Die Synagoge Satans (3)

Wucherjuden

Eben diese Vorstellung, dass Juden nicht minderwertig, sondern ganz im Gegenteil besonders begabt seien, vertreten auch andere Angehörige der Christlichen Rechten. Jerry Falwell erklärte 1987 auf einer Veranstaltung vor Politikern und den versammelten Reportern der Washington Post:

„Einige von euch mögen keine Juden und ich weiß warum. Er kann mehr Geld zufällig verdienen, als ihr es mit Vorsatz könntet.“(33)

Ebenso hatte der New Yorker Leiter der Moral Majority, Reverend Dan C. Fore, 1983 verkündet:

„Ich liebe das jüdische Volk zutiefst. Gott hat ihnen Talente verliehen, die Er anderen nicht gegeben hat. Sie sind Sein auserwähltes Volk. Juden haben die gottgegebene Fähigkeit, Geld zu machen. [...] Sie kontrollieren die Medien, sie kontrollieren diese Stadt.“(34)

Am 23. Mai 2006 befasste sich Pat Robertson in seiner Sendung The 700 Club mit Armut in Israel. Diese sei „in seinem so reichen Land wie Israel“ sehr verwunderlich, denn:

„Wir gehen davon aus, dass die Juden sehr sparsame, ausserordentlich gute Geschäftsleute sind.“(35)

Im März 2009 schrieb Al Mohler anlässlich der Finanzkrise in seinem Blog über den Milliardenbetrüger Madoff:

„Gleichwohl findet sich ein überproportionaler Teil der Opfer unter New Yorks jüdischer Elite, in der Investitionen bei Madoff als beneidenswerte Möglichkeit, überdurchschnittliche Profite einzustreichen, angesehen wurden.“(36)

In seinem Buch The New World Order entwirft Pat Robertson ein krudes Verschwörungsszenario, das Freimaurern, Illuminati, Juden, Bankiers, liberalen Politikern und den UN Pläne zur Bildung einer Weltregierung vorwirft. In einer Passage greift er das Argument auf, laut dem die jüdische Familie Rothschild lange Zeit den internationalen Finanzsektor kontrollierte. Im Auftrag der allgemeinen Verschwörung hätten angeblich auch die jüdischen Bankiers Paul Warburg und Jacob Schiff jeweils die Federal Reserve-Notenbank aufgebaut und die russische Revolution finanziert.(37) Auch John Hagee(38), Rod Parsley(39) und Jim Ammerman(40) näherten sich in ihren Predigten derartigen Szenarien an. Außerdem sei der Kommunismus das „geistige Kind deutsch-jüdischer Intellektueller“.(41) Auch wenn Robertson nicht alle Juden beschuldigt, Mitglied einer Weltverschwörung zu sein, bleibt für Ephraim Radner ein fader Beigeschmack, denn im Quellenverzeichnis des Werkes tauchen die Schriften der eindeutig antisemitischen Autoren Eustace Mullins und Nesta Webster auf.(42)

Pat Robertson kann deutlicher werden. In seinem Buch The New Millenium beschreibt er die kommenden weltpolitischen Ereignisse. Eines Tages, so Robertson, werde das christliche Amerika im UN-Sicherheitsrat gegen Israel stimmen, weil die „kosmopolitischen, liberalen, säkularen Juden“ sich für „Pornographie und Mord am ungeborenen Leben“ einsetzen. Zudem würden die „wohlhabenden liberalen Juden“, die lieber die Demokraten als Republikaner wählen, „die Stärke des Christentums untergraben“, indem sie für die Abschaffung des Schulgebets eintreten.(43)

Ein neuer Holocaust

Eine weitere Konstante im Streit zwischen Evangelikalen und Juden sind Holocaustvergleiche, die inflationär gebraucht werden. Mehrere jüdische Organisationen sehen in ihnen eine Instrumentalisierung oder Verharmlosung. So kritisierte die Anti-Defamation League die Ausführungen Dennis James Kennedys, der Nationalsozialismus sei auf die Evolutionstheorie zurückzuführen.(44)

Auch der AFA wurde vorgeworfen, das Dritte Reich zu verharmlosen. Im März 2007 verglich die offizielle Homepage der Organisation die deutsche Schulpflicht mit Methoden des Nationalsozialismus. Der Chef der kalifornischen Sektion der AFA veröffentlichte das Buch The Pink Swastika (Das pinke Hakenkreuz) in dem die NSDAP als Homosexuellenorganisation bezeichnet und Schwulen eine Kriegsschuld vorgeworfen wurde. Des weiteren vergleichen viele Christen Abtreibungen mit einem neuen Holocaust. Diese Äußerungen sind zu zahlreich, um sie hier in Einzelbeispielen wiederzugeben. Unter anderem teilen Rick Warren und Mike Huckabee diese Ansicht. Pat Robertson geht so weit, in jeglicher Kritik an evangelikalen Christen einen neuen Holocaust zu sehen. In einem Interview mit Molly Ivins 1993 verglich er die Situation der Juden in Nazideutschland mit der Kampagne, die das liberale Amerika angeblich gegen Christen führe. 2009 verglich Richard Land, der „Lobbyist Gottes“, der die Interessen der SBC in Washington vertritt, den jüdischen Gesundheitsberater der US-Regierung, Ezekiel Emanuel mit Josef Mengele, weil dieser angeblich Euthanasieaktionen plane.(45) Ein Jahr zuvor war Land in die Kritik geraten, weil er den jüdischen Senator Charles Schumer als „Schmock aus New York“ beschimpft hatte.(46)

