2003 - Meldungen 3222-3260

Europa

Deutschland

  • (3222) München. In deutschen Kinderzimmern herrscht Unkenntnis über den Grund des Weihnachtsfestes. Das hat eine Umfrage des Münchener Jugendforschungsinstituts iconkids&young bei der Befragung von über 700 Kindern ergeben. Danach haben 39 von hundert Kindern im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren keine Ahnung, welchen religiösen Ursprung das Fest hat. Der befragte Nachwuchs begründete die Feierlichkeiten u.a. damit, "dass Winter ist", weil "der Weihnachtsmann gestorben ist", weil "Ferien sind und die Oma kommt" oder (durchaus clever!) "damit die Geschäfte mehr verkaufen". (idea, 14.12.02)

  • (3223) Dietzenbach/Darmstadt. Das Verwaltungsgericht (VG) Darmstadt hat in einer Eilentscheidung den Vorsitzenden des Kreistages Offenbach, Walter Faust (CDU) angewiesen, ein Jesus-Kreuz aus dem Plenarsaal - zumindest während der laufenden Sitzungen - wieder abzuhängen. Dagegen geklagt hatte ein Mitglied der Grünen-Kreistagsfraktion. "Damit wird dem Gebot der staatlichen Neutralität entsprochen", sagte Gerichtssprecherin Sabine Seidler in Darmstadt.

    Das Kreuz war von dem christdemokratischen Landrat Peter Walter ohne Absprache angebracht worden. Nach Auskunft von Seidler entspricht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts der gängigen Rechtsprechung. Das Kreuz müsse abgehängt werden, sobald ein Abgeordneter der Grünen an der Sitzung des Kreistages teilnehme. Mit dem abschließenden Urteil rechnet Seidler nicht vor Mitte des Jahres. Der Streit um das Kreuz war im September 2002 eskaliert. Sechs Abgeordnete der Grünen verließen die Sitzung des Offenbacher Kreistags aus Protest gegen das christliche Symbol, nachdem Kreistagsvorsitzender Walter Faust (CDU) im Vorfeld keinerlei Kompromissbereitschaft gezeigt hatte. Die stellvertretende Vorsitzende der Grünen, Ursula Chmelnik, reichte daraufhin Klage ein. (FR, 3.12.02, Mannheimer Morgen, 3.12.02)

  • (3224) Stuttgart. Die künftige europäische Verfassung soll einen eindeutigen Bezug auf Gott enthalten. Dafür macht sich Erwin Teufel als Vertreter der Bundesländer stark. "Begrüßenswert wäre, wenn in Verbindung mit der Erwähnung der religiösen Grundlagen Europas eine Bezugnahme auf Gott Eingang in die Verfassung finden könnte". Das schrieb Ministerpräsident Erwin Teufel, Vertreter des Bundesrats im Konvent zur Zukunft Europas, in einem Brief zur Jahreswende an den Präsidenten des Konvents, Frankreichs Ex-Staatschef Giscard D'Estaing.

    Dies wäre neu auf europäischer Ebene. Weder in Giscards Rohentwurf vom Oktober vergangenen Jahres noch in der unter Leitung des früheren Bundespräsidenten Roman Herzog erarbeiteten Charta der Grundrechte der Europäischen Union wird das Wort "Gott" erwähnt. In der Charta ist lediglich vom "geistig-religiösen und sittlichen Erbe" die Rede.

    Nun sind die im Konvent vertretenen Christdemokraten auf eine Wendung gestoßen, die einerseits einen Gottesbezug herstellt, andererseits Andersgläubige wie Muslime sowie auch humanistische Atheisten nicht direkt ausschließen soll, sofern sie die Wertegrundlage der EU anerkennen. Diese Formel entstammt der Präambel der polnischen Verfassung: "Die Werte der Union beinhalten die Werte derer, die an Gott als Quelle der Wahrheit, Gerechtigkeit, Güte und Herrlichkeit glauben ebenso wie jener, die diesen Glauben nicht teilen, aber diese fundamentalen Werte abgeleitet aus anderen Quellen respektieren". Die Vertreter der C-Parteien im Konvent haben sich im italienischen Frascati auf einen Verfassungsentwurf geeinigt, der diese Passage enthält. Sogar die bisher gegenüber einem Hinweis auf Gott skeptischen Franzosen sind damit einverstanden. Daneben bleibt es bei der Berufung auf das geistig-religiöse Erbe. Da eine solche Formulierung nicht als Verpflichtung auf das Christentum interpretiert werden müsse, hat der Vorschlag auch Chancen auf Billigung durch die sozialdemokratischen Vertreter des Konvents. "Eine Darstellung der Werte Europas zu Beginn der Verfassung wäre zugleich ein wichtiges Signal an die Beitrittsländer", schreibt Teufel an Giscard. Zumindest die Polen, deren Verfassung Pate steht für den angestrebten Bezug auf Gott, könnten dazu nur Ja und Amen sagen. (suedwest-aktiv.de, 11.1.02)

    Anm. MIZ: Es mag ja angehen, dass Konfessionsfreie an die Werte der "Wahrheit" und "Gerechtigkeit" glauben, vielleicht sogar an Güte (im Sinne von Empathie und Freundlichkeit), aber an "Herrlichkeit"? Nein, Herr Teufel, so "dämlich" sind wir sicherlich nicht! Außerdem darf nicht übersehen werden, dass der weltliche Wahrheitsbegriff auf Logik und Empirie beruht, d.h. auf Kriterien, gegen die die göttlichen "Wahrheitssucher" in ihren Heilserzählungen meist radikal verstoßen. Und auch der weltliche Gerechtigkeitsbegriff hat mit dem religiösen nur wenig gemeinsam. Insofern ist der Vereinnahmungsversuch Teufels und seiner Mitstreiter aufs Energischste zurückzuweisen. Angesichts der kulturellen Vielfalt in Europa kann eine europäische Verfassung nur auf laizistischem Fundament gedeihen. Alles andere wäre ein Verrat an den Idealen der Aufklärung, die bekanntlich erst den Boden für den europäischen Einigungsprozess bereitet hat.

  • (3225) München. An den neun Theologischen Fakultäten in Bayern herrschen "paradiesische Zustände". So jedenfalls sieht es der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) in seinem jüngsten Jahresbericht. Ihren Eindruck belegen Bayerns oberste Kassenprüfer mit handfesten Zahlen. Danach ist an den sieben katholischen Theologischen Fakultäten seit 1986 die Zahl der Studenten im Diplomstudiengang um 60 Prozent zurückgegangen. Bei der evangelischen Theologie (zwei Fakultäten) fällt das Minus mit 78 Prozent noch drastischer aus. Den insgesamt 987 Studenten stehen 364 wissenschaftliche Fachkräfte - darunter 131 Professoren - gegenüber. Das Fazit des ORH: "Auf eine Professorenstelle entfällt jährlich eine Diplom-Abschlussprüfung." Fakultäten anderer Fachrichtungen können da nur vor Neid erblassen.

    Der Rechnungshof begnügt sich freilich nicht nur mit einer Situationsbeschreibung, sondern er fordert auch Konsequenzen. Mindestens drei Katholisch-Theologische Fakultäten an den Universitäten Augsburg, Bamberg und Passau sollten aufgelöst werden, schlägt er in seinem Prüfbericht vor. Auch auf evangelischer Seite müsse man sich von wissenschaftlichem Personal trennen. Auf diese Weise könnten pro Jahr rund sieben Millionen Euro Steuergelder eingespart werden, rechnet der ORH in seinem Report vor.

