1994 - Meldungen 2021-2077
Europa
Deutschland
-
(Süddeutsche Zeitung, 28.4.94)
-
Beiläufig wurde bekannt, daß ein bisheriger Mitherausgeber das sinkende Schiff nach 14 Jahren verläßt: Roman Herzog. (Publik Forum, 12.8.94)
-
Die Freien Humanisten Niedersachsen kritisierten, die Urteilsbegründung rüttle an Verfassungsgrundsätzen. Zwar sei jede bereute Straftat löblich, aber bei der Strafzumessung dürfe nicht entscheidend sein, ob der Täter Christ, Moslem oder Humanist und ob er strenggläubig sei oder nicht. "Eine Argumentation, die bestimmte religiöse oder weltanschauliche Auffassungen als moralisch besser oder schlechter qualifiziert, ist der Tod jeder demokratischen Gesellschaft. Das III. Reich hat das überdeutlich gezeigt." (Hannoversche Neue Presse, 31.8.94; Presseerklärung der Freien Humanisten vom 6.9.94)
-
Anm. MIZ-Red.: Letztere Behauptung ist widerlegt. Die Richter hätten nur einen Blick in das Statistische Jahrbuch 1994 werfen und die Bevölkerungszahl mit der (von den Kirchen selbst angegebenen!) Kirchen-Mitgliederzahl vergleichen brauchen. Zum Ende 1992 ergab sich folgender Stand: Bevölkerung: 80.986.600; katholisch: 27.663.000 (=34,16 %); evangelisch: 28.875.000 (35,65 %); daraus ergeben sich Sonstige: 24.448.600 (=30,19 %).
-
Anm. MIZ-Red.: Diese Feststellung des Katholikenkomitees läßt auch einen Umkehrschluß zu: Es lohnt sich für die anderen Parteien nicht, im ohnehin rapide schrumpfenden Reservoir der Kirchentreuen zu fischen. Viel erfolgversprechender ist für SPD, Grüne und FDP das Rezept, die wachsende Klientel der religiös nicht oder kaum Gebundenen anzusprechen.
-
Ferner wies die HU die Behauptung aus Kirchenkreisen zurück, vom staatlichen Kirchensteuereinzug hänge das Schicksal der kirchlichen Sozialeinrichtungen ab. Da schon jetzt "durchschnittlich 90 % der laufenden Kosten" vom Staat, den Nutzern, und anderen Kostenträgern aufgebracht würden, könne der kirchliche Eigenanteil "leicht durch Direktfinanzierung aufgefangen werden. Die staatliche Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer von der Lohnsteuer beispielsweise führt zu wesentlich höheren Kosten für die öffentliche Hand als die erforderliche bescheidene Erhöhung der Direktfinanzierung." (Pressemitteilung der Humanistischen Union vom 23.10.94)
-
In Münster protestierten Anwohner gegen den Magistratsbeschluß, eine Straße nach Greta Bünichmann zu benennen, die 1635 auf Betreiben des bei ihr hoch verschuldeten Arbeitgebers als "Hexe" verbrannt wurde. Der Name passe nicht "in das Sinngefüge" der umliegenden Straßen, die auf einem ehemaligen Klosterviertel liegen und Namen wie Prozessionsweg oder Straße vom Guten Hirten tragen. Der örtliche Pfarrer ließ seine Klientel nicht im Stich und warf dem Rat vor, "einer mutmaßlichen Kriminellen des Mittelalters" eine Straße widmen zu wollen.
In Dillingen/Donau, jahrhundertelang Sommerresidenz der Augsburger Bischöfe und bis vor 25 Jahren auch Sitz des Priesterseminars, wurde gegen den Widerstand des Bischöflichen Ordinariats eine Gedenktafel enthüllt, auf der auch an die Hexenverbrennungen erinnert wird. Der Oberbürgermeister sagte, die Tafel solle an die schrecklichen Folgen der Ausgrenzung und Verfolgung von Minderheiten bis in die heutige Zeit hinein mahnen. Der Historiker der Diözese bedauerte die Erwähnung der Hexenverfolgung "außerordentlich" und schlug vor, statt der vor 250 Jahren erdrosselten "Hexe" Barbara Zielhauser jener Jesuiten zu gedenken, die damals gegen den Hexenwahn Stellung bezogen hätten. Nach zahlreichen Leserprotesten machte die Diözese einen Rückzieher und behauptete, bei dem Einspruch habe es sich um eine private (gleichwohl unter diözesanem Briefkopf verfaßte, Anm. MIZ-Red.) Meinungsäußerung des Bistumsbeauftragten gehandelt. Der Münsteraner Kirchenkritiker Prof. Horst Herrmann bezeichnete in einer Stellungnahme diesen Protest einer "Organisation, die von schönen Worten über die Würde des Menschen überfließt und täglich Reue und Buße - bei anderen! - einfordert" als "Gipfel der Schamlosigkeit". (TAZ, 28.10.94; Augsburger Allgemeine, 13. u. 17.12.94; Süddeutsche Zeitung, 31.12.94)
-
Der Abwärtstrend bei den etwa 30.000 deutschen Alt-Katholiken wurde in letzter Zeit gestoppt, weil die Abgänge infolge Überalterung durch Übertritte aus der römischen Amtskirche ausgeglichen werden. Der letzte Satz der FAZ-Meldung lautete allerdings: "Auch die Alt-Katholiken spüren in Deutschland die abnehmende Bedeutung von Religion." (Frankfurter Allgemeine, 17.11.94)
-
Anm. MIZ-Red.: Die Kirchen in West und Ost haben zumindest eine Gemeinsamkeit: Beide haben sich bereitwillig angepaßt (bzw. tun dies noch), um mehr politischen Einfluß und finanzielle Vorteile zu erlangen.
