1996 - Meldungen 2348-2399
von Gerhard Rampp
Europa
Deutschland
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Eine weitere Dokumentation erschien im Verlag der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung über das Verhalten der Pfarrer und Kirchenoberen in Kurhessen-Waldeck. Herausgeber Martin Hein führte aus, daß politisch motivierter Widerstand so gut wie nicht existierte. Zur Verfolgung jüdischer Mitbürger ließ sich kaum ein kritisches Wort finden, während sich bei Einschnitten in die innere Organisation der Kirche sofort Widerspruch regte. (Frankfurter Rundschau, 13.u. 14.5.96)
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Bisher nahmen 1 800 Exorzismus-Touristen an den Fahrten teil, jeden Monat kommen 50 hinzu. Die Diözese Augsburg verweigert nicht nur die Genehmigung, sondern warnt sogar vor der Teilnahme. Zwar lehnt sie Teufelsaustreibungen nicht generell ab, doch könnten diese nur eine Ergänzung zu einer ärztlichen Behandlung darstellen. Der "Sektenexperte" der Diözese meinte, wenn jemand ein psychisches Problem habe, werde fälschlicherweise oft ein Dämon verantwortlich gemacht. Wer einmal zum Exorzismus gegangen sei, gerate häufig im wahrsten Sinne des Wortes in einen "Teufelskreis". Daraus könne eine regelrechte Abhängigkeit entstehen, ohne daß das eigentliche Problem beseitigt werde. "Gefragt wären eigentlich Psychologen oder Psychiater." (Augsburger Allgemeine, 25.7.96)
Anm. MIZ: Diese sonst treffende Analyse des "Sektenpfarrers" unterschlägt freilich, daß die gleiche Abhängigkeit auch durch die Forderung entsteht, sich ständig durch Beichten von Sünden zu reinigen, um nicht im Zustand der "schweren Sünde" zu sterben. Außerdem fördert die Kirche das Exorzismus-Unwesen solange, wie sie die prinzipielle Möglichkeit zu Teufelsaustreibungen bejaht. Strittig bleiben dann nämlich nur die Modalitäten, unter denen das Ritual stattfindet. Wie absurd die ganze Teufelsbesessenheits-Theorie ist, zeigte der Theologe Herbert Haag schon vor Jahren an einem einfachen Phänomen auf: "Noch nie hat etwa ein Atheist behauptet, er sei vom Teufel besessen, obwohl doch ein Teufel dort viel leichter einen Platz fände."
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Nach Auffassung der Katholischen beitnehmer-Bewegung (KAB) "stehen die Bischöfe immer noch auf der falschen Seite". Das von den Bischöfen akzeptierte Sparpaket der Bundesregierung sei "ein weiterer Schritt im Sozialabbauprogramm". Daher "warnt die KAB die Bischöfe davor, den praktischen Sozialabbau auf Kosten der Ärmsten, ebenso wie dies die Bundesregierung tut, als Transformation sozialer Leistungen zu verschleiern". (Frankfurter Rundschau, 28. u. 30.9.96)
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Inzwischen ermittelt die Darmstädter Staatsanwaltschaft nach Angaben von Focus gegen den Mainzer Bischof Lehmann und Domkapitular Einig. Beide stehen im Verdacht, von den schweren Mißhandlungen im katholischen St.-Josefs-Haus in Groß-Zimmern gewußt und nichts unternommen zu haben. Vier Erzieherinnen hatten zunächst Einig über die brutalen Methoden informiert. Als keine Reaktion erfolgte, fuhr eine Erzieherin am 6.4.92 zu Lehmann. Der Bischof habe zugesagt, sich um den Fall zu kümmern, doch geschehen sei nichts. (Süddeutsche Zeitung, 11.10.96; Focus, 25.11.96 u. 13.1.97)
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Anm. MIZ: Ein aktueller Vergleichsfall von ähnlicher Schwere: Das Landgericht Essen hatte sich mit einem Taxifahrer zu befassen, der laut Anklage vier 13- bis 17jährige Mädchen in 61 Fällen sexuell genötigt hatte. Der Mann hatte mit der Anwendung von schwarzer Magie und Voodoo-Zauber gedroht. In diesem Fall erkannte das Gericht auf eine Haftstrafe von fünf Jahren. (Augsburger Allgemeine, 7.11.96)
