonto haben oder ein Sparbuch, müßte auch das aufgelistet werden"). Auch Unterlagen über Haus- und Hotelkäufe sowie Testamente dokumentieren den Reichtum des Engelwerks, das nach einem Einbruch in seiner eigenen Universität in Anapolis/Brasilien 40 Millionen DM und 1250 Kilo Goldbarren als gestohlen meldete.
Scharfe Kritik übt die Initiative an der Haltung der Amtskirche. So wurde in der Erzdiözese München zwar auswärtigen Priestern ein Predigt- und Exerzitienverbot auferlegt, gegen alle übrigen aber überhaupt nichts unternommen. Der Sektenbeauftragte des Ordinariats hatte dafür eine pikante Begründung parat: "Ein Predigt- oder Beichtverbot kommt einem Berufsverbot gleich." (Anm. MIZ-Red.: Beschäftigte im Sozialbereich, die wegen einer Scheidung mit Wiederheirat oder Zusammenlebens ohne Trauschein von der Kirche gefeuert werden, dürften eine solche Begründung als blanken Hohn empfinden!) Daneben führte der Sektenexperte einen höchst aufschlußreichen Grund an: Eine Maßregelung solcher Geistlichen würde "die Kirche ins Schisma (=Kirchenspaltung, MIZ-Red.) treiben", weil der innerkatholische Fundamentalismus gerade im Klerus von München schon so weit fortgeschritten sei, daß "er ganze Gemeinden und Klöster spaltet".
Auch die Deutsche Bischofskonferenz sah bisher keinerlei Grund zur Reaktion. Die Gründerin der Elterninitiative sandte ihr die gesammelten Schicksalsprotokolle der Opfer zu. "Dort gingen sie aber aus ungeklärten Gründen verloren." (Süddeutsche Zeitung, 14.4.93)
Das Opus Angelorum ist mit angeblich rund einer Million Anhängern (vorwiegend in Österreich, der Schweiz und Süddeutschland) die stärkste klerikal-fundamentalistische Kraft innerhalb der katholischen Kirche neben dem Vereinigten Apostolat Mariens, einem Zusammenschluß von 13 Gruppierungen, darunter die Opus-Dei-nahe Marianische Priesterbewegung und die extrem militante Katholische Pfadfinderschaft Europas, die jüngst Schlagzeilen machte, als sie trotz behördlicher Ablehnung in Alsmoos bei Augsburg eine frühere Diskothek heimlich zu einem "Internat" umbaute (Augsburger Allgemeine, 6.8.93; vgl. auch MIZ 2/93, Meldung 1744). Allen diesen Gruppen ist der Glaube an die unmittelbar bevorstehende Endzeit und an den Endsieg von Jesus gemeinsam.
Die Anhänger des Engelwerks glauben an eine System von etwa 400 guten und 200 bösen Geistern (darunter auch der "Teufel des Kirchenaustritts"). Böse Dämonen steckten z.B. in gefleckten Katzen, schwarzen Hennen, Schweinen, glatthaarigen Hunden sowie Ziegen, Affen, Ameisen und Kühen, während Hasen, Hirsche und Tauben sogar bei Neumond vor Verhexungen magischer Kräften gefeit seien. (vgl. dazu auch MIZ 2/89, Meldung 1169)
-
Grund für den Rückgang ist nicht nur die hohe Austrittsquote, sondern auch die geringe Taufrate bei den Geburten. (Südwest Presse Ulm, 26.4.93)
Anm. MIZ-Red.: In den ostdeutschen Ländern ist die Überalterung der Kirchenmitgliederschaft besonders deutlich: Die Hälfte ist über 60 Jahre alt, und nur noch etwa 10 % der Neugeborenen werden getauft.
