Die Synagoge Satans (2)

Christusmörder

Der zentrale Bestandteil des christlichen Antijudaismus war allerdings keineswegs die Nichtanerkennung der Lehren Jesu, sondern seine Tötung. Die Kreuzigung des Messias, die vom wütenden Mob in Jerusalem gefordert wurde, während Pontius Pilatus seine Hände in Unschuld wusch, befeuerte die Vorstellung, dass es sich bei den Juden um „Christusmörder“ handele.

Zu einer Neuauflage dieses Klischees kam es im Jahr 2004 durch den Film Die Passion Christi des australischen Regisseurs und Schauspielers Mel Gibson. Dieser zeigte in drastischen Bildern die Geißelung und Kreuzigung Jesu. Außerdem ist Gibson Mitglied in einer Sedisvakanten-Kirche, einer katholischen Splittergruppe, die den amtierenden Papst sowie das 2. Vatikanische Konzil ablehnt und weiterhin an antijudaistischen Klischees festhält. Gibsons Vater hatte in einem Interview Holocaustmuseen als „Trick zum Geldeintreiben“ bezeichnet und mit Statistiken zu beweisen versucht, dass die jüdische Bevölkerung in Europa während der Jahre 1941-45 anwuchs.(23) Als Gibson nach einer Autofahrt unter Alkoholeinfluss von der Polizei gestoppt wurde und die Beamten beschimpfte, um gleich darauf hinzuzufügen, dass die Juden schuld an allen Kriegen auf der Welt seien, sahen sich die Kritiker des Films bestätigt. Mehrere Kirchenvertreter aller Konfessionen begrüßten den Film als „Rückkehr des Religiösen“ und betrachteten ihn als Chance, die Bevölkerung wieder für das Christentum zu begeistern. Kritik am antijudaistischen Tenor der Kreuzigungsszene war nur vereinzelt zu hören.

Selbst Schuld!

Ted Haggard, ehemaliger Vorsitzender der National Association of Evangelicals, in dessen Kirche Mel Gibsons Die Passion Christi vorgestellt hatte, verteidigte den Film auf der christlichen Community-Website beliefnet gegen Antisemitismusvorwürfe. Der Film habe nicht zu Gewalt gegen Juden geführt.(Tatsächlich wurden zwei jüdische Offiziere nach der Aufführung des Films in der US-Luftwaffen-Akademie als „Christusmörder“ beschimpft – wofür Al Mohler die Verantwortung weit von sich wies.)(24) Haggard sagte, dass die Debatte ganz im Gegenteil einen unerwünschten Effekt bewirken könne, indem Juden zu einer christenfeindlichen Haltung gebracht werden könnten. (Auch er glaubt, dass Juden zur Hölle fahren.) Zum Beweis zitierte er aus einer E-Mail, die er angeblich erhalten hatte. In dieser belegte ein Jude Jesus mit Flüchen und stellte fest, dass er bei weitem nicht genug Leid erfahren hätte. Derartige Äußerungen könnten es nach Haggards Ansicht in Zukunft schwieriger machen, Antisemitismus zu bekämpfen.(25) Eine Aussage, die sich vom üblichen antisemitischen Argument, die Juden seien selbst schuld am Antisemitismus, nur noch graduell unterscheidet. An Juden gerichtet, wies er in einer anderen Stellungnahme auf die christliche Unterstüzung für Israel hin. 2 Milliarden Christen nur wegen eines Films zu vergrämen, sei „kurzsichtig“.Die jüdischen Attacken gegen den Film, nicht die Kreuzigungsszene hätten zu Antisemitismus geführt.(26)

Auch die American Family Association meldete sich in der Debatte um den Film zu Wort. Ihr gehören Millionen Mitglieder an, die der Ansicht sind, dass die amerikanische Öffentlichkeit familienfreundlicher, also christlicher, werden müsse. Ihr Vorsitzender, der Methodistenpastor Don Wildmon, fiel seit den 80er Jahren mehrfach durch antisemitische Attacken auf. Wiederholt behauptete er, Juden würden Hollywood kontrollieren, um ihre liberalen Positionen, beispielsweise zu Homosexualität, zu verbreiten. Die Passion Christi wurde auf der Website der Organisation gelobt, eine Kritik der antijudaistischen Passagen fand nicht statt. Stattdessen erfuhr der Leser, dass jüdische Oscar-Juroren einen Erfolg des Filmes verhindern wollten. In Wirklichkeit sei der Jury daran gelegen, durch ihre Nominierungen für Akzeptanz von Abtreibung, Sterbehilfe und sexueller Aufklärung zu werben.(27)

Einige Jahre zuvor wurde in der Nachrichtensektion auf der AFA-Website das Beispiel eines Juden aufgeführt, der in seinem Elternhaus Ablehnung gegen Jesus erfahren hatte. In seiner Jugend war er drogensüchtig und kam mit dem Gesetz in Konflikt. Erst durch seine Konversion zum christlichen Glauben kehrte er wieder auf den rechten Weg zurück.(28)

Jüdischer Affront gegen Christus

Den krassen Widerspruch zu den Ereignissen um den Film Die Passion Christi stellt die Affäre um den Film Die letzte Versuchung Christi aus dem Jahr 1988 dar. Dieser erzählt mit viel künstlerischer Freiheit das Leben Jesu und weicht dabei an mehreren Stellen von den Evangelien ab. Unter anderem wird der Messias als ratlos, fehlbar und von sexuellen Begierden getrieben dargestellt, wenngleich er letztlich doch die Menschheit erlösen kann. Vertreter aller Konfessionen waren erzürnt. Sie beschimpften den Film als unmoralisch und Beleidigung des Christentums. Einzelne evangelikale Organisationen erwägten sogar, den Film aufzukaufen, um ihn ein für alle Mal zu zerstören.