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Dennoch gehen die Kirchen von rückläufigen Einnahmen aus. Nach der evangelischen Kirche (vgl. MIZ 4/96, Meldung 2329) kündigte nun auch der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz an, die Kirche werde sich aus solchen Sozialdiensten zurückzuziehen, die von ihr in nennenswertem Maße mitfinanziert werden. Kritik daran wurde sowohl inner- wie außerkirchlich laut. Pfarrer warfen den Kirchen vor, sich nicht genügend für die Armen einzusetzen, weil sie ausgerechnet dort am meisten sparten, wo sie ihnen helfen könnten. Kirchenkritiker erinnerten daran, daß der Löwenanteil der Kosten ohnehin von der öffentlichen Hand, den Sozialträgern und den betroffenen Nutzern bezahlt werden. Der Kölner Generalvikar Feldhoff betonte ausdrücklich, die Entlassung von Mitarbeitern in die Arbeitslosigkeit lasse sich "sehr wohl" mit der katholischen Gesellschaftslehre vereinbaren.(Frankfurter Rundschau, 19.9.96; Süddeutsche Zeitung, 9.11. u. 23.12.96; KNA, 18.1.97)
Anm. MIZ: Als öffentliche soziale Einrichtungen betreiben die Kirchen vor allem Kindergärten, Sozialstationen, Krankenhäuser und Altenheime.
Kindergärten werden je nach Bundesland unterschiedlich finanziert. Bereits am 3.10.89 meldete die Katholische Nachrichten Agentur, drei Viertel der Kosten würden aus öffentlichen Mitteln gedeckt. Rechnet man einen Elternbeitrag von 15% hinzu, blieb den Kirchen schon damals nur ein Restanteil von 10%, der sich inzwischen noch verringert hat, weil die Kommunen vielfach zu freiwilligen Zusatz-Subventionen übergegangen (bzw. genötigt worden) sind. Zum Betrieb der Sozialstationen leisten die Kirchen einen Eigenanteil von 12% (vgl. MIZ 2/93, S.25). Zu Krankenhäusern und Altenheimen schießen sie praktisch überhaupt keine Kirchensteuermittel zu; der minimale Anteil, der als "Eigenmittel" deklariert wird, stammt in der Regel gar nicht von den Kirchen, sondern von zweckgebundenen Spenden oder Erbschaften. Was also soll die "Drohung" der Kirchen mit dem Rückzug aus sozialen Einrichtungen anderes sein als eine genau kalkulierte Irreführung der Öffentlichkeit?
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Der Fuldaer Erzbischof Dyba vertrat die Auffassung, "eindeutig homosexuell geprägte Männer" besäßen nicht die Eignung zum Priester. Der evangelische Theologe Pannenberg gab aus Protest sein Bundesverdienstkreuz zurück, weil der Orden auch verliehen wurde an "zwei Personen, die die Gleichberechtigung von Homosexuellen und ihren Lebensgemeinschaften in Kirche und Gesellschaft betreiben".
Noch schwereres Geschütz fuhr der katholische Generalvikar Elmar Fischer auf. Einem Bericht des Österreichischen Rundfunks zufolge meinte er, Homosexuelle seien häufiger geisteskrank als Heterosexuelle. (Stimmen der Zeit 10/96, S. 681 ff.; Augsburger Allgemeine, 4. u. 14.11.96; KNA, 9. u. 15.1.97; Sonntagszeitung, Kirchenzeitung der Diözese Augsburg, 12.1.97; Welt am Sonntag, 25.1.97; vgl. auch MIZ 1/91, Meldung 1354, und 1/93, Meldung 1725)
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Allein die Herstellung des Heftes kostete 170.000 DM, hinzu kam nach Einschätzung von Fachleuten mindestens die gleiche Summe für die sonstigen Kosten. Fliege bekräftigte seine Haltung kurz danach in einem Focus-Interview. (Frankfurter Rundschau, 7.11.96; Süddeutsche Zeitung, 7.11.96; Welt am Sonntag, 10.11.96; Focus, 11.11.96)
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Eine ehemalige SED-Funktionärin hoffte bereits zuvor vergebens, ihre Entlassung aus dem Schuldienst mit dem Hinweis auf Gottesdienstbesuche anfechten zu können. Das Bundesarbeitsgericht urteilte (AZ: 8 A7-R 12/94), die bloße Teilnahme an Gottesdiensten sei noch nicht als "aktiver Beitrag zur demokratischen Wende oder zumindest als Zeichen der Abkehr von den Zielen der SED" aufzufassen. (Frankfurter Rundschau, 25.5.96; Welt am Sonntag, 10.11.96)
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Der Bund für Geistesfreiheit Bayern forderte das Landes-Kultusministerium auf, diesem Beispiel zu folgen. Immerhin hätten sich sogar die Kirchen selbst mit dieser Kürzung einverstanden erklärt. (KNA, 9.11.96; Presseerklärung des bfg Bayern, 17.11.96)
Anm. MIZ: In den letzten Jahren wurde die 3. Religionsstunde - die es durchweg nur in den Klassen 2 bis 4 gab - bereits im Saarland, in Hessen und in Rheinland-Pfalz gestrichen. Nur Bayern und Baden-Württemberg machen eine Ausnahme.