-
Angebote von Sekten würden zwar neugierig in Augenschein genommen, aber nicht akzeptiert. Die Vorstellungen von einem Leben nach dem Tode sind "so gut wie gar nicht mehr gebunden an die christliche Auferstehungslehre". Die aus dem asiatischen Kulturkreis stammende Wiedergeburtstheorie, die im Westen bereits sehr einflußreich sei, beschränke sich im Osten "pikanterweise gerade auf die Kirchennahen". (Sonntagszeitung der Diözese Augsburg, 29.5.93)
-
Beachtet wurde auch die Stellungnahme vom Forum Krieg und Frieden, das die EKD in einer Resolution aufforderte, den Militärseelsorgevertrag aufzukündigen und nicht länger "Büttel des Verteidigungsministeriums" zu sein.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker warf dem Kirchentagspräsidium vor, den Bosnien-Krieg bei dem Treffen "bewußt" ausgeblendet zu haben. Der Vorsitzende Zülch erklärte, der Kirchentag sei "blind für den Völkermord an bosnischen Muslimen" gewesen. (Süddeutsche Zeitung, 14.6.93)
-
Da das Bundesverfassungsgericht 1985 den Kirchen eine weitgehende Autonomie bei der Gestaltung des Tendenzschutzes zugestanden hatte, ging das Gericht hier von einem Sonderfall aus. Eine wesentliche Rolle spielte dabei, daß der wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisstand der Sexualforschung der kirchlichen Sexuallehre entgegenstehe. In solchen Fällen widerspreche die Kirchenlehre der staatlichen Ordnung "ebenso, wenn sie die Heliozentrik der Himmelskörper leugnet, wie die naturwissenschaftlichen Grunderkenntnisse über die Geschlechtlichkeit des Menschen." Die von der Kirche geforderte Enthaltsamkeit könnten Homosexuelle in der Regel gar nicht wahren, "ohne ihrerseits daraus seelischen Schaden zu erleiden". "Kurz gefaßt", so das Gericht, "die geschlechtliche Betätigung in Formen, die die katholische Glaubenslehre mißbilligt, gehört zum menschlichen Regelverhalten. ... Dies (ist) ein Teil der menschlichen Natur."
Außerdem wies das Gericht darauf hin, daß der Kläger als Auszubildender zum Heilerziehungspfleger kein besonderer "Tendenzträger" sei.
Gegen das Urteil wurde Berufung zum Landesarbeitsgericht in Freiburg eingelegt. (AZ: 1 Ca 125/92) (Die Zeit, 25.6.93; Süddeutsche Zeitung, 7.5.93)
-
Die Zahl der Kirchenaustritte im 1. Halbjahr 1993 scheint wieder leicht rückläufig. In Augsburg-Stadt sank sie um 15 % auf 773 (gegenüber 906 im Vergleichszeitraum des Vorjahrs), nach bayernweiten Stichproben war die Abnahme mit 5 bis 10 % geringer.
Der Bund für Geistesfreiheit Augsburg betonte in einer Presseerklärung, damit sei immer noch das Niveau des Jahres 1991 erreicht, das bis dahin die weitaus höchste Austrittsrate aufwies. (Augsburger Allgemeine, 26.7.93; MIZ-Eigenmeldung)
-
Die Hamburger Bischöfin Jepsen warf der bayerischen Kirche deshalb "Anti-Judaismus" vor. (Politische Berichte, 24.7.93; Süddeutsche Zeitung, 31.7.93)
Erst wenige Wochen zuvor hatte der badische Landeskirchenrat einen Pfarrer ordiniert, dessen Berufung 1991 aus exakt demselben Grund abgelehnt worden war. Öffentliche Proteste hatten die Landeskirche dann aber zu einer Revision des Pfarrerdienstgesetzes veranlaßt. Danach "kann" nun von der Regel abgewichen werden, daß der Ehepartner einer christlichen Kirche angehören muß. (Süddeutsche Zeitung, 4.6.93)
-
Die auf umfangreichem, bisher z.T. nicht zugänglichem Material aus staatlichen und kirchlichen Archiven beruhende Arbeit zeigt, daß die kirchliche Anpassung schon früh vollzogen wurde. So distanzierte sich Thüringens Landesbischof Mitzenheim (der drei Tage nach dem Mauerbau 1961 den Vaterländischen Verdienstorden in Gold erhielt) vom Arbeiteraufstand am 17. Juni 1953 und bezeichnete ihn als "faschistische Provokation". Auch der Greifswalder Bischof Krummacher verpflichtete sich unter dem Decknamen "Martin" frühzeitig den Sowjets und trat später dem SED-gesteuerten Nationalkomitee freies Deutschland bei, von dem er als "ehrlicher Freund der Zusammenarbeit mit Kommunisten" eingestuft wurde. Später förderte der Staat gezielt jene Kräfte, die einen eigenen DDR-Kirchenbund gründen wollten, was 1969 gelang - "unter Federführung von Albrecht Schönherr, im Hintergrund Manfred Stolpe", so der Heidelberger Kirchengeschichtler.