    Mit seinen Forderungen begibt sich der Rechnungshof auf heikles Gebiet. Denn die Staatsregierung kann in dieser Frage nicht frei entscheiden. Die Theologischen Fakultäten sind auf katholischer Seite durch ein Konkordat mit dem Heiligen Stuhl und auf evangelischer Seite durch einen Kirchenvertrag mit der Evangelischen Landeskirche abgesichert. Sollen Fakultäten abgebaut werden, müssten Konkordat und Kirchenvertrag neu verhandelt werden. Schon 1997 hatte der ORH gerügt, die Fakultäten für Theologie an den Universitäten in Bayern seien "mit Personal überreichlich ausgestattet". Auf Drängen des Landtags entwickelte daraufhin die Staatsregierung 1998 mit den beiden Kirchen einen Strukturplan. Danach sollen bis 2019 schrittweise insgesamt 90 Stellen abgebaut werden. Das sei zu wenig, findet jetzt der ORH, denn inzwischen gebe es noch weit weniger Theologie-Studenten als 1997 vorausberechnet worden war. (Süddeutsche Zeitung, 5.12.02)

  • (3226) Erfurt. Fast zwei Drittel der Bevölkerung Thüringens sind konfessionslos Unwichtig, sagt die CDU-Landesregierung: Die Universität in der Landeshauptstadt erhält Ostdeutschlands einzige staatliche Fakultät für katholische Theologie. Mit dem Vertrag soll das vor 50 Jahren gegründete "Philosophisch-Theologische Studium" im Priesterseminar Erfurt, das 1999 kirchliche Fakultät wurde, in die staatliche Universität eingegliedert werden. An der kirchlichen Hochschule werden zur Zeit Priester, Diplom-Theologen und Religionslehrer ausgebildet.

    Jahrelang zogen sich die Verhandlungen zwischen Thüringen und dem Vatikan hin. Immer wieder ging es darum, ob die neue Fakultät in Erfurt so wie diejenigen in Westdeutschland funktionieren solle und der Bischof eine entscheidende Rolle bekommt. Nachdem die CDU bei der Landtagswahl die absolute Mehrheit errungen hatte, ging es voran: Wissenschaftsminister Gerd Schuchardt (SPD), ein strikter Gegner der Eingliederung, schied damals aus der Regierung aus. Schuchardt ist auch heute noch gegen den Kirchenvertrag.

    In Thüringen sind laut Statistik 8,5 Prozent der 2,4 Millionen Einwohner Katholiken. 27,9 Prozent gehören der evangelischen Kirche an. 63 Prozent der Thüringer sind konfessionslos. Was Schuchardt "Bauchschmerzen" bereitet, ist in westdeutschen Bundesländern, die mit dem Vatikan Verträge geschlossen haben, längst Alltag. Es geht um die Verquickung von kirchlichen und staatlichen Befugnissen: Theologieprofessoren erhalten künftig nur dann vom Freistaat Thüringen einen Lehrauftrag, wenn der Bischof von Erfurt keine Einwände hat. Außerdem verlieren sie ihren Posten, wenn sie gegen "die Erfordernisse eines Lebenswandels nach der Ordnung der katholischen Kirche" verstoßen und der Erfurter Bischof das beanstandet. Ein Priester im Hochschuldienst, der heiratet, wäre untragbar. Gegen diese "Nihil obstat"-Regelung ("Nichts steht entgegen") bei der Besetzung von Professorenstühlen und bei der Lehrbefugnis wendet sich die Landtagsopposition von SPD und PDS. "Thüringens Steuerzahler müssten einen neuen Professor bezahlen, außerdem den aus dem Amt entfernten Professor bis zur Pensionierungsgrenze", kritisiert Schuchardt. Staatliches Beamtentum und Dienstaufsicht der Kirche würden vermischt. Für kritikwürdig hält Schuchardt auch die Tatsache, dass der Vertrag nichts über eine mögliche Schließung der Fakultät sagt. "Was ist, wenn die Studenten ausgehen? Der Freistaat hat die Dinge nicht mehr in der Hand", bemängelt Schuchardt. "Geht es schief, dann müssen wir auf ewig eine Fakultät vorhalten." (FR, 20.11.02)

  • (3227) Bremen. Mit einem klaren Rückzug hat die Bremische Evangelische Kirche (BEK) vor dem Oberverwaltungsgericht einen Streit mit den Zeugen Jehovas beigelegt. 1996 hatte die BEK in einer Broschüre des Sektenbeauftragten Pfarrer Helmut Langel die Zeugen Jehovas als "destruktiven Kult" beschrieben und diverse Tatsachenbehauptungen aufgestellt, gegen die die Zeugen Jehovas gerichtlich vorgingen. Nun musste die Evangelische Kirche vor Gericht zusichern, ihre Broschüre nicht weiter zu verbreiten.

    Der Sektenbeauftragte und Autor Langel erklärte dem Gericht freimütig, er würde heute "fast keinen einzigen Satz" mehr so schreiben wie damals. Die Broschüre sei im Übrigen "sehr schnell vergriffen" gewesen, auf eine zweite Auflage verzichtete die Kirche. Langel findet nicht alles falsch, was er damals geschrieben hat, aber er müsse die umstrittenen Behauptungen neu überprüfen und würde vermutlich "vieles anders formulieren", sagte er. Da über eine Unterlassungsklage verhandelt wurde, ging es vor Gericht nicht darum, ob die Behauptungen damals gerechtfertigt gewesen waren.

    Langel hatte in seiner Broschüre "verpönte oder verbotene Tätigkeiten" aufgelistet und fälschlicherweise behauptet, seine Liste sei ein "Auszug aus einem internen Originaldokument der Zeugen Jehovas". "Sehr verpönt" sei beispielsweise das Studium an einer Hochschule, heißt es in der Liste. Der Anwalt, der die Zeugen vor Gericht vertrat, bekannte sich als Anhänger der Religionsgemeinschaft und lebendiger Gegenbeweis - er hatte 1987 sein Jura-Examen abgelegt.

    "Kinder dürfen nicht basteln, keine Gesellschaftsspiele spielen", heißt es weiterhin in der Broschüre der BEK. "Unsinn", sagt der Anwalt, der selbst Vater ist. "All das, was Jugendlichen Spaß macht, ist streng untersagt", hatte Langel formuliert. Die Wiederholung solcher Behauptungen würde die Kirche nach dem vom Gericht vorgeschlagenen Vergleich 5.000 Euro kosten. Was Spaß macht, soll in der strengen Religionsgemeinschaft hinter dem Dienst an Jahwe zurückzutreten, das wäre korrekt gewesen - eine Einstellung, die es vereinzelt auch noch in der Evangelischen Kirche geben soll. Vor Gericht erklärte Langel, die Sitten bei den Zeugen Jehovas hätten sich in den letzten Jahren "liberalisiert". Das Bastelverbot beziehe sich zudem auf die christlichen Feiertage wie Weihnachten oder Ostern.

    Dies ist allerdings ein pikanter Punkt, denn das Weihnachtsfest etwa ist eine späte Erfindung, die Teilnahme daran wurde von der katholischen Kirche über Jahrhunderte verboten - bis sie dem Zeitgeist nachgab und dem Fest den christlichen Segen gab. Der Weihnachtsbaum wurde erst im 19. Jahrhundert dazu gestellt. Weihnachtsbasteleien werden von den Zeugen Jehovas als wenig christliche Betätigung angesehen. Auch das Osterfest oder die Geburtstagsfeier sind Anpassungsleistungen der Kirchen an nichtchristliche Traditionen. Was die Bremer Evangelische Kirche den Zeugen Jehovas also vorwirft, ist deren fehlende Anpassung an den Zeitgeist. "Klerikaler Absolutismus" wird da als Kennzeichen von Sekten definiert, "destruktives Merkmal" ist der Glaube, dass die kirchliche "Organisation im Besitz der einzig gültigen Wahrheit" ist. Langel bekannte schon in der Broschüre, dass "auch die Großkirchen in ihrer Geschichte ähnliche Strukturen entwickelt haben" wie das, was er als "destruktiver Kult" heute kleinen Konkurrenten vorwirft. (taz, 15.11.02)

  • (3228) Bielefeld. Ein Biologiebuch auf der Grundlage des christlichen Schöpfungsglaubens ist mit dem Schulbuchpreis 2002 ausgezeichnet worden. Die Autoren des bisher in den meisten Bundesländern für den Schulunterricht nicht freigegebenen Buches "Evolution - ein kritisches Lehrbuch", Siegfried Scherer und Reinhard Junker, erhielten den Preis des Vereins "Lernen für die deutsche und europäische Zukunft" am 17. November in Bielefeld.

