1999 - Meldungen 2634-2670
Europa
Deutschland
-
Der Synodale Klaus Brinker, der 1984 als Beamtenanwärter wegen seiner Homosexualität vom Pfarrdienst entlassen wurde, nannte den Bericht einen "Rückschritt". Wenn die Landeskirche jetzt nicht handele, bleibe sie "bei der Praxis der Berufsverbote" und verlängere "antihomosexuelle Einstellungen". Er kritisierte den Umgang des Arbeitskreises mit den Bibeltexten als "neuartige Form des Fundamentalismus". In die Auslegung biblischer Texte müsse die Lebenswirklichkeit der Gegenwart einbezogen werden. Die Betroffenen seien in dem Bericht nicht zu Wort gekommen.
Der Arbeitskreis war auf einen Beschluß der Synode vom November 1993 hin eingesetzt worden. Damals hatte die Synode mit einer Stimme Mehrheit an die Kirchenleitung appelliert, Arbeitsmöglichkeiten für homosexuelle Menschen in der Kirche zu eröffnen. (Top-News, 25.11.98)
-
Meisner hatte die Abtreibungspille RU 486 indirekt mit dem zum Judenmord benutzten Gas "Zyklon B" verglichen. Der Kölner Erzbischof schrieb in der "Rheinischen Post", daß RU 486 kein Heilmittel sei, sondern "das genaue Gegenteil, nämlich ein chemisches Tötungsinstrument speziell für ungeborene Kinder". In der Nazi-Zeit seien "schlimmste Verbrechen durch den Einsatz chemischer Substanzen verübt worden". So sei es "eine unsägliche Tragödie, wenn sich am Ende dieses Jahrhunderts die chemische Industrie ein zweites Mal anschicken würde, in Deutschland ein chemisches Tötungsmittel für eine bestimmte gesetzlich abgegrenzte Menschengruppe zur Verfügung zu stellen".
Regierungsmitglieder reagierten auf die Äußerungen Meisners empört. So verurteilte Familienministerin Bergmann (SPD) die Haltung des Erzbischofs, die sich massiv gegen die Frauen richte. Die Grünen-Fraktionssprecherin Kerstin Müller bezeichnete in einem Interview mit der Westfälischen Allgemeinen Zeitung "den bischöflichen Versuch, die Pille in die Nähe des KZ-Vernichtungsgases Zyklon B zu bringen, als ungeheuerlich". Ausgelöst wurde die Diskussion durch das geplante Vorhaben des französischen Patentinhabers, Mitte Januar das Genehmigungsverfahren des Medikaments für den deutschen Markt einzuleiten. (Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 7.12.98, 22.12.98, 4.1 99)
-
Wörtlich sagte der Kardinal: "Wo der Mensch sich nicht relativieren und eingrenzen läßt, dort verfehlt er sich immer am Leben selbst: zuerst Herodes, der die Kinder von Bethlehem umbringen ließ, heute unsere Gesellschaft, in der jährlich zirka 300.000 unschuldige ungeborene Kinder getötet werden." Die Schwangerschaftsabbrüche seien die Folgen "dieses anmaßenden Aufbegehrens gegen Gott", so Meisner. "Das sind nicht in erster Linie soziale Probleme, sondern theologische." Der Mensch dürfe sich nicht selbst zu Gott machen, "der sich Verfügungsrecht über seinen eigenen Leib und über das Leben anderer anmaßt". (Kölnische Rundschau , 7.1.99)
Anm. MIZ: Ob Frauen in Not auch der Meinung sind, ihre Probleme seien nur theologischer Art?