Danach sei eine "systematische Vereinnahmung von Teilen der ostdeutschen Protestanten durch die Staatsführung" (Zitat Welt am Sonntag) erfolgt.
(Welt am Sonntag, 1.8.93)
Griechenland
-
Rund 90 % der über 10 Millionen Einwohner gelten (formal) als griechisch-orthodox. Lediglich auf den ionischen und ägäischen Inseln gibt es kleine katholische Gemeinden; im Norden des Landes wächst die moslemische Minderheit. (Süddeutsche Zeitung, 8.4.93; vgl. auch Meldung 1770 in MIZ 2/93)
Italien
-
Anm. MIZ-Red.: Gemäß dem Konkordat von 1984 müssen in Italien alle Steuerzahler 0,8 % ihrer Steuerschuld zusätzlich abführen, können aber wählen, ob sie den Betrag der Kirche, einer anderen Weltanschauungsvereinigung oder einer sozialen Organisation zukommen lassen. Nur etwa 44 % der Steuerpflichtigen kreuzen die katholische Kirche an. Selbst dann kassiert sie aber - mit ihrem ausdrücklichen, vertraglich fixiertem Einverständnis - nur knapp ein Zehntel des Anteils ihrer deutschen Schwesterkirche (0,8 % gegenüber 8 bzw. 9 % der Steuerschuld). Zum Vergleich: Die deutsche katholische Kirche kassiert, obgleich zahlenmäßig nur gut halb so groß, 1993 etwa 8 Milliarden DM, die Italiener kommen mit einem Zwölftel dieser Summe aus.
-
Noch bei den letzten Kommunalwahlen hatten katholische Bischöfe einen Wiederbelebungsversuch unterstützt, indem sie offen für die DC warben.
Kritiker sehen in diesem Schritt allerdings nur einen Wechsel des Etiketts, denn das christliche Programm der neuen Partei und sogar das Signet mit einem roten Kreuz auf weißem Grund sollen erhalten bleiben. (Augsburger Allgemeine, 23.7.93; Tagesspiegel Berlin, 27.7.93)
Niederlande
-
Der Vatikan bezeichnete laut seinem Organ Osservatore Romano eine solche Sterbehilfe als "Barbarei", die kennzeichnend für das Erbe der Aufklärung und des Rationalismus sei.
Die niederländische Regierung wies diese ausländische Kritik zurück. Besonders verärgert zeigte sich der katholische Ministerpräsident Lubbers, über den Kurien-Bischof Elio Sgreccia, der das Gesetz mit nationalsozialistischen Verhältnissen in Deutschland verglichen hatte: "Für Hitler waren die Juden oder die Geisteskranken nicht zweckdienlich, und für diesen Typ von Gesellschaft, die im Vergleich zu der Zeit Hitlers hedonistischer ist, gilt die gleiche Überlegung." (KNA, 22.2.93; Augsburger Allgemeine, 22.2.93)
Österreich
-
Die österreichischen Diözesen nahmen demnach 1991 4,4 Mrd. ÖS (etwa 630 Millionen DM) Kirchenbeiträge ein. Hinzu kommen etwa 80 Millionen DM sonstige Einnahmen (einschließlich Staatszuschüssen). Offiziell werden davon nur 1,5 Mio. DM als Abgaben an den Vatikan ausgewiesen.