-
Mehrere Bischöfe sprachen sich dafür aus, wiederverheiratete Geschiedene während der Gottesdienste in Ausnahmefällen zum Verzehr geweihter Oblaten ("Kommunion") zuzulassen, obwohl der Papst dies in einem Rundschreiben ausdrücklich ausgeschlossen hatte. Sie erhielten auch von katholischen CSU- und CDU-Politikern wie den Ministerpräsidenten Vogel und Teufel Unterstützung. Dagegen lobten Kardinal Meisner (Köln) und Erzbischof Dyba (Fulda) die römische Haltung ausdrücklich. Der österreichische Kurienkardinal Stickler nannte das einschlägige Hirtenwort dreier südwestdeutscher Bischöfe sogar einen "antikatholischen Anschlag".
Erzbischof Dyba griff das sonst eher konservative Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) wegen dessen Wunsch nach Aufhebung des Zölibats an, während sein Mainzer Amtskollege Lehmann diesen Vorstoß als Zeichen einer "lebendigen Kirche" lobte. Mit Bezug auf das definitive päpstliche Verbot der Priesterweihe für Frauen meinte er sehr diplomatisch, "die meisten" Argumente gegen die Frauenpriesterschaft seien "aus heutiger Sicht" falsch. Kurz danach plädierte er jedoch für eine andere Form päpstlicher Lehrschreiben; dies gelte speziell für Länder, in denen das Klima gegenüber der Kirche kritischer sei als in Südeuropa.
Beim heftig kritisierten Papstbuch "Die Schwelle der Hoffnung überschreiten" wurde jedoch ein anderer Schuldiger gefunden: Die Übersetzung des Hoffmann & Campe Verlags sei zu schlecht gewesen.
(Welt am Sonntag, 16.10.94; Süddeutsche Zeitung, 26.9., 31.10., 12.11. u. 27.12.94; Frankfurter Rundschau, 1.12.94; Frankfurter Allgemeine, 6.12.94)
-
Besonders kritisch beurteilen die Bischöfe die anonymen Bestattungen; für Christen empfehlen sie nach wie vor die Erdbestattung, die an die Grablegung ihres Religionsstifters erinnere, doch wird auch bei Feuerbestattung eine kirchliche Beteiligung nicht verweigert, außer wenn sie aus antichristlichen Motiven erfolge. (In diesem Fall dürfte kirchliche Anwesenheit wohl auch kaum erwünscht sein, Anm. MIZ-Red.) Bei der Bestattung von Ausgetretenen entschlossen sich die Kirchenfürsten mit Blick auf kirchengebundene Angehörige zur Befürwortung einer individuellen Vorgehensweise. (Frankfurter Allgemeine, 8.12.94)
-
Nicht beseitigt ist damit das größte interne Problem: der Personalmangel. Bis Oktober 1993 sank die Zahl der katholischen Militärseelsorger (vorwiegend wegen des allgemeinen Pfarrermangels) binnen 12 Monaten von 92 auf 81. (Frankfurter Allgemeine, 8.10.93)
-
Nach Bekanntwerden der Pläne zeigte die katholische Kirche allerdings auch, welche Druckmittel sie hat. Nachdem sie mit genereller Schulschließung drohte, nahm das Finanzministerium die Kürzungspläne zurück. An eine von den Kirchen gewünschte Ausweitung der Förderung ist jedoch künftig nicht mehr zu denken. (Süddeutsche Zeitung, 16.12.94; Kirchenzeitung der Diözese Augsburg, 25.12.94; Augsburger Allgemeine, 11. u. 12.1.95)
-
Da es in Bayern mit 13 immer noch die meisten Feiertage gibt, kündigte die katholische Kirche durch ihren Münchner Kardinal Wetter vorsorglich an, daß sie sich der Streichung eines weiteren Feiertags mit allen Mitteln widersetzen werde. Im Nachbarland wollen sich vor allem Schausteller noch nicht mit dem Wegfall des lukrativen Pfingstfeiertags zufriedengeben und starten ein Volksbegehren für die alternative Streichung des Buß- und Bettags. Auch in Niedersachsen haben die Kirchen bereits 170.000 Unterschriften gegen die Abschaffung des Feiertags gesammelt und schließen ein Volksbegehren nicht aus. (Süddeutsche Zeitung, 22.12.94, Augsburger Allgemeine, 23.1.95; SPIEGEL, 30.1.95; Frankfurter Rundschau, 1.11.94; vgl. auch die umfangreiche Berichterstattung in den Printmedien während des gesamten Jahres 1994)