    Der Vorsitzende des "Kuratoriums Deutscher Schulbuchpreis", Wolfram Ellinghaus (Harsewinkel bei Gütersloh), erklärte, mit dem Buch könne Schülern eine mündige Beurteilung der unterschiedlichen Vorstellungen über die Entstehung der Welt ermöglicht werden. Für viele junge Menschen sei die Evolutionslehre Anlass, Gott aus ihrem Lebenskonzept zu streichen. Daher sei eine kritische Auseinandersetzung notwendig. Der CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzende in Thüringen, Dieter Althaus (Erfurt), würdigte das Lehrbuch als ausgezeichnetes Beispiel dafür, dass Werte-Erziehung und Bildung zusammengehören. Das Buch ermögliche, auch im naturwissenschaftlichen Unterricht über den Glauben an Gott zu sprechen. Althaus, der auch lange Kultusminister in Thüringen war, hofft, dass das Buch in vielen Schulen Anwendung finde. Bisher ist das Buch von den Kultusministern nicht für den Schulgebrauch zugelassen. Auch der Bischof der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK), Diethardt Roth (Hannover), äußerte in einem Grußwort die Hoffnung, dass das Lehrbuch in den Schulen eine weite Verbreitung finden werde. Die Ehrenvorsitzende des Elternvereins Nordrhein-Westfalen, Gisela Friesecke (Bonn), nannte das Buch eine Alternative zu den Lücken der Naturwissenschaft. Die sachliche Toleranz gegenüber christlichem Schöpfungsglauben müsse gestärkt werden.

    Preisträger Scherer, Direktor des Mikrobiologischen Instituts an der Technischen Universität München, erklärte, das Buch sei aus der Spannung entstanden, Wissenschaftler und Christ zu sein. Die Biowissenschaften seien weitgehend zu einer Domäne des Atheismus geworden. Es habe viel Gegenwind zu dem Lehrbuch gegeben, auch von Theologen. Das Buch wolle die sachliche Auseinandersetzung mit der Evolutionstheorie aufnehmen und Schülern auch helfen, über die Schöpfung "neu zu staunen". Scherer dankte der evangelikalen Studiengemeinschaft Wort und Wissen, ohne die Buch nicht habe entstehen können. Der Koautor des Buches, der promovierte Biologe Reinhard Junker, ist hauptamtlicher Mitarbeiter der Studiengemeinschaft. Das Buch ist im Weyel Lehrmittelverlag (Gießen) erschienen. (idea.de, 20.11.02)

    Anm. MIZ: Zur Einordnung des Preises: Den Schulbuchpreis 2001 des Vereins "Lernen für die deutsche und europäische Zukunft" erhielt Christa Meves, ultrakonservative, christlich-fundamentalistische Psychologin und Publizistin mit besten Verbindungen in die rechte Szene. In ihren Schriften heißt es u.a.: "Die Frau hat von ihrer biologischen Aufgabe her ein natürliches Bedürfnis nach Unterwerfung, der Mann nach Eroberung und Beherrschung." Auch die Preisverleihung an Christa Meves wird vom Elternverein NRW auf seiner Homepage gewürdigt.

  • (3229) Bonn. Klaus Wowereit outete sich im Sommer 2001 mit einem einzigen Satz: "Ich bin schwul, und das ist auch gut so." Der Berliner SPD-Parteitag applaudierte seinem Spitzenmann. Der homosexuelle Pfarrer Nulf Schade aus dem Frankfurter Gallusviertel sagte es in zwei Sätzen: "So wie ich bin, hat mich Gott erschaffen. Ich bin sehr froh darüber." Schades Bekenntnis vor der Synode der evangelischen Kirche von Hessen-Nassau in Frankfurt (noch mehr aber sein Zusatz "Ich habe geheiratet" und das gleichzeitige Votum der Kirchenparlamentarier für eine Segnung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften) löste einen Proteststurm im deutschen Protestantismus aus.

    Die Evangelische Kirche hat ein Problem: Was sich in Frankfurt abspielte, lässt sich nicht als lokaler "Ausrutscher" abtun. Auch die Synoden von Berlin-Brandenburg und der Pfalz haben Segnungshandlungen zugestimmt. Die Voten sind eine schwere Niederlage für den Rat der EKD unter Präses Manfred Kock. Er hatte in einer Orientierungshilfe für die Landeskirchen die Meinung bekräftigt, dass Segnungsgottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare nicht dem Willen Gottes entsprächen. Gleichzeitig bat er darum, Kirchengesetze zu diesem Thema solange nicht zu ändern, bis man einheitliche Regelungen gefunden habe.

    Drei Synoden hielten sich nicht daran. Der Konsens, noch im Sommer von der Kirchenkonferenz festgehalten, sei brüchig geworden, bedauerte daraufhin der Vizepräsident des Kirchenamtes in Hannover, Hermann Barth. Das wurde in Frankfurt als Einmischung ausgelegt. "Wir sind nicht katholisch, und Hannover ist nicht der Vatikan", zürnte der Präses der hessen-nassauischen Synode, Karl Heinrich Schäfer. Im Rat der EKD ist von einer "tiefen Depression" die Rede. Denn die "kirchenspalterischen Beschlüsse", wie die Segnungs-Entscheidungen von Pietisten genannt werden, treffen die EKD zu einer Zeit, in der lauthals über eine Stärkung dieses "Daches" des landeskirchlichen Protestantismus debattiert wird.

    Dieses Dach erweist sich als porös. Im Rat sitzt auch der Berliner Bischof Wolfgang Huber; er hat offenbar in seinem Sprengel die eigene Ratsempfehlung ignoriert. Vom Ratsvorsitzenden Kock ist bekannt, dass er der Segnung homosexueller Lebensgemeinschaften ablehnend gegenüber steht. Dass sich jetzt Landeskirchen über seine Empfehlungen hinwegsetzen, verdüstert die letzten Monate von Kocks Amtszeit. Eine neue Austrittswelle rollt an. Als erstes prominentes Mitglied verabschiedete sich die CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach von ihrer Kirche. "Das Maß ist voll", schrieb sie Kirchenpräsident Peter Steinacker. "Kirche ist lächerlich geworden", tönt es auch von pietistischer Seite. Diskriminiert würden die Christen, welche die Bibel ernst nähmen. Die Verwerfung homosexueller Praktiken im Alten und Neuen Testament sei eine Konsequenz aus der unbedingten Geltung der Gebote Gottes, gibt der schaumburg-lippische Oberkirchenrat Werner Führer zu bedenken. Führer, Mitglied der Synode der EKD, nennt den Segnungsbeschluss eine "Irrlehre". So gewiss die Seelsorge an Homosexuellen zur Aufgabe der Kirche gehört, so gewiss dürfe sie Homosexuelle auf ihrem Weg nicht bestärken. Hessen-Nassau habe sich ökumenisch isoliert und "außerhalb der Lehrbildung der Kirche" gestellt. Die gesamte EKD steht nun an einem Scheideweg. (Die Welt, 16.12.02)

  • (3230) Fulda. Die evangelischen Wochenzeitungen müssen ums Überleben kämpfen. Ihre Strukturprobleme sind noch existenzieller als die aktuelle Krise in der gesamten Medienbranche. Während bei Tageszeitungen vor allem Anzeigen-Einnahmen eingebrochen sind und es immerhin Hoffnung auf eine Belebung der Konjunktur gibt, sterben bei den kirchlichen Wochenblättern die Leser langsam aus. Die Stammklientel wird älter und weniger. Und unter Jüngeren sind - sofern sie sich überhaupt noch kirchlich engagieren - nur schwer neue Leser zu gewinnen.