Obwohl der Autor der Romanvorlage, sowie der Drehbuchautor und Regisseur des Films Christen waren, richtete sich der Zorn vorwiegend gegen die jüdischen Studiobosse Lew Wasserman, Sidney Sheinberg und Tom Pollock des Medienkonglomerats MCA. Der kalifornische Baptistenpastor Robert L. Hymers jr. sagte: „Diese jüdischen Produzenten mit viel Geld teilen Seitenhiebe gegen unsere Religion aus.“ Außerdem warf er Wasserman vor, den Antisemitismus im Land zu nähren. Auch Jerry Falwell, der in den 80er Jahren die einflussreiche christliche Lobbygruppe Moral Majority leitete, warnte die Juden davor, dass die Veröffentlichung des Films zu einer „Welle des Antisemitismus“ führen könne. Am 20. Juli versammelten sich mehrere Demonstranten unter der Führung von Hymers vor Wassermans Villa in Beverly Hills um ein Passionsspiel aufzuführen, bei dem ein Filmproduzent einen Jesus geißelte. Dazu wurden antisemitische Parolen skandiert.(29)

Auch Pat Robertson hatte sich deutlich gegen Die letzte Versuchung Christi ausgesprochen und wurde daraufhin von der jüdischen Anti-Defamation League unter Führung von Abe Foxman gebeten, Antisemitismus zu verurteilen. Doch Robertson entgegnete, dass man kaum anders könne, als in dem Film einen „jüdischen Affront gegen Jesus Christus“ zu sehen und man Christen nicht für ein Problem beschuldigen solle, das in Wirklichkeit von MCA verursacht worden sei. Hingegen wäre er sehr erfreut, wenn die Anti-Defamation League ihren Einfluss nutzen würde, um die Veröffentlichung zu verhindern, oder sich deutlich gegen den Film ausspräche, so dass klar sei, dass der Film nicht die „Billigung der jüdischen Führung in Amerika“ habe.(30)

Juden kontrollieren Hollywood

Im Jahr 1997 rief die SBC zum Boykott von Disney auf. Al Mohler kritisierte den jüdischen Disney-Chef Michael Eisner dafür, dass er antichristliche Filme produziere, für die Akzeptanz von Homosexualität werbe und Kinderschänder als Regisseure beschäftige.(31) Ebenso verbreitet Tim LaHaye, ein enger Freund und Mitarbeiter Hagees, der besonders für seine Bücherreihe Left Behind (die auch verfilmt wurde) bekannt ist, das Klischee der von den Juden kontrollierten Medien. In seinem Buch The Battle for the Mind beschreibt LaHaye den Einfluss der Humanisten auf die amerikanische Gesellschaft. Ersetzt man das Wort „Humanisten“ durch „Juden“, lesen sich seine Aussagen deutlich antisemitisch. Humanisten würden alle Fernsehsender kontrollieren, die Bevölkerung indoktrinieren, sich mit Kritik am Kommunismus zurückhalten, aber dafür umso mehr „deutschfeindliche“ Filme produzieren. Auffallend viele dieser Humanisten sind Juden, wie der Produzent Norman Lear, der angeblich die „unmoralischsten“ Sendungen drehe.

Außerdem kritisierte LaHaye die American Ethical Union, die New York „zur Hauptstadt der humanistischen Bewegung machte“ und vom Juden Felix Adler gegründet wurde. Die ACLU (Bürgerrechtsbewegung) unter der Leitung von Ira Glasser und Nadine Strossen war für ihn die „effektivste humanistische Organisation im Zerstören der Gesetze der Moral und den traditionellen Rechten der Amerikaner.“ Ihre säkularen Bestrebungen bezeichnete LaHaye als christenfeindlich. Dem Bürgerrechtler William Kunstler warf er vor, Kommunist zu sein. Die ACLU wurde auch von vielen weiteren Vertretern der Christlichen Rechten, wie Hagee, Falwell und Robertson kritisiert.

Im Jahre 1999 schlugen die Aussagen Jerry Falwells über einen jüdischen Antichrist Wellen in den USA. Der jüdische Journalist Jeffrey Goldberg traf sich in der Hoffnung, eine Absage an antisemitische Positionen zu erhalten, mit LaHaye. Dieser verkündete im Interview jedoch, dass Gott die Juden mit nur wenig körperlicher Kraft aber hoher Intelligenz ausgestattet habe, die die „atheistisch infizierten“ Denker Marx und Freud zu ihren Übeltaten befähigte. LaHaye schloss seine Ausführungen mit der Bemerkung an Goldberg ab, dass er genau wisse, was dessen Name bedeute.(32)