Über die Verwendung der Gelder entscheidet letztlich der Ortsbischof allein. Kritisiert wurde das Beispiel des St.Pöltener Bischofs Krenn, der nach seiner Ernennung seine Privatwohnung für ca. 350.000 DM - aus Kirchenmitteln - herrichten ließ. Von den 4,4 Mrd. ÖS Kirchenbeiträgen werden angeblich 2,5 Mrd. (rund 60 %) für Gehälter und Verwaltung ausgegeben, weitere 0,8 Mrd. für Baumaßnahmen. Für die 313 katholischen Schulen werden 328 Mio. ÖS (45 Mio. DM) aufgewendet, für soziale Aufgaben bleiben nur 167 Mio. ÖS (28 Mio. DM), was einem Anteil von ganzen 3,8 % der Kirchenbeiträge entspricht.
Die Bezahlung der Seelsorger erfolgt überwiegend aus Kirchenbeitragsmitteln, doch werden Religionsstunden vom Staat vergütet. Als Beispiel wurde ein 52jähriger Pfarrer genannt, der eine 3100-Mitglieder-Pfarrei verwaltet und 12 Wochenstunden Religionsunterricht erteilt. Er bezieht monatlich 22.327 ÖS von der Diözese plus 13.825 ÖS vom Landesschulamt, zusammen also etwa 5.200 DM - netto wohlgemerkt. (Nicht erwähnt wurde die übliche Wohnmöglichkeit im Pfarrhaus zu äußerst niedrigen Mieten.) Über Bischofsgehälter wurden unklare Angaben gemacht.
Der Gesamtumsatz aller kirchlicher Institutionen wird auf etwa 30 Mrd. ÖS (4,3 Milliarden DM) geschätzt, der Reingewinn bleibt verborgen. Allgemein wurde bemängelt, daß nur schwer an verläßliche Finanzberichte heranzukommen sei. (Freidenker Schweiz, 8/93)
Anm. MIZ-Red.: In Österreich machen die Kirchenbeiträge nur 1,15 % der steuerlichen Bemessungsgrundlage aus, in Deutschland je nach Bundesland 8 oder 9 % der Steuerschuld. Daher liegen die Einkünfte der österreichischen Kirche auch im Verhältnis zur Mitgliederzahl nur bei knapp einem Drittel der deutschen katholischen Kirche. Dennoch kommt sie problemlos damit aus.
Die Gehälter deutscher Pfarrer liegen nicht wesentlich höher. Ein Pfarrer mit eigener Pfarrstelle wird üblicherweise nach Besoldungsstufe A 15 (also wie ein Regierungsdirektor) bezahlt. Das sind monatlich im vorliegenden Vergleichsfall etwa 8.000 DM (plus 13. Monatsgehalt, Urlaubsgeld und Mietersparnis), wovon etwa 200 DM Krankenversicherungsbeitrag sowie Steuern abgehen.
Polen
-
Seit 1992 mußten die Schüler zwischen den Fächern Religion und Ethik wählen, was den vom Parlament ernannten Bürgerbeauftragten Zielinski auf den Plan rief, der in einer Verfassungsklage u.a. die Benotung des Religions- oder Ethikunterrichts, den Zwang zum Besuch eines Ersatzunterrichts in Ethik, die Bezahlung der Religionslehrer durch den Staat und die Anbringung religiöser Symbole im Klassenzimmer monierte.
Kardinal Glemp kritisierte diese Verfassungsbeschwerde mit der Bemerkung, es sei "traurig und verletzend, daß die Religion vor den Verfassungsgerichtshof gezogen wird". Ferner stellte er einen Zusammenhang zu Angriffen auf die Kirche im Nationalsozialismus und im Kommunismus her. Zielinski warf Glemp daraufhin "Mißachtung des Verfassungsgerichts" und einen Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz vor. Anscheinend wolle die Kirche entscheiden, welches Urteil das Gericht im Streit um religiöse Angebote in der Schule zu fällen habe.
Tatsächlich gab das Verfassungsgericht Zielinski in drei von acht Punkten recht: Eltern und Schüler brauchen keine Erklärung zu unterschreiben, wenn die Kinder nicht am Religionsunterricht teilnehmen; sie müssen dann auch keinen Ethikunterricht besuchen. Und schließlich brauchen Religionslehrer auch keine bischöfliche Zulassung.