    Professor Will Teichert, der die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in Medienfragen berät, schlägt Alarm: "Wenn jetzt nicht gehandelt wird, ist dieser gesamte Sektor der Publizistik in Frage gestellt", sagte er bei einer Fachtagung des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik in Fulda. Der Wissenschaftler fordert mehr Kooperation in der föderal zersplitterten evangelischen Presselandschaft.

    Die verkaufte Auflage der 16 regionalen evangelischen Zeitungen ist seit Ende 1991 um 38 Prozent gesunken und liegt derzeit bei 431.000 Stück. Das kleinste Blatt, Die Kirche für die Kirchenprovinz Sachsen und Anhalt, verkauft weniger als 4.000 Exemplare. Und der auflagenstärkste Titel, das Evangelische Gemeindeblatt für Württemberg, sank 2001 unter die 100.000er Marke. In den vergangenen zwölf Monaten verlor es weitere sieben Prozent - das entspricht dem bundesweiten Durchschnitt. Ein Ende der Talfahrt ist nicht in Sicht. (EKD, 20.11.02)

  • (3231) Viechtach. Durch ein Schüler-Votum ist an einem Gymnasium in Niederbayern ein Streit um ein Kruzifix in einem Klassenzimmer gelöst worden. Bei einer geheimen Abstimmung hätten die Schüler einer 11. Klasse mit knapper Mehrheit gegen das Anbringen des Kreuzes gestimmt, sagte der Leiter der Schule in Viechtach (Landkreis Regen). Der Direktor hatte auf Antrag eines konfessionslosen Lehrers die Kreuze in zwei Klassenzimmern einige Tage nach Allerheiligen abhängen lassen.

    "Die Situation war rechtlich eindeutig, dennoch schlugen die Wellen der Empörung hoch", sagte der Schulleiter. Zahlreiche Eltern hätten Beschwerde gegen die Entfernung des Kreuzes eingelegt. Nach einer Diskussionsveranstaltung hätten sich die Betroffenen auf den Kompromiss geeinigt, die Schüler der 11. Klasse selbst entscheiden zu lassen. Bei drei Enthaltungen stimmten dann elf Schüler gegen und zehn Jugendliche für ein Kreuz im Unterrichtsraum. (Nürnberger Nachrichten, 23.11.02)

  • (3232) Trier. Die Staatsanwaltschaft Trier ermittelt gegen mehrere Personen in verschiedenen Teilen Deutschlands wegen zahlreicher "strafbarer sexueller Handlungen mit okkultem Hintergrund". Nach einem Fernsehbericht soll es dabei auch zu Morden oder Fällen von Kannibalismus gekommen sein. Zu den in der Sendung geschilderten Taten von Satanisten - etwa Mord und Kannibalismus - wollte sich die Staatsanwaltschaft "aus Ermittlungsgründen" nicht äußern. Es würden Namen von Tätern und Zeugen genannt, die an schwarzen Messen teilgenommen haben sollen, sagte der Trierer Staatsanwalt Jüngling. Einige der behaupteten rituellen Handlungen sollen sich in Trier zugetragen haben, lägen aber teilweise etwa 15 Jahre zurück. Dabei sollen jeweils mehrere Menschen beteiligt gewesen sein. "Nicht verjährten Verbrechen gehen wir nach", sagte Jüngling. Nach dem Eingang der Anzeige Mitte vorigen Jahres sei die Hauptbelastungszeugin vernommen worden, "damit Vorwürfe mit strafrelevantem Hintergrund von anderen getrennt werden konnten". Gegen sie werde nicht ermittelt. Zur Glaubwürdigkeit der Zeugin machte der Staatsanwalt keine Angaben, sagte aber: "Wir haben die Akte nicht gleich zugemacht, die Genauigkeit der Schilderungen erfordert eine intensive Ermittlungsarbeit." Viele der behaupteten Verbrechen hätten sich über mehrere Jahre hingezogen. Es sei nicht ungewöhnlich, dass Verbrechen wie etwa Vergewaltigungen erst so spät angezeigt würden, weil die psychische Aufarbeitung Jahre dauern könne. (Trierischer Volksfreund, 16.1.03)

  • (3233) München. Gisela Forster, eine jener Frauen, die sich zur katholischen Priesterin weihen ließen und dafür mit der Exkommunikation bestraft wurden [vgl. IR-Meldung 3157], versuchte gemeinsam mit der Münchner Rechtsanwaltskanzlei Offinger, am Finanzgericht München eine Klage gegen die Kirchensteuer einzubringen. In einer Pressemitteilung hieß es dazu: "Wenn die Katholische Kirche nicht bereit ist, die Gesetze des Deutschen Staates zu achten und zu befolgen, dann sollen ihr die Finanzmittel entzogen und die steuerlichen Vorteile genommen werden."

    Begründet wurde die Klage damit, dass es zu der Zeit, als der Staat sich bereit erklärte, einen Teil der Kirchenunkosten zu übernehmen, eine Grundbedingung gewesen sei, dass die Kirche die Grundrechte des Staates einhalte. Nur unter diesem Vorzeichen wäre der Staat damals bereit gewesen, die kirchlichen Aktivitäten zu unterstützen. Dies, so Forster, sei jedoch in der römisch-katholischen Kirche nicht gegeben. Die "Priesterin" wirft der Kirche ein Arbeitsrecht mit mangelndem Schutz, Sippenhaft und Verstoß gegen die Gleichwertigkeit von Mann und Frau vor. Desweiteren gebe es weder Gewaltenteilung noch demokratische Entscheidungen. (kath.net, 27.11.02)

    Anm. MIZ: Wie nicht anders zu erwarten, hat das Münchener Finanzgericht die Klage am 29.11.2002 abgewiesen.

Frankreich

  • (3234) Paris. Spätestens seit dem 11. September 2001 haben sich islamisch-korrekte Cola-Getränke in Ländern des Nahen Ostens etabliert - doch auch in Frankreich wird seit Beginn des Ramadan die Marke Mecca-Cola vertrieben. Die erste Verkaufsbilanz ist erstaunlich. Der tunesisch-französische Unternehmer Tawfik Mathlouthi, der den Polit-Softdrink erfunden hat, konnte nach eigenen Angaben bis Mitte Dezember über 1,2 Millionen 1,5-Liter-Flaschen absetzen. Dabei war der Verkauf erst zum 6. November aufgenommen worden, dem Start des Fastenmonats Ramadan.

    Da in Frankreich, der Heimat des neuen Produktes, nur knapp fünf Millionen Muslime leben, zeugen die Zahlen von einem beachtlichen Erfolg. Schon im November hatte Mathlouthi seine eigenen Prognosen übertroffen. Er hoffte, in diesem Zeitraum rund 500.000 Flaschen zu verkaufen, tatsächlich hatte er schon bis Mitte des Monats 700.000 abgesetzt - und zwei Millionen Vorbestellungen gesammelt.

    Nachdem sich etwa in Saudi-Arabien die islamische Konkurrenz des US-Softdrink-Giganten Coca-Cola formiert hat, scheint das Konzept somit auch in Europa aufzugehen. Mathlouthi verkauft seine Mecca-Cola nach eigenen Angaben nicht nur in Frankreich, sondern auch in Großbritannien und Deutschland. Auf weitere Märkte in Europa wolle er noch vorstoßen. Und das alles, obwohl die Web-Site, auf der der Unternehmer die "Classic-Variante" seiner Cola und Ableger wie Mecca Orange und Mecca Tonic anpreist, bisher eher einen semiprofessionellen Eindruck macht.