Im Jahr 2005 verteidigte Al Mohler den Präsidenten von Focus on the Family, James Dobson, der sich gegen Stammzellenforschung ausgesprochen und dies mit einem NS-Vergleich unterstrichen hatte. Er griff den jüdischen Wissenschaftler David Gelernter wegen seiner Haltung zur Thema an. Es sei ein „jüdisches Konzept“, dass ein Embryo weniger wert sei als ein Mensch, was die jüdische Haltung zu Reproduktionsmedizin und Abtreibung erklären könne.(47) Im gleichen Jahr bezeichnete er die Legalisierung einer Euthanasiemaschine gemäß jüdischer Ethikvorstellungen durch die Knesset als „moralisches Desaster für die Nation Israel“.(48)

Auch im akademischen Betrieb herrscht angeblich ein christenfeindliches Klima. Laut Mohler würden jüdische Historiker seit langem versuchen, die Zeitrechnung „v. Chr.“ bzw. „n. Chr.“ abzuschaffen.(49) Außerdem habe ihm ein christlicher Professor an einer Eliteuniversität berichtet, dass sein jüdischer Kollege erbost gewesen sei, als er erfuhr, dass er an die Hölle glaube. Hätte er dies vorher gewusst, hätte er sich gegen die Berufung seines christlichen Kollegen entschieden.(50)

Einer der Verantwortlichen für den Säkularismus heutiger Tage ist laut Mohler der jüdischstämmige Philosoph Spinoza, den er wegen seiner scharfen Religionskritik sogar als „Häretiker“ bezeichnete.(51) An der Person Spinozas hatte sich in der Vergangenheit oft Antisemitismus entzündet.

Im Jahr 2006 entschlossen sich einige jüdische Konfessionen in den USA, künftig Homosexualität zu akzeptieren. In den Augen Mohlers sollten Christen „alarmiert sein“, denn auch im Christentum gäbe es ähnliche Bestrebungen. Die Kirche müsse sich „klar und tapfer“ widersetzen.(52)

Offene Konfrontation

Es verwundert nicht, dass diese unterschwellige Feindschaft auf Dauer die Beziehungen zwischen Juden und Christen belastet. Insbesondere die Aufweichung der Trennung von Kirche und Staat und der daraus resultierende evangelikale Machtzuwachs in der Regierungszeit Bushs hatten daher für Skepsis unter jüdischen Organisationen gesorgt. Don Wildmon attackierte 2005 in einer Sendung seines eigenen Radiosenders den Vorsitzenden der Anti-Defamation League, Abraham Foxman, und warnte ihn, dass fortgesetzte jüdische Kritik dazu führen könne, dass die christliche Unterstützung für Israel in Zukunft ausbleibe.(53) In der aufgehitzten Diskussion meldete sich auch Tom Minnery, Vize-Präsident der AFA-Konkurrenzorganisation Focus on the Family zu Wort:

Wenn ihr weiterhin eure Freunde brüskiert, werdet ihr sehr bald keine mehr haben. (54)

Katholiken

Es lohnt sich auch, einen Blick auf amerikanische Katholiken wie Bill Donohue oder Pat Buchanan zu werfen. Beide sind zwar keine Evangelikalen, gehören aber trotzdem der christlichen Rechten an. Bill Donohue, Vorsitzender der Catholic League beispielsweise unterzeichnete neben über 100 katholischen, orthodoxen und evangelikalen Würdenträgern die Manhattan Declaration vom November 2009, die Abtreibung und Homoehe ablehnt. Pat Buchanan gehörte in den 80er Jahren in verschieden Positionen der Regierung Reagan an.

Bill Donohue

Beide Katholiken verteidigten Mel Gibsons Die Passion Christi als wertvollen Film für die gesamte Christenheit. Bill Donohue erklärte, dass „Hollywood von säkularen Juden kontrolliert“ werde, die „Christentum und Katholizismus hassen“ und daher Antisemitismusvorwürfe gegen den Film konstruieren würden.(55) Daran beteiligt sei auch „die jüdische Professorin Paula Fredriksen“, die bewiesen habe, dass sie „unehrlich und närrisch“ sei, weil sich ihre Prognose, der Film würde zu Gewalt gegen Juden führen, nicht bewahrheitet habe. Ihre Erklärung, auch die Schaffung einer feindseligen Atmosphäre könne als Gewalt definiert werden, wurde damit quittiert, dass sie, ihrer eigenen Logik folgend, mit ihren Vorwürfen „einen Völkermord an Christen“ begangen hätte.(56)