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Der Landesverband unterhielt fünf Kindertagesstätten, zwei Jugendhäuser, einen Jugendclub und ein Wohnprojekt, die sich bisher dank öffentlicher Zuwendungen über Wasser halten konnten. Da der Verband aber nahezu ohne Eigenmittel operiert, überraschte der Zusammenbruch die Fachleute nicht. Die Zukunft der 186 Beschäftigten blieb zunächst völlig unklar; einige von ihnen hatten schon seit November kein Gehalt mehr bekommen. Die Jugendweihe-Veranstaltungen sollen aber wie geplant durchgeführt werden. (Mitteldeutsche Zeitung, 14.12.96)
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Die bayerische Landeskirche startete eine Unterschriftenaktion, bei der sie 205.000 Unterstützer gewinnen konnte. Der bfg Bayern konterte, das seien nicht einmal 10% aller bayerischen Protestanten. Dabei sei die jetzige Regelung ein sinnvoller Kompromiß. "Wer den Bußtag als Feiertag haben und dafür auf einen Urlaubstag verzichten will, hat darauf bereits jetzt einen Rechtsanspruch. Es geht aber nicht an, daß dieser - schon erfüllte - Wunsch einer Minderheit all jenen aufoktroyiert wird, die einen Urlaubstag zu einem anderen Zeitpunkt vorziehen." Die Kirche wolle offenbar die Nichtgläubigen treffen. Ministerpräsident Stoiber versprach dennoch, einen entsprechenden Vorstoß im Bundesrat zu unternehmen.
In Rheinland-Pfalz startete die Landeskirche am 17.1. ein Volksbegehren zum selben Zweck. Sie benötigt dafür zunächst 20.000 Unterschriften.
(Süddeutsche Zeitung, 19.12.96; Augsburger Allgemeine, 19. u. 28.12.96; Presseerklärung des bfg Bayern vom 19.12.96; epd-Wochenspiegel, 20.1.97)
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Bayernweit gab es 1995 genau 32.937 Austritte aus der katholischen und 18.786 aus der evangelischen Kirche. Die Zahl der Eintritte (einschließlich Erwachsenentaufen) lag bei 2.317 bzw. 4.432. Damit schrumpfte der katholische Anteil bis Ende 1995 auf 62,4%, der evangelische auf 22,5%. (MIZ-Recherchen; Süddeutsche Zeitung, 28.12.96)
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Die Geschäftsführerin des kirchennahen Demoskopie-Instituts Allensbach, Renate Köcher, bezeichnete die Kirchenaustritte als "nicht dramatisch". Zwar erwartet sie in den nächsten 20 Jahren in Westdeutschland einen Rückgang des konfessionsgebundenen Bevölkerungsanteils von "über 80%" (tatsächlich sind es derzeit nur mehr 77%, Anm. MIZ) auf "rund 60%". Das Potential der "Austrittsanfälligen" bezifferte sie für beide Kirchen zusammen auf 21%. Andererseits starrten die Kirchen zu sehr auf Quantitäten. "Die Vitalität einer Religionsgemeinschaft hängt nicht von Mehrheiten ab", meinte die Demoskopin. Sie widersprach auch der Meinung, in der Gesellschaft herrsche ein kirchenfeindliches Klima. Vielmehr hätten die Christen selbst eine große Scheu entwickelt, ihren Glauben in der Öffentlichkeit zu vertreten. (MIZ-Recherchen; Frankfurter Rundschau, 30.9.96; KNA, 15.1.97; Sonntagszeitung, Kirchenzeitung der Diözese Augsburg, 26.1.97)
Anm. MIZ: Offensichtlich geht Frau Köch er von einem anderen Kirchenbegriff aus als die Vertreter der Amtskirchen. Wenn sie "Kirche" als Gemeinschaft der gläubigen Christen versteht, kommt es in der Tat nicht auf die Zahl an. Wenn es aber Ziel der Kirchen wäre, möglichst starken Einfluß auf die Gesamtgesellschaft auszuüben und dabei auch die eigene Stellung in der Gesellschaft zu verteidigen? Dann wäre ein Schrumpfen der Mitgliederzahl um ein Viertel binnen 20 Jahren geradezu eine Katastrophe.