    Mathlouthi fordert seine Glaubensgenossen faktisch auf, das braune Brause-Original aus den USA aus politischen Gründen zu boykottieren. Der Slogan "Ne buvez plus idiot, buvez engagé" ruft zu politisch bewusstem Konsum auf. Für ihre religiöse Überzeugung müssen Kunden allerdings einen Aufpreis zahlen: Eine Flasche Mecca-Cola kostet rund 1,50 Euro, rund 30 Cent mehr als eine Coke-Flasche in vergleichbarer Größe. Dafür verspricht der Unternehmer, 20 Prozent der Verkaufserlöse zu spenden, unter anderem für die Unterstützung palästinensischer Belange. Auf seiner Internet-Seite zeigt er neben Fotos verwundeter oder weinender palästinensischer Kinder auch Bilder von Intifada-Kämpfern, die sich nur mit Steinen bewaffnet israelischen Panzern gegenüberstellen.

    Seine Produkt-Idee hat sich Mathlouthi im Sommer von einem iranischen Vorbild abgeschaut: Die Abfüllfirma Samsam, früher der persische Partner des Coke-Konkurrenten Pepsico, hat bereits weit über zehn Millionen Flaschen ihrer politisch korrekten Cola in Länder wie Saudi-Arabien, Katar oder Bahrein exportiert. Auch in anderen arabischen Ländern verkaufen sich muslimische Softdrinks glänzend. In den Vereinigten Arabischen Emiraten etwa, berichtet der Economist, sei der Umsatz der in der West Bank hergestellten Star Cola allein im vergangenen Quartal um 40 Prozent angestiegen. Nicht immer jedoch sind es islamische Firmen, die vom religiösen Getränketrend profitieren. Die in Kairo beheimatete, hoch profitable Brauerei Al Ahram Beverages etwa, die "islamisches" Bier vertreibt, wurde erst kürzlich auf diskrete Weise vom niederländischen Heineken-Konzern aufgekauft. (Spiegel online, 16.12.02)

Irland

  • (3235) Dublin. Dublins Kardinal Desmond Connell hat zugesichert, Akten von Fällen des sexuellen Missbrauchs an Jugendlichen beschuldigten Priestern den Behörden zu übergeben. Die Polizei könne die Akten einsehen, sagte der Kardinal laut irischen Presseberichten. Zuvor hatte Connell fünf Stunden lang mit mutmaßlichen Missbrauchsopfern gesprochen. Daraufhin sagte eine Opfervereinigung einen bereits geplanten Protestmarsch gegen den Kardinal ab. Die irische Regierung hatte Anfang Dezember 2002 beschlossen, Vorwürfen sexuellen Missbrauchs durch Geistliche in der Erzdiözese Dublin nachgehen zu wollen. Unter anderem wird Connell vorgeworfen, des Missbrauchs verdächtigte Priester in andere Pfarreien versetzt zu haben. Allein in der Erzdiözese Dublin liegen laut Schätzungen mehr als 400 Klagen wegen sexuellen Missbrauchs durch Priester vor. Der Kardinal hatte sich öffentlich bei allen Opfern entschuldigt und die rückhaltlose Zusammenarbeit mit den staatlichen Behörden angekündigt, Akteneinsicht jedoch bislang abgelehnt. (Radio Vatikan 2.1.02)

Schweden

  • (3236) Stockholm. Am ersten Januar ist in Schweden eine Grundgesetzänderung in Kraft getreten, die einen Paragraphen gegen Diskriminierung aus sexuellen Gründen enthält. Demnach ist es nicht mehr erlaubt, Homosexuelle wegen ihrer sexuellen Überzeugung verbal anzugreifen oder zu diskriminieren. Vor der Verabschiedung des Gesetzes im November hatten konservative Christen die Befürchtung geäußert, auch das Zitieren entsprechender Bibelstellen und die Verbreitung der Heiligen Schrift falle künftig unter Strafe. Der schwedische Justizminister Thomas Bodström betonte jedoch in einem Interview mit der christlichen Tageszeitung Nya Dagen (Stockholm), dass es auf den Zusammenhang ankommen werde, in dem die fraglichen Formulierungen benutzt werden. Es werde selbstverständlich weiterhin erlaubt sein, auch diskriminierende Passagen der Bibel etwa während einer Predigt zu zitieren, sich auf die Bibel zu berufen, Bibeln zu drucken oder zu verteilen. (idea, 9.1.03)

Italien

  • (3237) Rom. Trotz starker Proteste [vgl. IR-Meldung 3211] hat das italienische Erziehungsministerium das Anbringen von Kruzifixen in allen staatlichen Schulen angeordnet. Ferner sollten nach Möglichkeit interkonfessionelle Gebetsräume für die Schüler eingerichtet werden. Das schreibt Erziehungsministerin Letizia Moratti in einem Rundschreiben an die Schulrektoren des Landes. Die gesetzliche Grundlage für die Kruzifix-Verordnung stammt aus den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, sie wurde bislang je nach Region und Schule unterschiedlich gehandhabt. (Radio Vatikan, 14.12.02)

  • (3238) Rom. Rekordjahr für Priester im italienischen Fernsehen: Staatliche und private Programme ließen im vergangenen Jahr katholische Geistliche so oft zu Wort kommen wie nie zuvor. Das stellt die Wochenzeitschrift l'Espresso fest. Unter ihnen sind vor allem Don Antonio Mazzi, dem mit einer Stunde und 18 Minuten Redezeit sogar mehr Raum gegeben wurde als dem Papst, welcher "nur" 46 Minuten zu hören war. Priester werden von italienischen Fernsehjournalisten nicht nur zu kirchlichen Fragen, sondern auch zu Themen wie Prostitution, Weltfriede oder ähnlichen Themen geladen. (Radio Vatikan, 9.1.03)

Vatikan

  • (3239) Vatikanstadt. Italienischen Medienberichten zufolge plant die katholische Kirche nun Maßnahmen gegen das zunehmende "Verlottern der Sitten" [sic! angesichts der Vielzahl von Missbrauchsfällen in katholischen Kreisen] zu ergreifen. Laut der römischen Zeitung La Repubblica wird der Vatikan demnächst ein 500 Seiten starkes Dokument veröffentlichen. Unter dem Titel Lexikon der Familie und des Lebens stellt die Kirche u.a. die Beziehung von Mann und Frau als Grundlage der Gesellschaft heraus und wendet sich somit gegen das Tolerieren von Homo-Ehen. Des Weiteren begründet sie ihre Ablehnung jeglicher Art von Empfängnisverhütung und Praktiken der Sexualaufklärung, die ihr Augenmerk lediglich auf biologische Aspekte legt. Zum ersten Mal werden mit diesem Dokument die Ansichten schriftlich fixiert. (ntv.de, 17.12.02)

  • (3240) Vatikanstadt. Die Seligsprechungsfeier für Mutter Teresa von Kalkutta wird voraussichtlich am 19. Oktober 2003 auf dem Petersplatz in Rom stattfinden. Das wurde Ende Dezember im Vatikan bekannt gegeben. Vertreter der Kongregationen der Missionarinnen und Missionare der Nächstenliebe, die von der vor fünf Jahren verstorbenen Ordensfrau gegründet worden waren, zeigten sich über dieses Datum erfreut. Besonders bedeutsam sei, dass der Termin so nahe am 25. Jahrestag der Wahl von Papst Johannes Paul II. liege. Dieser war am 16. Oktober 1978 vom Kardinalskollegium zum Nachfolger Petri erwählt worden. (Radio Vatikan, 20/21.12.02)

    Anm. MIZ: Das Seligsprechungsverfahren für Teresa ist das bei weitem Kürzeste in der jüngeren Kirchengeschichte. (Der bisherige Rekordhalter, Opus Dei-Gründer Escriva, brauchte immerhin 17 Jahre!). Es liegt nun an den Konfessionslosenverbänden und den Medien, den hartnäckigen Mythos vom "Engel aus Kalkutta" zu dekonstruieren und aufzuzeigen, wer Teresa in Wirklichkeit war: eine Freundin von Diktatoren, die auf Kosten der Armen, die zu ihr kamen, die reichlich fließenden Spendengelder aus aller Welt für den Vatikan hortete.

