(604) Paris. Die Stadt Paris hat eine Beteiligung an der Reparatur des Läutwerks der
Notre-Dame-Kathedrale unter Hinweis auf den Lärm des Läutens abgelehnt. In diesem Zusammenhang räumte selbst KNA ein, daß
Glockengeläut auch in der BRD vielfach als Ruhestörung empfunden werde und daß kaum mehr jemand auf akustische Zeitangaben
angewiesen sei. Gleichzeitig verwies die Agentur auf die Rechtslage, insbesondere auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
Berlin, wonach "das kultische Glockengeläut ... auch in einer säkularisierten Gesellschaft bei Würdigung der widerstreitenden
Interessen hinzunehmen" sei, wenn es "sich nach Zeit, Dauer und Intensität im Rahmen des Herkömmlichen hält". Grenzen setzt das
Bundesimmissionsschutzgesetz, demzufolge keine "erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft"
hervorgerufen werden dürfen. Aus den Leitsätzen des Instituts für Staatskirchenrecht in Bonn geht hervor, daß in städtischen
Gebieten das Läuten vor 6 Uhr morgens unzulässig ist. Zugleich wurde deutlich, daß sich diese Rechtsgrundsätze bei verstärktem
Umweltbewußtsein oder fortschreitender Säkularisierung der Gesellschaft ändern können. - Unterdessen wurde bekannt, daß in der
spanischen Stadt Logrono sogar der ganze Kirchenbetrieb wegen Ruhestörung eingestellt wurde; die Behörden verlangen den Einbau
einer Schallschutzanlage. (Süddeutsche Zeitung, 30.6./1.7. und 9. 8. 84.)
Der letzten Meldung können wir nicht so recht froh werden, denn die Maßnahme der Behörden in einer Stadt des katholischen
Spanien richtete sich, wie aus der Süddeutschen Zeitung vom 9. August 1984 hervorgeht, gegen eine nationale und religiöse
Minderheit (protestantische Zigeuner). Als besonders ärgerlich mag in der katholischen Nachbarschaft auch gegolten haben, daß
diese Minderheit mit ihren Gottesdiensten eine publikumswirksame Präsentation ihrer selbst gelang, heißt es doch in der SZ.-
"Angelockt durch das lautstarke Gotteslob, hätten sich auch ständig Passanten vor dem Gebäude angesammelt, um den Chorälen zu
lauschen." Wir meinen: in dubio non contra religionem, sed pro minoritate! (im Zweifel nicht gegen die Religion, sondern für
die Minderheit!)