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Auf die Spur des geheimen kirchlichen Reichtums kam das langjährige Mitglied des Diözesan-Kirchensteuerausschusses, Josef Funk, der zahlreiche Belege über die "schwarzen Kassen" seiner Kirche sammelte. Das Fazit des gläubigen Katholiken: "Die Bischöfe brauchen weder Kirchensteuer noch die Gläubigen. Ihr Geld reicht aus, um auch so weiterzumachen - mit verheerenden Folgen für ihre Einstellung zum Kirchenvolk". Funk kritisierte auch das "unausrottbare Märchen", die sozialen Einrichtungen der Kirchen würden im wesentlichen aus Kirchensteuern bezahlt. "Alle diese Einrichtungen werden bis zu 100 Prozent von Staat, Krankenkassen und anderen bezahlt." Krankenhäuser könnten sogar zur Quelle stetiger Einnahmen werden. Funk: "Die Träger erhalten die üblichen Tarife, die kirchlichen Orden als Besitzer geben ihren Schwestern aber nur ein Taschengeld weiter."
Finanzexperten fanden überdies heraus, daß die über 400 Millionen DM, die der Vatikan 1984 als Entschädigung für den Zusammenbruch der Banco Ambrosiano zu zahlen hatte, von dem ehemaligen Spitzen-Bankier und Ritter vom Heiligen Grab, Hermann Abs, aus den deutschen Diözesen organisiert worden war. Noch heute trage "Deutschland einen großen Teil" der Kosten, gestand der heutige Leiter des vatikanischen Haushalts- und Wirtschaftsrats, Kardinal Szoka. (Focus, 30.12.96; vgl. auch MIZ, 4/94, Meldung 2005)
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Grundsätzlich rügt der bfg, daß das seit 1.1.96 geltende Gesetz "dem Staat die Rechtspflicht auferlegt, in jedem Volksschul-Klassenzimmer ein Kreuz anzubringen, ohne daß es für eine solche Verpflichtung einen verfassungsrechtlich einleuchtenden Grund" gebe. Außerdem verstoße das Gesetz gegen das Neutralitätsgebot des Staates (Art. 107 der Bayerischen Verfassung), weil es einseitig zugunsten einer bestimmten Glaubensrichtung Partei ergreife, deren Glaubenssymhol das Kreuz sei. "Sogar der Gesetzgeber räumt ein, daß das Anbringen eines Kreuzes einen Grundrechtseingriff darstellt, sonst hätte er keine flankierenden Bestimmungen über das Widerspruchsrecht und die Einzelfallregelung aufnehmen brauchen."