  • (3241) Vatikanstadt. Johannes Paul II. sprach sich bei einem diplomatischen Neujahrsempfang ungewöhnlich heftig gegen einen möglichen Krieg gegen den Irak aus. Der Kirchenführer erklärte auf dem Empfang. "Krieg ist niemals ein unabwendbares Schicksal. Krieg bedeutet immer eine Niederlage für die Menschheit." Zugleich erinnerte das Oberhaupt der katholischen Kirche an das Leiden der Bevölkerung im Irak durch das UNO-Wirtschaftsembargo. Krieg sei kein Mittel zur Konfliktlösung. Nach der UNO-Charta könne Krieg lediglich unter bestimmten Bedingungen als letztes Mittel betrachtet werden. Dabei müssten aber auch "die Folgen für die Zivilbevölkerung" beachtet werden.

    Johannes Paul II. plant nach italienischen Zeitungsberichten, einen hohen Kurienkardinal zu Friedensmissionen nach Bagdad und Washington zu schicken. Falls sich die Gefahr eines militärischen Angriffs auf den Irak weiter zuspitze, solle der französische Kardinal Roger Etchegaray mit dem irakischen Staatschef Saddam Hussein und mit US-Präsident George Bush zusammentreffen. Der Kardinal solle dabei zugleich persönliche "Friedensbotschaften" des Papstes überbringen, berichtet die römische Zeitung Il Messaggero. Das Blatt verweist auf die Friedensversuche des Vatikans im Jahre 1991, als der Papst nur Stunden vor Beginn des Golfkrieges Botschaften an die Staatspräsidenten beider Länder schickte.

    Der Papst hatte bereits in den vergangenen Wochen mehrfach deutlich gemacht, dass er einen Angriff auf Bagdad ablehnt. Er rief alle "Menschen guten Willens" auf, sich dafür einzusetzen, einen Krieg zu verhindern. (Spiegel online, 13.1.03)

    Anm. MIZ: Es freut die Redaktion, zumindest dieses eine Mal dem Papst beipflichten zu können. Allerdings ist kaum zu erwarten, dass die Bemühungen des Kirchenoberhaupts von Erfolg gekrönt sein werden. (Hierzu müsste er wohl selbst nach Bagdad fliegen und die nächsten Monate dort verbringen?) In der politischen Landschaft Deutschlands sorgte der päpstliche Appell immerhin für Irritationen. So sah sich ausgerechnet CSU-Hardliner Peter Gauweiler bemüßigt, sich auf die Seite der Friedensbewegung zu stellen und seine Parteigenossen mit einer unangenehmen Gewissensfrage zu konfrontieren: Papst oder Bush? Da die Union aus taktischen Gründen eine Gegenposition zu Kanzler Schröder aufbauen musste, zog der Papst ausnahmsweise bei den Christparteien den Kürzeren...

Spanien

  • (3242) Madrid. Bei einer Umfrage des spanischen Zentrums für Sozialforschung (CIS) gaben 46% der Spanier an, gar nicht mehr zu Gottesdienst zu gehen. Als regelmäßige Kirchgänger bezeichnen sich nur 18%. 1960 waren es noch 95% der vom CIS befragten Personen. (WAZ, 10.12.02)

Griechenland

  • (3243) Athen. Der griechisch-orthodoxe Metropolit Ambrosios ist mit der Forderung nach religiös gemischten Ehen als Maßnahme gegen Rassismus auf Kritik aus den eigenen Reihen gestoßen. Der Metropolit hatte seine Forderung im Rahmen einer Diskussion der Heiligen Synode über Einwanderung erhoben. Die Kirche solle Ehen von griechisch-orthodoxen Gläubigen mit Anhängern anderer Religionen oder Konfessionen ermutigen und damit ihrer alten Praxis entsprechen, so Ambrosios. Das Oberhaupt der griechisch-orthodoxen Kirche, Christodoulos, wies die Forderung jedoch barsch zurück. (Radio Vatikan, 11.1.03)

  • (3244) Athen. Der Primas der griechisch-orthodoxen Kirche, Christodoulos, hat eine mögliche Aufnahme der Türkei in die Europäische Union scharf kritisiert. Das Land habe nichts zur Zivilisation beizutragen, sagte der Erzbischof von Athen in einer Predigt. Der bisherige Beitrag der Türkei zur europäischen Geschichte habe in Barbarei und Raubzügen bestanden, so der Kirchenführer laut Nachrichtenagentur afp. Der EU-Beitrittskandidat sei nur daran interessiert, seine Märkte zu erweitern, nicht aber daran, zum Fortschritt der Kultur beizutragen. (Radio Vatikan, 19.1.03)

Serbien

  • (3245) Vranje. Ein Skandal um sexuellen Missbrauch von jungen Ministranten, in den ein Bischof verwickelt sein soll, hat die Spitze der serbisch-orthodoxen Kirche erschüttert. Drei junge Männer, die zur Tatzeit minderjährig waren, haben den Bischof der Stadt Vranje, Pahomije, beschuldigt, sie sexuell misshandelt zu haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Geistlichen, berichten Belgrader Zeitungen. Die serbische Bischofskonferenz hat scharf auf die Anschuldigungen reagiert. Es gebe eine "gottlose Hetzjagd" gewisser "antikirchlicher Kreise", urteilte die Bischofskonferenz. Die Kirchenleitung verlangte zugleich die Aufklärung der Vorwürfe. (orf.at, 11.01.03)

Polen

  • (3246) Warschau. Einen deutlichen Gottesbezug in der künftigen EU-Verfassung hat der Primas der katholischen Kirche des Landes, Kardinal Jozef Glemp, gefordert. Jede andere Entscheidung sei eine Verletzung der Demokratie, da die Mehrheit der Bürger in der Europäischen Union Christen seien. Das betonte Glemp gegenüber der polnischen katholischen Nachrichtenagentur (KAI). Daher könne er auch die Nervosität nicht verstehen, mit der über einen Gottesbezug in der Verfassung diskutiert werde. Der Sprecher der EU-Kommission hatte unlängst erklärt, die Mitglieder des Gremiums hätten das Thema noch nicht abschließend diskutiert. (Radio Vatikan, 4.1.03)

Russland

(3247) Moskau. Der katholischen Kirche in Russland ist Gefährdung der nationalen Sicherheit vorgeworfen worden. In einem von Regierungsmitarbeitern und Religionsvertretern erstellten Bericht wird empfohlen, sie gemeinsam mit anderen ausländischen Religionsgemeinschaften von den Sicherheitsbehörden überwachen zu lassen. Wie die Tageszeitung Moscow Times in ihrer Internet-Ausgabe berichtete, gilt die katholische Kirche als besonders gefährlich. An zweiter Stelle stehen die Protestanten, gefolgt von den Zeugen Jehovas, Scientology und den Satanisten. (Radio Vatikan, 9.12.03)

Ukraine

  • (3248) Kiew. Staatspräsident Leonid Kutschma hat sich für eine engere Zusammenarbeit des Staates mit den Kirchen ausgesprochen. Bei einem Treffen mit katholischen Bischöfen sagte Kutschma, eine solche Kooperation würde die geistige und moralische Erneuerung der ukrainischen Gesellschaft unterstützen. Bei der Rückgabe des von den Kommunisten beschlagnahmten Eigentums an die Kirchen gebe es zwar noch immer eine Reihe von Hindernissen. Es würden aber viele Anstrengungen unternommen, um die Rückgabe zu beschleunigen, so Kutschma. (Radio Vatikan, 20.12.02)

Nordamerika

U.S.A

  • (3249) Tallahassee. Der Gründer der Restaurantkette "Domino Pizza", Tom Monaghan, will umgerechnet 200 Millionen Euro für den Aufbau einer katholischen Universität im Bundesstaat Florida zur Verfügung stellen. Sie soll die größte und modernste im Süden der USA werden. Daneben ist laut US-Medienberichten eine "Ave-Maria-Stadt" für rund 5.000 Studenten geplant. Es wäre die erste Neugründung einer katholischen Universität in den Vereinigten Staaten seit 40 Jahren. (Radio Vatikan, 24.11.02)

  • (3250) Boston. Gegen Priester der Erzdiözese Boston sind erneut schwere Vorwürfe erhoben worden - es ist von Missbrauch kleiner Mädchen und Drogenkonsum die Rede. Insgesamt acht Geistliche werden beschuldigt, wie aus 3.000 Seiten Akten hervorgeht, die von den Rechtsanwälten der Missbrauchsopfer veröffentlicht wurden. Der zuständige (mittlerweile zurückgetretene) Kardinal Bernard Law soll die Priester in andere Gemeinden versetzt haben, nachdem die Vorwürfe laut wurden, wie die Anwälte beweisen wollen.