-
Bei schweren Gesprächen und in dramatischen Situationen profitieren die Seelsorger von ihrer zusätzlichen Ausbildung als Psychotherapeuten. Dennoch gebe es Unterschiede zwischen ihnen und den Psychologen, die in der Klinik arbeiten. Die Patienten sprechen sehr häufig ihre Schuldgefühle an'', betont Hummler. Denn auch jüngere Menschen deuten die Krankheit oft als Strafe für frühere Verfehlungen. (Stuttgarter Zeitung, 18.1.99)
Anm. MIZ: Bei all dem darf man nicht vergessen, daß den Patienten diese Schuldgefühle (Krankheit als Strafe für Sünden) erst von der Kirche und ihren Hirten eingeredet worden ist. Das Verhalten der Kirche, Schuldgefühle zunächst zu erzeugen, um sie dann therapieren zu können, erinnert an einen alten Chaplin-Film, in dem ein Glaser sein Geschäft dadurch ankurbelte, daß er Scheiben einschmeißen ließ.
-
Jeder Dritte in Deutschland ist der kircheneigenen Statistik zufolge katholisch. Bundesweit liegt die Quote bei 33,4 Prozent, im Westen bei 40,7 Prozent und im Osten einschließlich Berlin bei 6,2 Prozent. Vom Gottesdienst halten diese Christen offenbar immer weniger, denn die Statistik der Bischofskonferenz weist auch eine abnehmende Quote der Kirchenbesucher aus. An einem normalen Sonntag kamen demnach 4,8 Millionen Katholiken oder 17,6 Prozent in die Kirchen. 1996 waren es noch 18 Prozent. (Yahoo, 23.11.98)
-
Anm. MIZ: Nach 50 Jahren sollte wirklich über den Gottesbezug in der Präambel im Grundgesetz nachgedacht werden. Er schließt einen nicht unbeträchtlichen Teil der Bevölkerung aus, der sich nicht über ein höheres Wesen definiert.
-
Mit einer Bewährungsstrafe von 22 Monaten sowie einer Geldstrafe von 100 000 DM bestrafte die Wirtschaftskammer des Landgerichts Mannheim die von Uriella im Prozess gestandene Steuerhinterziehung in einer Größenordnung von 1,2 Mio DM. Dabei berief sich die Chefin der etwa 700 Mitglieder starken Sekte "Fiat Lux" (Es werde Licht) darauf, sie habe stets nur "den göttlichen Gesetzen entsprechend gehandelt". [Das muß das 11. Gebot sein: Du sollst Steuern hinterziehen!, Anm. MIZ] Doch das sah das Gericht trotz der Proteste von etwa 50 Sektenmitgliedern anders. Der unverzollte Import von angeblichen Heilmitteln, Kosmetika und anderen Waren aus der Schweiz sei ein klarer Fall von Schmuggel, auch wenn die Kuriere "Uriellas" in dem Glauben gehandelt hätten, diese Transporte seien "gottgewollt".
Für Erika Bertschinger-Eicke, die in Deutschland lebt und in der Schweiz als "Geistheilerin" arbeitet, war dieser Prozeß nicht die erste Begegnung mit irdischer Gerechtigkeit. 1996 mußte sie sich in Waldhut-Tiengen verantworten - unter anderem wegen fahrlässiger Tötung. Damals wurde ihr vorgeworfen, die ärztliche Betreuung von drei schwerkranken Frauen verhindert zu haben. Zwei Frauen waren gestorben. Das Gericht sprach "Uriella" aus Mangel an Beweisen frei. Jetzt könne sie sich wieder um Kranke kümmern, so "Uriella" nach dem gestrigen Urteil. Vielleicht nicht sehr lange. Ehemann Eberhard alias "Icordo" nannte mal wieder ein neues Datum für den Weltuntergang - 1999. (Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 23.12.98)
-
Vor allem bei politischen Prophezeiungen zeigten Deutschlands Wahrsager wenig Gespür. Kein einziger der 21 von dem Forum überprüften Hellseher habe das rot-grüne Bündnis in Bonn korrekt vorausgesagt. Im Gegenteil: Astrologin Monika Transier sah nach ihren langjährigen Sterndeutungen einen erneuten Wahlsieg für Helmut Kohl. Dagegen wurden für Schröder von Medienastrologe Winfried Noe nur "Fehlschläge" und "schlechte Aspekte" orakelt. Ebensowenig treffsicher erwiesen sich die Prophezeiungen der nationalen Hellseher-Gemeinde beim Thema Fußball. Die Astrologen Dieter Hempel und Monika Transier waren sich fälschlicherweise sicher: "Berti Vogts führt seine Fußballspieler zum Weltmeistertitel." Als unzutreffend erwies sich auch die Vorhersage des Astrologen Noe, der Formel-1-Fahrer Michael Schumacher werde erneut Weltmeister. Gleiches gilt für die Weltuntergangsszenarien, die von zahlreichen Hellsehern - zum Teil Jahrzehnte im voraus - für 1998 "vorhergesehen" worden waren. Sie blieben allesamt aus.
