Freie Wohlfahrtspflege ohne göttlichen Auftrag

Bericht zum Vortrag von Jack Huttmann, AWO-Geschäftsführer Freiburg im InterCity Hotel Freiburg am 16.06.2010.

Am 16.06.2010 hatte der IBKA-Regionalverband Freiburg Herrn Jack Huttmann, AWO-Geschäftsführer Freiburg eingeladen, um die Grundgedanken der Arbeiterwohlfahrt darzulegen und die Grundzüge des Subsidiaritätsprinzips aus Sicht der AWO zu erläutern.

Jack Huttmann mit Arno Ehret

Herr Huttmann hat in der evangelischen Fachhochschule Freiburg Sozialarbeit studiert und war lange Jahre in der praktischen Sozialarbeit, besonders in der Suchthilfe tätig, bevor er schließlich Geschäftsführer der Freiburger Arbeiterwohlfahrt wurde. Herr Huttmann bezeichnet sich selbst als nicht religiös und betonte in seinem Vortrag, in der Arbeiterwohlfahrt sei der Begriff der Freiheit ein zentrales Prinzip, vor allem auch für die in der AWO Tätigen. Niemand sei z.B. verpflichtet, Mitglied der AWO zu sein, ganz anders als bei Diakonie und Caritas, bei denen die Konfessionszugehörigkeit unabdingbare Voraussetzung bei der Einstellung der Angestellten und Arbeitnehmer sei.

Die Arbeiterwohlfahrt wurde am im Jahre 1919 gegründet, und zwar von der Sozialdemokratin Marie Juchacz (1879–1956), sie war:

  • Frauensekretärin beim Parteivorstand der SPD,
  • Vorkämpferin für das Frauenwahlrecht in Deutschland,
  • Mitglied der Weimarer Nationalversammlung,
  • erste parlamentarische Rednerin in diesem ersten frei gewählten deutschen Parlament
Arbeiterinnen und Arbeiter sollten nicht länger nur Objekt der Armenpflege sein. Marie Juchacz, rief am 13. Dezember 1919 den „Hauptausschuss für Arbeiterwohlfahrt" in der SPD ins Leben, um in Not geratenen Menschen ihre sozialen Rechte zu sichern und sie vom Status eines Bettlers bei den Behörden zu befreien. 1933 von den Nationalsozialisten verboten, ihre Mitglieder wurden zum Teil verfolgt, wurde die AWO 1946 als konfessionell und parteipolitisch unabhängige Organisation neu gegründet.

Herr Huttmann erläuterte das Subsidiaritätsprinzip als ein Delegieren von Aufgaben, die an sich Sache des Staates wären, an untergeordnete bzw. kleinere Untergliederungen der Gesellschaft. Die Sozialverantwortung liegt beim Staat, die Aufgaben können aber von freien Trägern übernommen werden, sofern sie bei der Übernahme dieser Aufgaben gewisse Kriterien erfüllen.

Diese Kriterien sind erstens Nachhaltigkeit - es muss also garantiert sein, dass die Aufgaben langfristig übernommen werden können - zweitens Qualität und drittens sollten diese Organisationen diese Aufgaben preisgünstiger erfüllen können als der Staat. Letzteres ist den freien Trägern hauptsächlich durch das ehrenamtliche Engagement ihrer Mitglieder möglich.

Die AWO ist eine von 6 Trägern der freien Wohlfahrtspflege. Daneben bestehen noch Caritas, Diakonie, das Deutsche Rote Kreuz, der paritätische Wohlfahrtsverband und der jüdische Wohlfahrtsverband. Die Träger sozialer Einrichtungen müssen einen Teil der Kosten aus Eigenmitteln erbringen, den Rest übernimmt der Staat bzw. ergibt sich aus Gebühren oder einem Eigenanteil der von der Einrichtung Profitierenden, z. B. die Gebühren der Eltern bei Kindergärten.

Aufgrund des Kirchensteuereinkommens sind die kirchlichen Träger hier im Vorteil. Die AWO ist aufgrund ihrer Mitgliederstruktur – Mitglieder sind hauptsächlich Menschen niederen Einkommens – und aufgrund sonstiger fehlender Einnahmequellen wie Spenden hier im Nachteil.

(Text: Hartmut Ortlieb; Bild: Rainer Hercher)