Auch im Detail weist das Gesetz nach Auffassung des bfg verfassungswidrige Elemente auf. So zwingt die erwähnte Widerspruchsregelung Schüler, Eltern und Lehrer, die ein staatlich verordnetes Schulkreuz nicht akzeptieren, ihre religiös-weltanschauliche Auffassung - entgegen Art. 107 Abs. 5 S. 1 der Bayerischen Verfassung - offenzulegen und sich darüber hinaus "im ausforschenden Gespräch" einem "weltanschaulichen Rechtfertigungszwang" auszusetzen. Außerdem sei der Landesgesetzgeber nicht berechtigt, ein Gesetz zu erlassen, das den bekannten Beschluß des Bundesverfassungsgerichts genau konterkariere. (Pressemitteilung des bfg Augsburg vom 3.1.97)
Anm. MIZ: Die große Mehrheit der bayerischen Verfassungsrichter wird von der CSU ernannt. Dennoch hofft der bfg, daß auch regierungsnahe Juristen solch offensichtliche Rechtsverletzungen nicht einfach unter den Teppich kehren.
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Hintergrund des Vorstoßes ist die Prognose der EKD-Planungsgruppe, daß sich bis zum Jahr 2030 die Zahl der evangelischen Kirchensteuerzahler halbiert. Noch pessimistischer ist der Leiter der Expertenrunde, Oberkirchenrat Schloz: Er weist darauf hin, daß zu diesem Zeitpunkt "deutlich weniger als die Hälfte derjenigen, die heute die Finanzierung tragen, dafür in Frage kommen."
Der Synodenpräsident der Berlin-brandenburgischen Landeskirche räumte allerdings auch ein, daß die Kirche "schlecht gewirtschaftet" habe. (epd-Wochenspiegel, 20.1.97; Welt am Sonntag, 26.1.97; Berliner Zeitung, 16.1.97; vgl. auch MIZ 2/95, Meldung 2078)
Anm. MIZ: Die Kirchen behaupten immer wieder, das an die Steuerlast gebundene Kirchensteuersystem sei besonders gerecht. Sie müssen sich aber vorhalten lassen, daß gerade diese Ortskirchensteuer oder das in manchen Bundesländern erhobene Kirchgeld extrem unsozial sind.
Frankreich
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Die deutsche Quelle spricht von einem "bestürzenden Glaubenszusammenbruch". 1987 glaubten unter den sich als katholisch definierenden Befragten 21% nicht an Gott, 57% nicht an die "Auferstehung am Ende der Welt", 70% nicht an die Hölle. An diesen Daten änderte sich zwar bei aktuelleren Umfragen fast nichts, doch ist der Anteil der Katholiken allein zwischen 1986 und 1994 von 81 auf 67% geschwunden. (La Nef, Juli/August 1996; Informationsblatt der Priesterbruderschaft St. Petrus, 11/96; vgl. MIZ 3/94, Meldung 1968 und 4/96, Meldung 2332)
Großbritannien
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Anm. MIZ: Bei so hohen ethischen Ansprüchen könnte die Kirche ebensogut Beteiligungen an Bordellen erwerben, um dort für mehr Moral zu sorgen. Und auch des Bischofs Zusatz-Begründung gilt entsprechend.
Italien
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In einer Benediktinerabtei bei Parma wurde ein 66jähriger katholischer Priester verhaftet, weil er nach Polizeiangaben als Drogenkurier der Mafia gearbeitet hat. Die Fahnder entdeckten ihn mit 4 kg Kokain, die in einer Madonnenstatue versteckt waren.
In Monreale auf Sizilien steht sogar der Erzbischof selbst unter Anklage. Salvatore Cassisa werden nicht nur Kontakte zur Mafia, sondern auch Korruption und Subventionsbetrug vorgeworfen. Laut der Staatsanwaltschaft von Palermo hat der 75jährige von einem Bauunternehmer umgerechnet 3800 DM Bestechungsgeld angenommen, damit dieser den Auftrag für Renovierungsarbeiten an der Kathedrale erhält, und die Größe der kirchlichen Weingüter zu hoch angegeben, um höhere EU-Subventionen zu erhalten. Die Machenschaften des Kirchenfürsten waren zunächst zwei Jahre lang von der italienischen Bischofskonferenz gedeckt worden.