"Es ist mir rätselhaft, wie nach einem derartigen Prognose-Fiasko noch irgend jemand an solche Prophezeiungen glauben kann", sagte Wunder. Dabei seien die wirklich überraschenden Ereignisse des Jahres 1998 - etwa das Zugunglück von Eschede oder das Grubenunglück von Lassing - von keinem "Hellseher" vorausgesagt worden. (www.spiegel.de , 29.12.98, Westdeutsche Allgemeine Zeitung , 29.12.98)
Schweiz
-
Zürichs "Tages-Anzeiger" erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass der Zwist nicht zufällig gerade im Großmünster ausgebrochen ist. Dort begann Ulrich Zwingli an Neujahr 1519, seine neue Glaubenslehre zu predigen. Der eidgenössische Reformator verdammte jedes Freizeitvergnügen, erhob rigide Kleidervorschriften und "Sittenmandate". (Westfälische Allgemeine Zeitung , 23.1.99)
Frankreich
Grossbritannien
-
(Berliner Kurier, 17.12.98)
Vatikan
-
In der Bulle erfolgen Anweisungen "für die Erlangung des Jubiläums-Ablasses". Der "Sünden-Ablass" sei u.a. mit Wallfahrt, Kirchgang, Kommunion und Beichte zu erlangen. Die Gläubigen werden in dem Papstschreiben bereits jetzt gemahnt, dann Buße zu tun. Sie sollen einen Tag lang auf "weltliche Laster" wie Rauchen und Alkohol verzichten sowie das gesparte Geld zu wohltätigen Zwecken spenden.
In Rom stießen die Anweisungen auf Kritik. Das seien "Regeln für einen Platz im Paradies", meint spöttisch die Zeitung "La Repubblica". Sie hält diese Regeln teilweise für überholt. Und sie zitiert Martin Luther, der sich vor allem wegen der Ablassgeschäfte - dabei wurden Ablassbriefe verkauft - von der katholischen Kirche abwandte. (Westfälische Allgemeine Zeitung, 30.11.98, 1.12.199)
-
Hört man dazu den Jesuiten-Pater und Theologie-Professor Peter Gumpel, so enthüllt sich eine Strategie katholischer Globalisierung und Mobilisierung, die auf einzigartige Weise den Wunderglauben frommer Überlieferung mit heutigem wissenschaftlichem Anspruch verquickt. Johannes Paul II. hält es für nötig, den mehr als einer Milliarde Katholiken in aller Welt neue konkrete Vorbilder einer christlichen Lebensweise vor Augen zu stellen. Mit Blick auf das große Jubiläum des Jahres 2000, das Anstoß für eine religiöse Erneuerung der Kirche sein soll, läßt er das amtliche Verzeichnis der Heiligen überarbeiten und darin auch christliche "Helden" der Gegenwart aufnehmen, alte Bekannte könnten bald daraus verschwinden. (Süddeutsche Zeitung, 5.1.99)
Nordamerika
USA
-
Die Katholische Kirche setzte sich an die Spitze derer, die empört dagegen protestierten, daß sich das renommierte Fernsehmagazin «60 Minutes» in die Kampagne des umstrittenen Pathologen Jack Kevorkian für eine «humane Euthanasie» einspannen ließ.