    Rund 450 Opfer gehen jetzt vor Gericht und verlangen insgesamt eine Summe von 100 Millionen Dollar Strafen und Schadenersatz. Doch so wie es aussieht, wird das Geld wohl nicht gezahlt. Denn die katholische Kirche sagt, sie sei pleite. Wie für jedes Wirtschaftssubjekt gilt auch für die katholische Kirche das Konkursrecht. Wie Enron und Worldcom hat auch sie die Möglichkeit, sich unter den Schutz des Insolvenzrichters zu stellen, Konkurs nach Kapitel 11 des amerikanischen Insolvenzrechtes zu erklären und ohne Vermögensliquidation weiter zu wirtschaften. Die Diözese Boston, Zentrum des jüngsten Sexskandals, will diesen Schritt nun gehen, sollte der Vergleich mit den Opfern zu teuer werden.

    Das letzte Wort ist zwar noch nicht gesprochen, denn die Kirchenleitung muss dem Konkurs zustimmen, aber die Kirche lässt keinen Zweifel daran, im Notfall jedes Mittel auszunutzen, das eigene Vermögen zu schützen. "Wir wollen die Opfer unterstützen", zitiert der Boston Globe Kirchensprecherin Donna Morrissey, "gleichzeitig wollen wir aber auch die gute Kirchenarbeit aufrecht erhalten".

    Die katholische Kirche ist ein kompliziertes Gebilde von Holdings und Tochtergesellschaften, regional zersplittert und international nicht schadenersatzpflichtig. Als eigener Staat hat der Vatikan, also die Zentrale der katholischen Kirche, mit dem amerikanischen Schadenersatzrecht nichts zu tun. Für Amerika ist es bei Schadenersatzklagen schwerer, an die Kirche heranzukommen als beispielsweise an das Franchisesystem von McDonald's. Das Vermögen der katholischen Kirche Amerikas verteilt sich auf 178 Diözesen, die wiederum unzählige Tochtergesellschaften betreiben. Die Diözese Providence in Neuengland etwa hat nach Auskunft der Schadenersatzkläger 220 Tochterunternehmen, unter anderem die Vermögensverwaltung der vornehmen Aldrich Mansion, der Kinokulisse aus dem Hollywood-Film "Meet Joe Black". Aber auch die Priester in Providence sagen, sie könnten für alle Schadenersatzklagen nicht aufkommen.

    Es wäre nicht das erste Mal, dass die katholische Kirche hohe Schadenersatzsummen für ihre Priester zahlen soll. Die Diözese Santa Fe zahlte jüngst 25 Millionen Dollar, ebenfalls für sexuellen Missbrauch, Boston zahlte 30 Millionen Dollar und Dallas 31 Millionen Dollar. Aber diesmal scheint die Zahl der Kläger nicht mehr überschaubar, und in Amerika hat generell ein Wettlauf der Geschworenengerichte um die höchste Strafsumme begonnen.

    Der Konkurs nach Kapitel 11 kann Unternehmen vor zu hohen Belastungen retten. Trotzdem zögert die katholische Kirche noch. Und das hat einen Grund: Anders als gewöhnliche Unternehmen müssen kirchliche Einrichtungen bisher ihre Bücher nicht offen legen. Mit dem Gang zum Konkursrichter wäre es damit allerdings vorbei. "Man wird jede Buchung überprüfen", sagt Professor Fred Naffziger von der Universität Indiana. Und was jetzt bekannt ist, lässt unangenehme Enthüllungen erwarten. In der Diözese Stockton in Kalifornien etwa wurde jüngst bekannt, dass die viele Millionen Dollar teure Kathedrale noch mit 28.000 Dollar verbucht ist. Der jüngste Skandal könnte also weitere nach sich ziehen? (SZ, 4.12.02, Netzzeitung, 4.12.02)

  • (3251) Boston/Vatikanstadt. Pikanter Nachtrag zur Bostoner Missbrauchaffäre: In einem von Papst Johannes Paul II. unterzeichneten Brief vom 25. Mai 1999 rät dieser dem Sexualstraftäter und (inzwischen) laisierten Priester Robert Burns, er solle wegziehen und sich dort niederlassen, "wo seine Vergehen nicht bekannt sind". Das Schreiben fanden die Anwälte der Missbrauchsopfer in der Personalakte des Täters aus der Erzdiözese Boston. Robert Burns war bereits in den 80er Jahren zweimal von seinem Chef, Kardinal Law, versetzt worden. Experten hatten genau davor gewarnt. Die Anwälte sehen die Auffassung bestätigt, dass es der römischen Kirche um Täterschutz und Verschleierung gehe, nicht aber um die Opfer. (WAZ, 13.12.02)

  • (3252) Washington. Neuer Schock für die katholische Kirche: Vier von zehn Nonnen in den USA sind allem Anschein nach sexuell missbraucht worden - oft von einem Priester oder einer anderen Nonne. Wie die Tageszeitung St. Louis Post-Dispatch berichtete, wird die Studie der Universität St. Louis, die diese Zahlen belegt, seit 1996 unter Verschluss gehalten - weil die katholische Kirche einen neuen Skandal befürchte. Viele der Nonnen seien "Opfer der Strukturen in derselben Institution, der sie ihr Leben gewidmet haben", zitierte die Zeitung den Psychologen, der für die Studie insgesamt 1.164 Nonnen aus 123 US-Ordensgemeinschaften befragt hatte. Die Autoren der Studie gehen von einer hohen Dunkelziffer aus, weil viele der Befragten aus Scham und Furcht vor einer Entdeckung möglicherweise nicht offen geantwortet hätten. Die von Nonnenorden mitfinanzierte Studie ist die einzige US-weite wissenschaftliche Erhebung über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche. (20 Minuten [Zürich], 5.1.03)

  • (3253) Alabama. Ein US-Bundesrichter hat die Entfernung eines monumentalen Gedenksteins mit den "Zehn Geboten" aus einem Gerichtsgebäude in Montgomery im Bundesstaat Alabama angeordnet. Der rund 2,4 Tonnen schwere Stein in der Eingangshalle des Gebäudes verstoße gegen die verfassungsmäßige Trennung von Kirche und Staat, urteilte Richter Myron Thompson. Die Verantwortlichen, so berichtet Kathpress, hätten 30 Tage Zeit, um das Monument zu entfernen. Der Oberste Richter von Alabama, Roy Moore, hatte den Gedenkstein nach seiner Ernennung im November 2000 aufstellen lassen. Er argumentiert, dass die "Zehn Gebote" die moralische Grundlage der amerikanischen Gesetzgebung seien. Außerdem werde durch die bloße Anwesenheit des Denkmals niemand dazu gezwungen, an Gott zu glauben. In seiner 96-seitigen Begründung kam Thompson jedoch zu dem Schluss, dass das Monument in Montgomerys Gerichtsgebäude einen "heiligen Platz" darstelle und damit "ein religiöses Heiligtum" sei. Dies sei jedoch in einem öffentlichen Gebäude nicht gestattet. Moore kündigte umgehend Berufung an. (orf.at, 19.11.02)

