3. Schule
Den christlichen Großkirchen ist es gelungen, den Staat zu verpflichten, die Glaubensunterweisung ihrer Mitglieder aus den Taschen der Steuerzahler und damit auch der Konfessionslosen und Andersgläubigen zu finanzieren. Der Staat stellt zu diesem Zweck beispielsweise seine Schulen zur Verfügung, übernimmt die Ausbildung und Besoldung der ReligionslehrerInnen und legt darüber hinaus in vielen Landesverfassungen und Schulgesetzen fest, daß auch der übrige Unterricht in christlichem Geiste zu erteilen sei.
Mancherorts scheint die Säkularisierung der Bildung kein drängendes Problem mehr zu sein. Doch vor allem in den südlichen Bundesländern und hier wiederum besonders extrem in den Grund-, Haupt- und Sonderschulen, die offen als "Christliche Gemeinschaftsschulen" geführt werden, sind christliche Traditionen weiterhin institutionell verankert. Faktisch hat sich diese christliche Gemeinschaftsschule als bikonfessionell-ökumenische Bekenntnisschule erwiesen.
Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht bereits 1975 in Entscheidungen zur bayerischen und badischen christlichen Gemeinschaftsschule jegliche christliche Missionierung im allgemeinen Unterricht in den Entscheidungsgründen unmißverständlich für verfassungswidrig erklärt. Offen verfassungswidrig, und das nicht zum ersten Mal, handelt insofern beispielsweise das Bayerische Kultusministerium, wenn es mit Bekanntmachung vom 6. Dezember 1988 die von katholischer und evangelischer Kirche gemeinsam erarbeiteten "Leitsätze für die Unterrichtung und die Erziehung nach gemeinsamen Grundsätzen der christlichen Bekenntnisse an Grund-, Haupt- und Sondervolksschulen" als für alle Lehrerinnen und Lehrer verbindlich erklärt. In Deutschland wurde wohl auf keinem Gebiet der Auftrag der Verfassung zur Gleichbehandlung seiner BürgerInnen so schwer verletzt wie durch die Zusicherung eines festen Platzes für die Großkirchen im staatlichen Schulsystem. Die Kirchenfreien und Andersgläubigen werden hier eindeutig benachteiligt.
In den meisten Bundesländern wurde für Schülerinnen und Schüler, die keinen Religionsunterricht besuchen, ein Zwangsersatzfach eingeführt, beispielsweise unter Namen wie "Ethik' oder "Werte und Normen". Solange nicht analog zum Religionsunterricht eine Abmeldemöglichkeit für dieses Zwangsersatzfach besteht, handelt es sich dabei um einen massiven Anschlag auf die Weltanschauungsfreiheit. Weil es keine Verpflichtung gibt und geben darf, eine Religion zu bekennen, kann es auch keine Verpflichtung geben, für die Nichtteilnahme an den Glaubensunterweisungen der KatholikInnen und ProtestantInnen Ersatz leisten zu müssen. Daß die Kinder nichtchristlicher Eltern durch diesen Zwangs-Ethikunterricht als moralisch-sittlich nachhilfebedürftig diffamiert werden, ist ein durchaus gewollter Nebeneffekt.
Auffallend ist, daß Ethik immer dann eingeführt wurde, wenn die Abmeldung vom Religionsunterricht erschwert werden soll, vor allem in höheren Klassen.
Forderungen des IBKA:
- Der Grundsatz der Trennung von Staat und Kirchen ist konsequent auf das gesamte öffentliche Schulwesen anzuwenden.
- Religionsunterricht ist in die Religionsgesellschaften zurückzuverlagern; insofern ist Art. 7 Abs. 3 des Grundgesetzes, wonach konfessioneller Religionsunterricht in den öffentlichen Schulen ordentliches Lehrfach sei, zu streichen. Glaubensunterweisung hat in der öffentl. Schule ähnlich wie beispielsweise parteipolitische Werbung nichts zu suchen.
- Solange an staatlichen Schulen Religionsunterricht noch erteilt wird, ist er grundsätzlich in die sogenannten Eckstunden zu verlegen.
- Niemand ist verpflichtet, bei Nichtteilnahme am Religionsunterricht einen Ersatzunterricht besuchen zu müssen. Das Zwangsersatzfach Ethik ist abzuschaffen.
- Soweit Ethikunterricht noch erteilt wird, ist er als gleichrangiges Alternativfach zum Religionsunterricht anzusehen.
- ReligionslehrerInnen dürfen nicht gleichzeitig EthiklehrerInnen sein, weil sie nicht zugleich dem Missionierungsauftrag ihrer Kirche und dem Gebot weltanschaulicher Neutralität des Staates gerecht werden können.
- Kruzifixe sind aus den Klassen- und Lehrerzimmern der öffentlichen Schulen zu entfernen.
- Gebete an öffentlichen Schulen, die außerhalb eines Religionsunterrichtes stattfinden, verstoßen gegen das Prinzip der weltanschaulichen Neutralität des Staates. Sie sind pädagogisch unvertretbar, weil hierdurch die nichtbetenden Kinder in Außenseiterrollen gedrängt werden.
- Bekenntnisschulen sind nur als freie Schulen (Privatschulen) zulässig. Staatliche und öffentliche Zuschüsse für Bekenntnisschulen sind zu streichen.