Inzwischen erschüttert ein weiterer Fall die italienische Öffentlichkeit. Eine Strafkammer in Marsala verurteilte einen Architekten und einen Unternehmer zu Bewährungsstrafen, weil sie durch Bestechung versucht hatten, Bauaufträge des Bistums Mazaro zu ergattern. Ein Priester der Diözese gab an, der Bischof habe von den Bestechungen gewußt. Dieser verweigerte dazu die Aussage. Die Staatsanwaltschaft behielt sich vor, gegen den Oberhirten ein Verfahren wegen Falschaussage einzuleiten. (Frankfurter Rundschau, 8.1. u. 3.4.96; KNA, 15.1.97; vgl. auch MIZ 1/94, Meldung 1902)
Bereits in den 80er Jahren wurden mehrfach Geistliche verhaftet, die für Mafiosi Kassiber in Gefängnisse geschmuggelt hatten.
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Anm. MIZ: Auch in Aachen wird alle sieben Jahre eine "Windel Jesu" in feierlicher Prozession durch die Straßen getragen. Beide Windeln wurden aber noch nicht auf braune Spuren hin untersucht. Dabei müßte doch jeder Jesus-Anhänger entzückt sein, wenn er endlich einmal ein direkt vom Meister stammendes Andenken bewundern könnte (getreu nach dessen Motto "An meinen Früchten sollt ihr mich erkennen")!
Liechtenstein
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Interessenten müssen zu Lebzeiten einen Fragebogen mit persönlichen Angaben ausfüllen, der später als Identifikationsmerkmal dient. Wer glaubt, schon einmal gelebt zu haben, kann sich an die Stiftung wenden. Wenn drei "anerkannte Reinkarnationstherapeuten" feststellen, daß der "Wiedergänger" mit einer Person übereinstimmt, die vorher einbezahlt hat, soll er sein Kapital verzinst zurückerhalten. (Daß Mitarbeiter der Stiftung ihr Insiderwissen dazu benutzen können, sich oder Angehörige als Wiedergeborene von besuchten Anlegern auszugeben, ist allerdings keinesfalls auszuschließen, Anm. MIZ.) Die Mindesteinlage beträgt 200.000 DM. "Einige Privatleute, darunter Amerikaner und Japaner, hätten bereits Interesse angemeldet.
Der Bayerische Anwaltsverein hält die Stiftung für rechtlich "vollkommen neu und ungesichert", zumal die Rechtsfähigkeit eines Menschen nach deutschem Recht mit dem Tod ende. "Keine Scharlatanerie, nach liechtensteinischem Personen- und Gesellschaftsrecht möglich", urteilt hingegen der Schweizer Anwalt der Stiftung.
Laut Umfragen glaubt mindestens jede(r) siebte Deutsche an die Wiedergeburt. Das bischöfliche Ordinariat Augsburg meinte dazu: "Nach christlichem Glauben ist so etwas absoluter Humbug. Jeder Mensch ist einzigartig und lebt nur einmal." (Süddeutsche Zeitung, 30.9.96)
Anm. MIZ: Von "absolutem Humbug" zu sprechen, steht gerade Christen nicht zu. Zum einen glauben ausgerechnet die Kirchenmitglieder in weit höherem Maße als Konfessionsfreie an diese Spekulation, zum anderen ist die christliche Theorie von der Existenz einer menschlichen Seele, die zwar einen Anfang, aber kein Ende habe, logisch noch weit weniger nachvollziehbar als die Reinkarnationslehre.
Österreich
Rußland
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Der Skandal wäre vermutlich noch jahrelang verborgen geblieben, hätte ihn nicht der Reformpolitiker Gleb Jakunin, der als Priester von seiner Kirche Amtsverbot erhielt, durch eine Anzeige ans Licht gebracht. Der Parlamentsabgeordnete forderte die Generalstaatsanwaltschaft auf, das Moskauer Patriarchat wegen krimineller Machenschaften aufzulösen. Mit dem Tabakhandel verstoße die Kirche gegen das Gesetz über nichtkommerzielte Organisationen. (Focus,11.11.96)
Schweiz
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Anm. MIZ: Leider scheint den Schweizer Freidenkern bis jetzt noch nicht aufgefallen zu sein, daß die Einführung eines solchen Ersatzpflichtfachs ein glatter Bruch des Verfassungsrechts auf Religionsfreiheit darstellt. Da zum Religionsunterricht niemand gezwungen werden darf und mithin eine Originalpflicht zu dessen Besuch nicht besteht, kann es auch keine Ersatzpflicht geben.
