Das Leben ist in Gottes Hand?

Thesen von Susanne Dehmel, DGHS, zum Workshop "Selbstbestimmtes Sterben, Tod und Trauerkultur in der säkularen Gesellschaft"

Viele Menschen wünschen sich eine Gestaltung ihres Lebensendes nach den­selben Grundsätzen, die auch ihr Leben bestimmt haben: Ein Dasein in Autonomie und freier Willensentscheidung, möglichst unbeeinflusst von Überzeugungen und

Werten, die nicht die eigenen sind. Ein selbstbestimmtes menschenwürdiges Ster­ben gehört dazu, aber was darunter konkret zu verstehen ist, darüber herrscht keineswegs Einigkeit.

Diskutiert wird über Schlagworte wie Hilfe im, Hilfe beim oder Hilfe zum Ster­ben, dahinter verbergen sich komplexe, ethische, medizinische und juristische Auseinandersetzungen. Im Kern geht es letztlich um die Frage, wer das Ver­fügungsrecht über das (eigene) Leben hat. Die Meinungsführer wichtiger gesell­schaftlicher Gruppen wie Ärzte, Kirchen oder Politiker verfechten i.d.R. den Grund­satz: Das Leben ist in Gottes Hand und nur er darf darüber verfügen. Somit ist in dieser Hinsicht unsere Gesellschaft keines­wegs säkular orientiert, ungeachtet der Tatsache, dass auch die Mehrheit der evangelischen und katholischen Christen in Deutschland für sich das Recht bean­sprucht, am Lebensende selbst zu ent­scheiden.

Die DGHS setzt sich dafür ein, dass jedem Menschen ein Sterben nach seinen individuellen Vorstellungen ermöglicht wird. Sie respektiert individuelle religiöse Überzeugungen, fordert aber gleichzeitig auch den Respekt vor Patienten, die auto­nom ihren Sterbeprozess gegebenenfalls abkürzen (lassen) möchten. Im Endeffekt geht es um Toleranz, doch die Kirchen­sicht dominiert häufig den Sterbealltag. Ärzte, Pflegekräfte und Vormundschafts­richter sind diejenigen, die entscheiden, ob lebenserhaltende Maßnahmen eingestellt werden oder nicht. Im Dunstkreis willkür­licher Auslegungen und rechtlicher Grau­zonen wuchert die Fremdbestimmung. Die DGHS fordert seit Jahren eine umfassende gesetzliche Regelung der Sterbebegleitung und -hilfe, damit der Anspruch auf ein wirklich selbstbestimmtes Sterben abge­sichert wird.