Bericht des Präsidenten des Landeskirchenamtes

Aus den Unterlagen der 23. Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens - Frühjahrstagung 1990

Ergänzend zu den den Synodalen vorliegenden Materialien zu Finanz- und Wirtschaftsfragen benannte der Präsident des Landeskirchenamtes, Hans-Dieter Hofmann, einige Fakten und Folgerungen.

  1. Das Kirchensteueraufkommen von 1989 wird annähernd 42 Mio Mark betragen, davon verbleiben den Kirchgemeinden 24 Mio Mark. Hinzu kommen 11 Mio Mark Kollekten und Spenden, freilich müßten 27 Mio Mark in den Kirchgemeinden für Personalkosten ausgegeben werden, Das sind 77% des Kirchensteuer-, Kollekten- und Spendenaufkommens der Kirchgemeinden.
  2. In der Landeskirche konnte der Haushalt (1990: ca. 22 Mio Mark) ohne Westmittel finanziert werden. Die etwa jährlich 4,6 Mio Mark aus den Kirchen der Bundesrepublik - die die Kirchen nur in Mark der DDR erhalten haben - wurden für Sonderausgaben vor allem im Bauwesen und für andere außerplanmäßige Beihilfen verwendet.
  3. Auf die Kirche kommen enorme Belastungen zu. Der zu erwartende Umtauschsatz kirchlicher Gelder im Verhältnis 2:1, der Wegfall der staatlichen Subventionen (vor allem im Bauwesen) und die steigenden Personalkosten sind von dem derzeitigen Steueraufkommen nicht zu finanzieren.
  4. Die Übernahme des Steuereinzugsverfahren der Bundesrepublik (Abzug vom Lohn bzw. Gehalt als Dienstleistung der Finanzämter für die Kirchen) bringt Hoffnung - so Hofmann -, wenigstens mittel- oder langfristig wieder auf eigenen Füßen zu stehen, Das System garantiere ein hohes Maß an Steuergerechtigkeit und setze in den Gemeinden Kräfte zu wirklich missionarischen und seelsorgerlichen Besuchen frei. Das Kirchgeld für "Nichteinkommensteuerpflichtige" (in Sachsen etwa 50% der Steuerzahler) werde weiter von der Kirche einzuheben sein.
  5. Eine Entscheidung sei eilig, da die Finanzämter der Länder spätestens ab 1.1.1991 zu arbeiten beginnen.
  6. Präsident Hofmann sieht zunächst keine Notwendigkeit, bei einer Umstellung des Einzugs der Kirchensteuer hauptamtliche Mitarbeiter der Kirchensteuerstellen zu entlassen, u. U. ist im Einzelfall eine Umsetzung in andere kirchliche Verwaltungsbereiche anzustreben. Natürlich bedinge der Einzug von Kirchensteuern auch neue innerkirchliche Finanzstrukturen, über die die Synode zu gegebener Zeit zu beraten und zu beschließen habe.

In einer ersten Gesprächsrunde zum Bericht wurde Unbehagen artikuliert und nach Alternativen gefragt, aber keine konkret benannt. Ausgesprochen wurde, daß das bei uns übliche Kirchensteuersystem ja doch - wenn auch angepaßt - den gleichen volkskirchlichen Traditionen verpflichtet sei wie das bundesdeutsche. Als Fragen, die in diesem Zusammenhang gründlich beraten werden müßten, wurden die "ruhenden Rechte" und ein "Kirchengliedschaftsrecht" benannt.