IBKA-Protestbrief zur Einsegnung des neuen Bundespräsidialamts

Einsegnung des neuen Bundespräsidialamtes

Hagen, 24.11.98

Sehr geehrter Herr Bundespräsident,

wie wir soeben erfahren mussten, wurde heute das neue Bundespräsidialamt im Rahmen seiner Einweihungsfeier durch christliche Geistliche gesegnet.

Wir ersuchen Sie hiermit um eine Erklärung, warum dieser Staat, dem jegliche Identifikation mit irgendeiner Religion verboten ist, anlässlich der Einweihung eines weltlichen Gebäudes religiöse Zeremonien veranstaltet. Ebenso ersuchen wir Sie um eine Erklärung, wie Sie diese, in Ihre Verantwortung fallende, Einsegnung, durch die der Staat sich als "Heimstatt christlicher Bürger" präsentiert und nicht- oder andersgläubige Bürger ausgrenzt, mit Ihren Amtspflichten vereinbaren zu können meinen, die von Ihnen nicht nur fordern, ein Vertreter aller Bürger zu sein, auch jenes Drittels, das nicht der christlichen Religion angehört, sondern auch den Staat als "Heimstatt aller Bürger" zu präsentieren.

Insbesondere protestieren wir aufs allerschärfste gegen die Einbeziehung der Festgemeinde in eine gottesdienstliche Handlung durch das gemeinsame Sprechen des "Vaterunsers", und die damit verbundene schwere Missachtung der Weltanschauungsfreiheit der anwesenden Nichtreligiösen, die so zur Teilnahme an einer religiösen Handlung gezwungen wurden (und nebenbei bemerkt auch der anwesenden Andersgläubigen, die so zu christlichen Handlungen gezwungen wurden).

Im Namen aller Nichtreligiösen fordern wir Sie hiermit auf, zu diesem ungeheuerlichen Verstoß gegen die weltanschauliche Neutralität des Staates Stellung zu beziehen.

Hochachtungsvoll

Dr. Christian Brücker
Erster Vorsitzender