MIZ 4/19 erschienen: Auf den Spuren der Aufklärung

Die historische Aufklärung sieht sich seit einiger Zeit Kritik ausgesetzt. Sie sei eine Angelegenheit „alter, weißer Männer“ gewesen, habe andere Kulturen zerstört und ihren universalistischen Anspruch nie eingelöst. Die MIZ wird in diese Debatte einsteigen und sich 2020 in einer Serie mit Leistung und Versagen der Aufklärung auseinandersetzen.

Den Auftakt macht der Philosoph Hermann Josef Schmidt. Er geht davon aus, dass Aufklärung – verstanden als Ergebnis der Anwendung von Kritik – ein prägendes Element europäischer Identität sei. Dazu erinnert er an jenen Strang der griechischen Philosophie, der bereits vor über 2500 Jahren darum bemüht war, die Welt ohne Rückgriff auf transzendente Größen zu erklären. Denker wie Xenophanes, Prodikos oder Demokrit erkannten den Projektionscharakter von Göttergestalten, reflektierten psychologische Erklärungen der Religion und sahen „geistige Autoritäten“ kritisch. „Aufklärer haben hinreißende geistige Ahnen“, so Hermann Josef Schmidt, die am besten dadurch geehrt würden, indem wir ihr Projekt der Aufklärung und Kritik weiterführen.

Religionsfreiheit und Laizismus

In einem Grundsatzartikel erörtert Gerhard Rampp, warum Religionsgesellschaften gar kein Interesse an voller Religionsfreiheit haben. Dies begründet er anhand von sechs Punkten, die für ihn untrennbar zur Religionsfreiheit gehören, von den Repräsentanten christlicher und islamischer Konfessionen jedoch nicht oder nur eingeschränkt zugestanden werden.

Mit der durch die Wahl eines neuen Bundesvorstandes entstandenen Situation in der SPD setzt sich Gerhard Lein auseinander. Er sieht nun Möglichkeiten, dass auch in der Sozialdemokratie ein „säkularer“ Arbeitskreis offiziell eingerichtet und offen über Laizismus diskutiert werden kann.

Missbrauch und Neutralität

Der Journalist Rolf Cantzen hat sich nicht nur in einigen Radio-Features über Demütigung, Gewalt und Missbrauch in katholischen Bildungseinrichtungen berichtet, sondern auch Betroffenen in dem beim Alibri-Verlag erschienenen Sammelband „Ich bin hinter dir“ eine Stimme gegeben. Obwohl er also als Experte gelten kann, wurde eine Interviewanfrage von Bischof Heiner Wilmer, der sich in der Öffentlichkeit gerne als Missbrauchsaufklärer darstellt, abschlägig beschieden. Dabei hätte es ein spannendes Gespräch werden können, denn Rolf Cantzen verweist auf eine Lücke zwischen Sonntagsreden und alltäglichem Handeln, wenn es um den Missbrauchsskandal im Allgemeinen oder das katholische Internat in Handrup im Besonderen geht.
Während in Berlin das Neutralitätsgesetz unter Beschuss steht, ist im kanadischen Quebec ein umfassendes Neutralitätsgesetz in Kraft getreten. Naïla Chikhi zeigt, welche bizarren Allianzen sich in der Debatte bildeten, wie vermeintlich Linke mit den Conseil Catholique und dem Canadian Council of Muslim Women gegen Befürworter des Neutralitätsgesetzes wie die Vereinigung in Quebec lebender NordafrikanerInnen zusammenarbeiteten. Dass diese Querfront letztlich erfolglos blieb, sieht die Autorin als Ansporn, auch in Deutschland für Neutralitätsgesetze einzutreten.

Abgrenzung und Propaganda

Ein derzeit gerne eingesetztes Mittel der religiösen Rechten, den öffentlichen Raum zu bestimmen, ist es, in Bildungseinrichtungen Konflikte um den Speiseplan vom Zaun zu brechen. Rainer Ponitka problematisiert dieses Vorgehen und gibt einen knappen Überblick über die Speisevorschriften einiger größerer Religionen.

Das islamistische Propaganda-Magazin „Dabiq“ nimmt Iria Weber unter die Lupe. Es richtet sich mit einer eigenen Kolumne „To our sisters“ an insbesondere junge Frauen, verspricht ihnen Alternativen zu ihrem als unbefriedigend empfundenen Leben. Welche Mechanismen zum offensichtlichen Erfolg von „Dabiq“ beigetragen haben, analysiert die Autorin in ihrem Beitrag.

Daneben gibt es noch die üblichen Rubriken Netzreport und Internationale Rundschau, die Glosse Neulich... (diesmal in Bangladesch) und Buchbesprechungen.