Donohue wandte sich auch gegen die Anti-Defamation League unter Leitung von Abraham Foxman, der Die Passion Christi als antisemitisch kritisiert hatte. Er warf der jüdischen Organisation vor, dass sie „versuche, die katholisch-jüdischen Beziehungen zu vergiften“ und hielt fest, dass es unfair sei, Gibsons Vater vorzuwerfen, er habe die Opferzahlen des Holocaust herunterspielen wollen. Dieser Logik nach sei selbst der angesehene Historiker Raul Hilberg Antisemit, weil er in seinen Forschungsergebnissen „nur“ 5.1 statt 6 Millionen toter Juden annahm.(57) Foxmans „unerhörte Einmischung“ könne zu Antisemitismus führen.(58)

Donohue griff im Jahre 2004 mehrere jüdische Organisationen in seinem Aufsatz „Der säkulare Kreuzzug“ an:

„Seit der Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg, waren Juden immer stärker in politischen Radikalismus und die säkulare Bewegung involviert. Angeführt von der Roten Emma Goldman, nahmen sich agnostische und atheistische Juden der kommunistischen Sache an. Viele dieser Leute spielten eine große Rolle dabei, jede Spur des religiösen Erbes unserer Nation anzugreifen. Bis zum heutigen Tag sind das American Jewish Committee, der American Jewish Congress und die Anti-Defamation League unter den bittersten Feinde der öffentlichen Bekundung der Religion in den USA.“(59)

2005 warf Donohue Foxman vor, das „Christentum zu dämonisieren“.(60)

Katholische Lebensschützer

Ebenso wurde Donohue nicht müde, über mehrere Jahre hinweg immer wieder Juden vorzuwerfen, sie würden Abtreibung unterstützen. Unter anderem griff er die jüdische Richterin am Obersten Gerichtshof der USA, Ruth Bader Ginsburg an.(61) Der Vorwurf, dass Juden die treibende Kraft hinter Abtreibungen seien, wird auch von anderen katholischen Lebensschützern geteilt. Der kürzlich verstorbene Benediktinerpater und Gründer von Human Life International Paul Marx schrieb 1987 anlässlich der Waldheim-Affäre um die NS-Vergangenheit des österreichischen Staatspräsidenten:

„Die Ironie in den weitverbreiteten, wütenden Einwänden mancher Juden (und Anderer) gegen den diplomatischen Routineempfang des österreichischen Präsidenten Kurt Waldheim bei Johannes Paul II. besteht darin: das gleiche Segment der jüdischen Gemeinde, das dem Papst einen Mangel an Unsensibilität gegenüber dem jüdischen Holocaust vorwirft, duldet den größten Holocaust aller Zeiten nicht nur, sondern hat ihn mehr oder weniger geführt, den Krieg gegen Babies.“(62)

Zu Beginn 2009 besuchte der Papst die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Israel, um die Wogen nach der Affäre um die Rehabilitierung der Piusbruderschaft zu glätten. Mehrere israelische Politiker und Geistliche warfen Benedikt XVI. eine ungenügende Rede vor. Für Bill Donohue war dies eine „Beleidigung des Papstes“. Der Chefrabbiner von Tel Aviv, Yisrael Meir Lau, gehöre zu denen, „die keine Gelegenheit auslassen, ‚es ist noch nicht genug‘ zu sagen“.(63)

Donohue ist überzeugt davon, dass die katholische Kirche während des 2. Weltkrieges keine Schuld auf sich geladen hat. Obwohl der damalige Papst den Holocaust nicht öffentlich verurteilte, glaubt Donohue in ihm einen Judenretter erkannt zu haben. Dafür, dass viele Juden die Kirche wegen ihres damaligen Verhaltens anklagen, hat er eine simple Erklärung:

„Es ist kein Geheimnis, dass sich extrem säkulare Juden mit zutiefst entfremdeten Katholiken zusammen getan haben, um die katholische Kirche für den Holocaust zu beschuldigen. Kurz gesagt haben die meisten Katholiken von den Lügen Goldhagens und Cornwells die Schnauze voll.“(64)

Außerdem hat es Donohue auf jüdisch-stämmige Komiker wie Bill Maher und Sarah Silverman abgesehen. Einen gemeinsamen Auftritt der beiden, der die katholische Kirche zum Inhalt hatte, kommentierte er wie folgt:

„Silvermans schmutzige Schmährede wäre niemals erlaubt worden, wenn das Ziel der Chefrabbi von Jerusalem oder der Staat Israel gewesen wären.“(65)

Bill Donohue vertritt die Ansicht, dass Kindesmissbrauch unter orthodoxen Rabbinern weiter verbreitet sei, als unter katholischen Priestern, die amerikanische Gesellschaft dies aufgrund ihres Hasses gegen die Kirche aber nicht wahrnehme.(66) Außerdem kritisierte er 2009 die Bemühungen um eine Freilassung des jüdischen Regisseurs Roman Polanski, der wegen Kindesmissbrauchs angeklagt wurde. Fast alle der Unterstützer Polanskis, die Donohue benennt, sind Juden.(67)