IBKA-Tagung 2008 in München
Religionskritik
Grundrechte im Schatten der Götter
10.-12. Oktober 2008 im Oberangertheater
Freitag, 10. Oktober 2008
Pressekonferenz von bfg München und IBKA
Kleine Ausstellung gotteslästerlicher Karikaturen im Foyer des Oberangertheaters während der gesamten Tagungsdauer.
Preisverleihung „Der freche Mario” – Blasphemie-Preis des bfg München
Samstag, 11. Oktober 2008
Preisverleihung „Gache Wurzn“ für Mut und Zivilcourage (bfg München)
Willkommensgruß durch die Betreiber des Oberangertheaters, Dietmar Holzapfel und Sepp Sattler, und durch Schirmherrn.
Laudatio durch Wolfram P. Kastner (Institut für Kunst und Forschung/bfg München)
Preisübergabe an Serdar Somuncu
Verleihung des IBKA-Preises „Sapio” 2008 an die Kabarettisten Shabana Rehman und Sigi Zimmerschied
Preisverleihungsbegründung durch Arzu Toker (IBKA)
Laudatio für Shabana Rehman: Arzu Toker
Laudatio für Sigi Zimmerschied: Gerhard Haderer (österr. Karikaturist)
Veranstaltungsbericht: Zwei Preise und Gesang
Sonntag, 12. Oktober 2008
Offene Tagung
Dr. Roland Seim: Vortrag „Kruzifix! Blasphemie in der Popkultur“
Gunnar Schedel: Vortrag „Religionskritik gestern und heute“
Podiums-Diskussion „Grundrechte im Schatten der Götter“ (Veranstaltungsbericht)
Religionskritik
Grundrechte im Schatten der Götter
Selbst wenn ein aufgehetzter Mob wegen ein paar Karikaturen, welche die Beteiligten gar nicht betrachten konnten, Botschaftsgebäude niederbrennt, dann scheint solch Furor doch weit weg.
Auch der Kirchenaustritt hat hierzulande nicht die Ermordung zur Folge.
Neuerdings gibt es zudem eine mediale Debatte um die „Neuen Atheisten” an der sogar gelegentlich auch ausgewiesene Nichtreligiöse beteiligt werden.
Leben wir also in Mitteleuropa in einer Region, wo Religionskritik sich ungehindert entfalten kann?
Bereits das bundesdeutsche Strafgesetzbuch bildet die Grundlage für eine weitreichende Einschränkung der Meinungsfreiheit durch den Spezialparagraphen 166. Dieser sieht nicht etwa für jene, die Gewalttaten ihrer Anhänger gegen Religionskritiker nicht ausreichend entgegentreten, eine Bestrafung vor, sondern prophylaktisch für die Religionskritiker, deren Äußerungen bereits auch nur irgendwie geeignet scheinen, den Furor der Fanatiker ausreichend provozieren zu können. Die Existenz von Morddrohungen gegen Religionskritiker reicht aus, deren religionskritisches Werk zu verbieten. Faktisch ist damit das Faustrecht der Fanatiker legitimiert.
Der 166er wirkte auch noch nie in die Richtung, aufhetzende Bemerkungen von Religionsvertretern zu sanktionieren. Schon die schiere Existenz dieser Strafrechtsbestimmung entfaltet gelegentlich eine Wirkung als „Schere im Kopf” bei Verlegern und Autoren.
Nachdem sowohl der Versuch, das Ferkelbuch strafrechtlich zu ahnden, als auch es indizieren zu lassen, gescheitert waren, begann ein untergesetzlicher Tugenddiskurs „so was macht man nicht!” und „Religion verdiene Respekt!”
Die 7451ste Widerlegung von Gottesbeweisen auf 1000 Seiten ist im Zeitalter elektronischer Massenmedien und flüchtiger Aufmerksamkeitsspannen zumindest hierzulande nicht mehr der Stein des Anstoßes.
Bedroht fühlen sich manche Religiöse hingegen von Kritik, welche den Absurditäten von ideologischen Systemen mit Humor, Sarkasmus, Satire, Karikatur und Kabarett begegnet und als Teil der Alltagskultur auftritt.
Nirgends ist die Fallhöhe evidenter, als dort, wo es betont feierlich, rituell starr und dogmatisch zugeht und die religiöse Identität den angstbesetzten Zweifel bestenfalls als Läuterungsprozess mit pflichtgemäß konformistischem Ausgang instrumentalisierend erlaubt.
Mit der Tagung wollen wir zeigen, wie irrationale Systeme sich gegen Kritik immunisieren und dazu sich auch der Staatsgewalt grundrechtsfeindlich bedienen; wie die subversive Kraft des Humors wirkt und wie sich daraus auch ein Umgang mit Religion ergibt, der sowohl in der Sache fundiert ist, als in der künstlerischen Form den Charme der Leichtigkeit hat.