Kardinal Glemps Vorgehen stieß auch in den eigenen Reihen auf Kritik. Weihbischof Pieronek mahnte, die polnische Kirche sei "zu wenig offen" und ängstige sich "vor nicht überprüften Lösungen". Manche Kräfte in der Kirche glaubten immer noch, man könne nur durch "Dekrete von oben" führen. (Sonntagszeitung der Diözese Augsburg, 29.5.93; KNA, 17. u. 22.4. u. 7.5.93)
-
Die Bestimmungen bestätigen grundsätzlich die Trennung von Staat und Kirche, doch soll die kirchliche Eheschließung die gleiche Rechtsgültigkeit wie die Zivilehe erhalten. Umstritten war die Teilnahme am Religionsunterricht an staatlichen Schulen, der weiterhin freiwillig bleibt. (Süddeutsche Zeitung, 29.7.93)
Schweiz
-
Während sich 1980 nur 241.551 Schweizer als konfessionslos bezeichneten (3,79 %), verdoppelte sich ihre Zahl binnen eines Jahrzehnts auf 510.927 Einwohner (7,43 %). Zusätzlich stieg die Zahl derer, die keine Angaben machten (und nach aller Erfahrung der Gruppe der Konfessionslosen hinzuzurechnen sind), von 69.097 (1,09 %) auf 101.899 (1,48 %), so daß über 600.000 Schweizer (rund 9 %) keiner Kirche oder Sekte angehören.
Der Anteil der großen Kirchen nahm unterschiedlich ab. Die protestantische mußte einen Rückgang von 44,33 auf 39,98 % hinnehmen, die römisch-katholische verzeichnete nur eine geringe Einbuße (von 47,60 auf 46,15 %) und nahm absolut sogar leicht von 3,03 auf 3,17 Mio. Mitglieder zu; die Gesamt-Einwohnerzahl stieg allerdings wesentlich deutlicher von 6.365.960 auf 6.876.687. Der Anteil der gleichfalls privilegierten christkatholischen (=altkatholischen) Kirche sank rapide von 0,26 auf 0,17 %, während die Moslems von 0,89 auf 2,21 % zunahmen.
Die absolute Hochburg der Konfessionslosen ist Basel, wo sie mit 34,51 % (+ 0,27 ohne Angabe) die Protestanten (32,10) und Katholiken (25,43) bereits übertreffen. Stark sind sie auch in Genf (18,97 + 5,02 %), Neuchatel (14,84 + 1,48 %) und Zürich vertreten, wo sie im Kanton allerdings nur auf 7,94 + 1,42 % kamen. Überdurchschnittlich repräsentiert sind Konfessionslose noch in den Kantonen Basel-Land (9,84 + 0,63 %), Schaffhausen (9,77 + 0,95 %) und Waadt (9,28 + 2,39 %). (MIZ-Eigenmeldung aufgrund einer ersten Übersicht des Schweizer Bundesamts für Statistik)
Anm. MIZ-Red.:
2. Die hohe Zahl von Austritten in Basel-Stadt und Basel-Land hängt auch mit dem dortigen Kirchensteuer-Einzugssystem zusammen: Dort zieht nicht der Staat ein, sondern die Beiträge werden vom Konto abgebucht und jährlich abgerechnet, weshalb die Summe deutlicher ins Auge sticht.
3. Seit 1990 stiegen auch in der Schweiz die Austrittszahlen deutlich an, so daß der Anteil der Konfessionslosen mittlerweile über 10 % liegt.
Tschechische Republik
Vatikan
-
Hintergrund der Entscheidung sind Erbfragen: Falls das Fürstenhaus Grimaldi ohne gültigen männlichen Erbfolger bleibt, fällt das Fürstentum Monaco an Frankreich.
-
Demnach habe sich eine Besucherin während einer Audienz vor Wojtyla "schreiend auf dem Fußboden gewälzt", woraufhin der Papst spontan exorzierende Gebete gesprochen habe. (Augsburger Allgemeine, 21.7.93)