IBKA: Konfessionslose wenden sich gegen Pflichtsozialdienst

Pressemitteilung vom 26.01.2004

Zwang nicht durch Zwang ersetzen

Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) freut sich über die laufenden Diskussionen, Militär- und Zivildienst abzuschaffen. Gleichzeitig vernimmt er mit Sorge Debattenbeiträge, die im gleichen Zuge die Einführung eines verpflichtenden Sozialjahres für alle fordern.

Einem solchen Pflichtsozialjahr stehen grundsätzlich dieselben Bedenken gegenüber, die auch dem noch bestehenden Militärdienst gegenüberstehen: Es handelt sich um einen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht vor allem jüngerer Mitbürger.

Nicht geklärt ist ferner, inwieweit ein solches Pflichtjahr den Bestimmungen des internationalen Bürgerrechtspaktes von 1966, anderen völkerrechtlichen Verträgen und auch dem Grundgesetz widerspricht. Die häufiger zu hörende Argumentation, ein verpflichtendes Sozialjahr fördere soziale Kompetenz, kann nicht überzeugen. Vielmehr besteht das Risiko, dass der Zwang zu sozialer Tätigkeit Unmut und Verweigerung unter den Betroffenen hervorruft.         

Diskussionswürdiger erscheint dem IBKA die bisherige Möglichkeit, freiwillige soziale Jahre abzuleisten, aufzuwerten. Zur aus sich heraus motivierend wirkenden Freiwilligkeit sollten positive Rahmenbedingungen hinzutreten. Hierzu gehört auch ein höheres Entgelt für das freiwillige soziale Jahr, welches bislang deutlich unter der Vergütung des Zivildienstes liegt.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang das Problem des möglichen Sozialdumpings, das sich auch im Rahmen des geltenden Zivildienstes wie auch eines möglichen Pflichtsozialjahres ergibt. Das niedrige Gehaltsniveau in vielen Sozialberufen stünde in der Gefahr, sich durch den Einsatz billiger Sozialkräfte noch weiter nach unten zu bewegen.         

Die negative, lohndrückende Rolle, die im Sozialbereich, gerade auch in so genannten typischen Frauenberufen, das kirchliche Sonderarbeitsrecht spielt, sollte durch Einführung eines Zwangssozialdienstes keine Verstärkung erfahren, so Rudolf Ladwig, erster Vorsitzender des IBKA. Vielmehr sollte der Bundesgesetzgeber die Thematik im Gesamtzusammenhang betrachten und endlich dafür Sorge tragen, dass auch im kirchlichen Bereich das allgemeine Arbeitsrecht Einzug hält. Weiterhin Einrichtungen in kirchenchristlicher Trägerschaft gegenüber anderen Einrichtungen zu bevorzugen und diese dann noch mit preiswerten, zwangsverpflichteten Arbeitskräften zu versorgen, kann nicht im Interesse der Allgemeinheit liegen. Vielmehr wäre es einer näheren Untersuchung wert, inwieweit die regional teilweise erdrückende Monokultur kirchenchristlicher Einrichtungen im Sozialsektor nicht viele Menschen von freiwilliger sozialer Tätigkeit in unserer zunehmend säkularisierten Gesellschaft abhält.

Notker Bakker