Kardinal James Hickey rief die Gläubigen dazu auf, mit einer Briefkampagne zu reagieren. Es sei nicht hinnehmbar, jemanden im Fernsehen «zu ermorden«, sagte seine Sprecherin. Euthanasie dürfe nicht wie Abtreibung «kulturell akzeptabel» werden.
Aber auch in den Medien und in den journalistischen Fakultäten der Hochschulen gab es kritische Stimmen. Mehrere Stationen des US-Fernsehsenders CBS entschieden sich, den Beitrag nicht auszustrahlen. Der «Boston Globe« nannte ihn in einem Leitartikel
eine "Schande" und "einen Akt der Barbarei". Hunderte von Zuschauern riefen CBS nach der Ausstrahlung am 22. November an, die meisten beschwerten sich. (web.de, 29.11.98)
-
Die Methodisten haben die Segnung der Partnerschaft von Homosexuellen 1996 verboten, so daß die teilnehmenden Pfarrer jetzt mit Strafmaßnahmen rechnen müssen. Mit 8,5 Millionen Mitgliedern ist die United Methodist Church nach der Southern Baptist Convention die zweitgrößte protestantische Kirche in den USA. (Yahoo Schlagzeilen, 17.1.99)
Lateinamerika
Chile
Asien
Israel
-
Anm. MIZ: Oh "Gott", oh "Gott", oh "Gottogott"! (Bitte schicken Sie diese MIZ einem Orthodoxen. Der muß sie nun aufbewahren. Oder ordentlich beerdigen).
Saudi-Arabien
Afghanistan
-
Vier Monate nachdem die USA einige seiner Lager in Afghanistan bombardierten, meldete sich der gegenwärtig meistgesuchte Terrorist der Welt damit zurück. "Amerikaner und Briten haben die Entscheidung ihrer Regierungen gebilligt, den Irak anzugreifen", erklärte der 41-jährige gegenüber einem pakistanischen Journalisten, der das Gespräch an einen US-Fernsehsender, eine arabische Tageszeitung und an das pakistanische Blatt "The News" weitergab. Moslems in aller Welt sollten deshalb "amerikanische und britische Interessen angreifen", verkündete der Sohn eines schwerreichen saudi-arabischen Bauunternehmers.
Osama Bin Laden wird von Washington vorgeworfen, für zwei Bombenanschläge auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania im August verantwortlich zu sein, bei denen 250 Menschen ums Leben gekommen waren. Er bestritt jede Mitverantwortung, bedauere die Anschläge aber nicht und kenne einige der Hinterleute: "Das waren wahre Männer."
Das Interview fand am Heiligen Abend in einem Zelt in der Wüste außerhalb der südafghanischen Stadt Kandahar, dem Sitz der radikal-islamischen Taliban-Milizen, statt. Mullah Mohammad Hassan Rehmani, der Gouverneur der Region, hatte erst wenige Tage vor dem Auftritt von Osama Bin Laden erklärt: "Osama Bin Laden ist unser Gast. Aber wir haben sichergestellt, daß er keine Terroraktionen planen und daß er keine öffentlichen Erklärungen abgeben wird."
Die Taliban-Milizen, die mittlerweile rund 70 bis 80 Prozent des afghanischen Territoriums kontrollieren, sind untereinander über die Behandlung von Osama Bin Laden zerstritten. (Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 28.12.98)
Iran
Indonesien
China
Kasachstan
Afrika
Simbabwe
-
Die orthodoxen Kirchen beklagen eine Dominanz protestantisch-liberaler Kirchen aus dem Westen im ÖRK. Zwei orthodoxe Kirchen, die georgische und die bulgarische, haben sich aus diesem Grund bereits vom ÖRK zurückgezogen. Andere drohten ebenfalls mit Austritt, falls die Orthodoxen künftig nicht in den Gremien angemessen beteiligt würden. Inhaltlich sind vor allem die Frauenordination sowie der Umgang mit Homosexualität zwischen orthodoxen und protestantischen Kirchen strittig. (Evangelischer Pressedienst (epg), 12.12.98)