  • (3254) Lewiston. Einen Hexenkult sieht der amerikanische Prediger Douglas Taylor in den Harry-Potter-Romanen. Deshalb inszenierte er einen öffentlichen "Bücher-Veriss". Der 33-jährige Taylor ist Gründer der "Jesus Partei" und schon seit längerem aktiv im Kampf gegen die Kinderbücher. Er hält sie schlicht für Teufelswerk. "Harry Potter ist voll von Hexerei", sagte Taylor der Zeitung Boston Globe. Unter dem Applaus von hundert Zuschauern zerriss er nun eines der Werke in Lewiston im Bundesstaat Maine. Allerdings war das Zerreißen nur eine Notlösung. Ursprünglich hatte er das Buch verbrennen wollen, was ihm aber die Stadtverwaltung wegen giftiger Emissionen untersagt habe. Taylor hatte schon bei der Premiere des ersten Potter-Films vor einem Jahr Proteste organisiert. Für ihn sei auch der neue Film Harry Potter und die Kammer des Schreckens eine Anleitung für Schwarze Magie. Er würde in Kindern eine verheerende Leidenschaft für das Okkulte wecken, ist sich Taylor sicher. (Spiegel-online, 16.11.02)

  • (3255) New York. Die Erzdiözese New York will gerichtlich gegen ein neues Gesetz vorgehen, nach dem sie im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsfürsorge auch für Verhütungsmittel von Angestellten aufkommen müsste. Nach den neuen Bestimmungen sind zwar Kirchen und Seminare von dieser Verpflichtung ausgenommen; katholische Schulen und andere Sozialeinrichtungen fallen jedoch nicht unter die Ausnahmeregelungen. Für dort arbeitende Personen müssen auch Verhütungsmittel in den Katalog der vom Arbeitgeber zu bezahlenden ärztlich verschriebenen Präparate aufgenommen werden. Nach Auskunft eines Sprechers der Erzdiözese hält sich die Kirche derzeit "unter Protest" an die neuen Bestimmungen. Es könne jedoch nicht angehen, dass der Staat darüber befinde, "was katholisch ist und was nicht". So werde nicht allein in Gotteshäusern oder in Seminare die katholische Morallehre gelehrt, sondern selbstverständlich auch in Schulen. Juristen weisen allerdings darauf hin, dass katholische Schulen oder Krankenhäuser Menschen aller Glaubensgemeinschaften offen stehen und zudem öffentliche Gelder erhalten. Daher fielen sie nicht unter das Kirchen und Seminare zustehende Ausnahmegesetz. (Radio Vatikan, 6.1.03)

Australien

  • (3256) Sydney. Der mutmaßliche indonesische Terroristenführer Abu Bakar Bashir hat heftige Drohungen gegen Australien geäußert. Bashir, der geistige Führer der muslimischen Organisation Jemaah Islamiyah, sagte der Zeitung Sydney Morning Herald, Australien werde in einen Krieg gezogen, falls die Regierung terroristische Ziele im Ausland angreife. Ministerpräsident John Howard hatte kürzlich erklärt, er sei zu solchen Angriffen bereit, wenn damit Terroranschläge in Australien verhindert werden könnten.

    "Falls die Australier John Howards Haltung folgen, wird es einen Krieg in der Welt geben, und so Gott will, wird Australien sofort zerstört werden wegen der verrückten Idee seines Ministerpräsidenten", sagte Bashir der Zeitung. Er steht derzeit in einem Krankenhaus in Jakarta unter Bewachung der indonesischen Behörden. Bashir lobte in dem Interview Selbstmordattentate, die zur Verteidigung des Islam eingesetzt würden. Die Jemaah Islamiyah gilt als Drahtzieher des Bombenanschlags von Bali. Bislang wird gegen Bashir aber lediglich wegen Anschlägen auf christliche Kirchen vor zwei Jahren ermittelt. Die australische Zeitung The Australian berichtete jedoch, er habe im Februar 2002 an einem Treffen in Bangkok teilgenommen, das der Vorbereitung des Bombenanschlags von Bali gedient habe. Bei dem Attentat vom 12. Oktober waren mehr als 180 Menschen getötet worden, darunter 88 Australier und sechs Deutsche. (Spiegel-online, 13.12.02)

Asien

Israel

  • (3257) Jerusalem. Der Direktor der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, Avner Shalev, hat den Vatikan aufgefordert, unverzüglich seine Archive über die Zeit des Zweiten Weltkrieges zu öffnen. In einer Erklärung heißt es, der Vatikan wolle zwar demnächst seine Akten zur Zeit bis 1939 zugänglich machen; viel wichtiger sei es aber, Erkenntnisse über die Haltung der katholischen Kirche während der kritischen Jahre danach zu erhalten. (Radio Vatikan, 31.12.02)

Irak

  • (3258) Bagdad. Moslemische kurdische Autoritäten haben zu einem Heiligen Krieg gegen die "ungläubigen" Amerikaner aufgerufen. Am Ende einer Konferenz im Norden des Irak bezeichneten es die 600 dort versammelten Vertreter der Kurden als eine Pflicht der Moslems, den Dschihad zu unterstützen, wenn die "Ungläubigen ins Gebiet der Moslems eindringen". In ihrer Verlautbarung bekräftigen die Kurden - laut übereinstimmenden Meldungen - der ganze Irak und das gesamte arabische und kurdische Volk würden dem "amerikanisch-zionistischen" Feind die Stirn bieten. (Radio Vatikan, 24.12.03)

Indien

  • (3259) Kilimanoor. Nach dem Anschlag auf einen christlichen US-Missionar sind im südindischen Bundesstaat Kerala drei militante Hindu-Aktivisten verhaftet worden. Die Männer, die mutmaßlich der fundamentalistischen Hindu-Organisation RSS angehören, hatten den 68-jährigen Joseph Cooper in der Stadt Kilimanoor durch mehrere Messerstiche verletzt. Fünf weitere Menschen wurden verwundet, darunter eine Pastorenfamilie. Zahlreiche christliche Gruppen, darunter der Indische Christenrat verurteilten den Anschlag. In Kerala ist es in den vergangenen Monaten immer wieder zu Übergriffen militanter Hindus auf Angehörige anderer Religionsgemeinschaften gekommen. (Radio Vatikan, 16.1.03)

Afrika

Nigeria

  • (3260) Kaduna. "Was wir sagen, ist, dass der Heilige Koran klar festgelegt hat, dass jeder, der den Propheten des Islam, Mohammed, beleidigt, getötet werden muss", erklärte der Informationsminister des Bundeslandes Zamfara, Umar Dangaladima Magaji, der Nachrichtenagentur Reuters. Die Journalistin Isioma Daniel hatte in der Zeitung This Day Kritik von Muslimen an der ursprünglich in Nigeria angesetzten Miss-Wahl zurückgewiesen: Der Religionsgründer des Islam, Mohammed, hätte sicherlich eine der Schönheiten zur Frau genommen. Wegen dieser Äußerung war es zu Auseinandersetzungen zwischen Moslems und Christen in der nordnigerianischen Stadt Kaduna gekommen, bei denen mehr als 200 Menschen (!) getötet wurden. Daniel ist in die USA geflohen.

    Bei dem Aufruf zur Tötung Daniels handle es sich um eine Fatwa, ein Urteil nach islamischem Recht, sagte Magaji. "Sie basiert auf dem Wunsch des Volkes." Die Regierung halte die Fatwa für angemessen, weil sie zur Entschärfung der Lage und zum Vermeiden von weiterem Blutvergießen beitragen könne. (Spiegel online, 24.11.02)