Feiertagsreformen wünschenswert
Jugendliche wollen auch an christlichen Feiertagen tanzen
Aus: IBKA Rundbrief August 2003
Anlässlich der wenig arbeitnehmerfreundlichen Debatte um die ersatzlose Streichung von gesetzlichen Feiertagen hat der IBKA in einer Pressemitteilung auf den tendenziös-christlichen Charakter der deutschen Feiertage hingewiesen. Obwohl die aktiven Mitglieder der beiden großen christlichen Kirchen nur noch eine verschwindende Minderheit der Bevölkerung darstellen, sind die gesetzlich verbindlichen Feiertage überwiegend auf diese Minderheit zugeschnitten.
Und dies gilt selbst in den Bundesländern, in denen auch aktive und passive Mitglieder der Großkirchen zusammen nur noch eine Minderheitenrolle innehaben, so z.B. in den fünf neuen Bundesländern. Die Interessen von Atheisten, Muslimen, Juden, Hindus und anderer Bevölkerungsgruppen blieben bislang völlig unberücksichtigt.
§ 10 Feiertagsgesetz Ba-Wü
(1) Öffentliche Tanzunterhaltungen sind an Allerheiligen, am Allgemeinen Buß- und Bettag, Volkstrauertag, Totengedenktag und am 24. Dezember von 3 Uhr bis 24 Uhr, am Gründonnerstag, Karfreitag, Karsamstag und am Ersten Weihnachtstag während des ganzen Tages verboten.
(2) An den übrigen Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen mit Ausnahme des 1. Mai und des 3. Oktober sind öffentliche Tanzunterhaltungen von 3 Uhr bis 11 Uhr verboten.
Deswegen hat der IBKA - entsprechend dem Diskussionsergebnis der MV 2001 - angeregt, zukünftig Feiertage mit religiösem Hintergrund nicht mehr allgemein gesetzlich vorzuschreiben, sondern jedem Bürger, gleich welcher Weltanschauung, ein "Kontingent" an Feiertagen (Kultustagen) gesetzlich, auch als individueller Anspruch gegenüber einem Arbeitgeber, zu verbriefen.Eine solche Kontingentregelung würde einerseits dem grundgesetzlich gewährleisteten Recht auf freie Religionsausübung Genüge tun, andererseits aber nicht "Fronleichnam" oder "Christi Himmelfahrt" der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung, die keine aktiv praktizierenden Christen sind, allgemeinverbindlich überstülpen.
Eine solche individuelle Lösung würde der Wirtschaft auch die Probleme mit so genannten "Brückentagen" erleichtern. Es würden an bestimmten Tagen nicht, wie bislang, alle Arbeitnehmer zur gleichen Zeit ihre "Feiertage" beanspruchen.
Die Diskussion um die Feiertage gibt den Landesgesetzgebern zusätzlich die Möglichkeit, die Feiertagsgesetze von alten Zöpfen zu befreien. Schließlich ist es vielen Jugendlichen, aber nicht nur diesen, unverständlich, z.B. am so genannten Gründonnerstag oder anderen Feiertagen gerade nicht "feiern" zu dürfen. Und dies in einer Gesellschaft, die erfreulicherweise eine zunehmend geringere emotionale Bindung an diese verordneten christlichen Feiertage verspürt. Die Landesgesetzgeber sollten die Gesetze endlich den gesellschaftlichen Realitäten anpassen.
In Baden-Württemberg hat sich kürzlich eine Initiative gegründet, die mit einer Petition die Abschaffung des Verbotes öffentlicher Tanzunterhaltungen, welches in dem Feiertagsgesetz des Landes für manche christlichen Festtage festgelegt ist, erreichen will (siehe hierzu den Bericht in der MIZ 2/2003 und im Internet www.tanzverbot.de).