Tschechien
Vatikan
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Während der Vatikan die Kontakte herunterspielte und meinte, es werde nur geprüft, ob "eine ganz pragmatische Kooperation von Radio zu Radio möglich" sei, wurde Larijani konkreter. In Radio Teheran verkündete er, es sei im Westen wie im Osten wichtig, die Moral in allen Sendungen zu respektieren, um die Grundlagen der Familie zu erhalten. Die "Teile der westlichen Massenmedien, die unter kapitalistischer und zionistischer Kontrolle" stünden, übten einen schlechten Einfluß aus. Der Vatikan, so der Direktor des staatlichen iranischen Rundfunks und Fernsehens, müsse als geistige Kraft im Westen gegen die Gefahren angehen, die von solchen Medien drohten. Pater Borgomeo versicherte seinem iranischen Gesprächspartner, der Papst sei ebenso gegen Unmoral wie die Islamische Republik Iran und kämpfe gegen den moralischen Niedergang im Westen an.
Der Heilige Stuhl und Iran unterhalten seit einigen Jahren diplomatische Beziehungen und haben bei der Weltbevölkerungskonferenz 1994 in Kairo eng zusammengearbeitet. Seitdem pflegen beide Seiten regelmäßige Kontakte auf theologischer Ebene. (Süddeutsche Zeitung, 23.7.96)
Nordamerika
Kanada
USA
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Die Michigan Miliz bekommt vor allem vom weißen unteren Mittelstand Zulauf, der sich durch europäische und asiatische Konkurrenz in seiner Existenz bedroht sieht. Die ebenso militante wie bibelfeste Endzeitsekte wird daher von Fachleuten als keineswegs untypische amerikanische Erscheinung betrachtet. (Frankfurter Rundschau, 6.2.96; ZDF, 6.2.96, 22.15 Uhr: Nur mit der Waffe kann ich leben)
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Anm. MIZ: Die religiös motivierten Lebensschützer der USA lehnen nicht nur Abtreibungen ab, sondern bekämpfe ebenso vehement auch das Recht auf Freitod - bei anderen. Dieses Beispiei bestätigt einmal mehr: Je fanatischer und irrationaler eine religiöse Doktrin vertreten wird, umso häufiger sind Fälle von Widersprüchlichkeit und Doppelmoral zu beobachten.
Lateinamerika
Mexiko
Asien
Ägypten
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Der Professor für Islam-Wissenschaften und arabische Literatur hatte in mehreren Schriften die "nicht mehr zeitgemäße" Auslegung des Islam kritisiert. Sowohl er als auch seine Frau, die Französisch-Professorin Ibtihal Yunis hatten mehrfach betont, sie seien beide überzeugte und gläubige Muslims. Bei der Verhandlung des Kassationsgerichts waren sie nicht anwesend, weil sie sich nach Holland ins Exil abgesetzt hatten. Die Scharia fordert für den Abfall vom Islam die Todesstrafe, die nach Auslegung eines Teils der islamischen Rechtsgelehrten von jedem gläubigen Muslim vollzogen werden darf (Süddeutsche Zeitung, 27.9. u.21.12.96)
Anm. MIZ: Daß der Koran - je nach Auswahl der Stellen - für tolerante wie für intolerante Interpretationen Raum läßt, ist eine Binsenweisheit. Experten sehen in dem Streitfall einen Machtkampf um die Herrschaft über die "richtige" Auslegung der islamischen Quellen.
Indien
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Ob die katholische Klosterschwester - aus eigener praktischer Erfahrung klüger geworden - nun auch für ein allgemeines Selbstbestimmungsrecht anderer Menschen beim Sterben eintritt, war leider nicht zu erfahren. (Süddeutsche Zeitung, 27.11.96)
Iran
Japan
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Ebenso wird ihm der Auftrag zum Mord am Sektenkritiker Tsutsumi Sakamoto angelastet, nachdem ihm vom Chef des Fernsehkonzerns Tokyo Broadcasting Inc. (TBI) ein Video zugespielt worden war, das ein - später nie gesendetes - Interview mit dem Rechtsanwalt enthielt. Der TBI-Chef Isozaki mußte eine Woche nach seinem Eingeständnis zurücktreten. (Süddeutsche Zeitung, 21.6.96; Frankfurter Allgemeine, 6. u. 10.4.96)