-
Nach Umfragen von dpa und idea erreichten die Austritte 1994 entgegen früheren Erwartungen das Vorjahresniveau. Während bis Oktober ein Rückgang zu verzeichnen war, setzte seither ein regelrechter Ansturm auf Standesämter bzw. Amtsgerichte ein. In Hamburg wurde bereits am 22.12. das Doppelte des Dezember-Wertes von 1993 erreicht. Im größten der fünf Münchner Standesämter traten im Dezember 750 statt der monatlich üblichen 200 aus. In Dortmund kehrten in den letzten Monaten täglich 50 Personen der Kirche den Rücken, im ersten Halbjahr hingegen nur etwa 10. In Augsburg wurde das Niveau von 1993 (1617) mit 1594 Austritten fast erreicht, obwohl bis Ende September erst 850 registriert waren. Eine ähnliche Tendenz wurde aus Stuttgart und Hannover gemeldet, wo 1994 exakt 3546 bzw. 5200 Austritte verzeichnet wurden. In Frankfurt/Main stieg die Austrittszahl mit 5978 um 12 % gegenüber 1993. Deutlich geringere Vergleichswerte wurden hingegen in ländlichen Regionen und in Ostdeutschland festgestellt. Auch die evangelische Kirche in Bayern sprach nach einer ersten Übersicht von einem landesweiten Rückgang von 17.544 auf rund 16.500 Austritten. - Neuesten Mitteilungen zufolge stieg die Austrittszahl 1994 bei den Katholiken, während sie bei den Protestanten im Vergleich zum Vorjahr leicht rückläufig war.
Der wiedereingeführte Solidaritätszuschlag und aktuelle Entscheidungen des Vatikan zur kircheninternen Stellung von Frauen und von Geschiedenen werden in kirchlichen Analysen nur als äußere Anlässe für die Trendwende gesehen. Der Sprecher der Katholischen Bischofskonferenz, Rudolf Hammerschmidt, räumte ein, daß der Stellenwert der Religion in Deutschland abgenommen hat. Die Diskussion über die Kirchensteuer zeige überdies, daß es den Kirchen nicht mehr ausreichend gelinge, ihre Notwendigkeit plausibel zu machen. Der Kirchenamtspräsident der Hannoverschen evangelischen Landeskirche, von Vietinghoff, warnte zwar vor einer Dramatisierung der Lage, da die jährliche Austrittsquote abzüglich der Eintritte bisher stets unter einem Prozent der Mitglieder lag, meinte aber zu den langfristigen Aussichten: "Wir befinden uns auf einem geordneten Gleitflug zu bescheideneren Verhältnissen." Zuvor hatte die Austrittswelle aber auch für Streit zwischen den beiden Großkirchen gesorgt: Der Ratsvorsitzende der EKD beschuldigte die katholische Schwesterorganisation, wegen ihrer ablehnenden Haltung zur Empfängnisverhütung auch an den evangelischen Austritten mitschuld zu sein.
Unmittelbar vor Redaktionsschluß wurde bekannt, daß auch zu Jahresbeginn 1995 in Großstädten fast dreimal so viele Austritte wie im Vorjahr zu verzeichnen waren. (Augsburger Allgemeine, 24.9., 10.12.94, 13.1. u. 2.2.95; Süddeutsche Zeitung, 23.12.94; Tagesthemen ARD, 23.12.94; idea (Informationsdienst der Evangelischen Allianz), 5.1.95; MIZ-Eigenrecherchen)
Anm. MIZ-Red.: Damit hat sich eine von der evangelischen Kirche durchgeführte "Meinungsumfrage" vom Herbst 1993 als plumper Suggestionsversuch entlarvt. Dort war entgegen allen seriösen Erhebungen behauptet worden, nur mehr 1 % der Protestanten dächte an Kirchenaustritt (vgl. Süddeutsche Zeitung, 26.10.93, und die EKD-Dokumentation Fremde Heimat Kirche vom Sept. 1993). Dieser Wert ist seither bereits übertroffen.
-
Beobachter bewerten den Vorstoß als Panikreaktion auf die sprunghaft gestiegenen Kirchenaustritte; im Dezember hatten 1400 Hamburger die evangelische Kirche verlassen, nachdem es in den elf Vormonaten zusammen nur 3100 waren. (Stellungnahme des IBKA vom 4.1.95; idea, 5.1.95; Aichacher Zeitung, 5.1.95; Augsburger Allgemeine, 7.1.95)
Anm. MIZ-Red.: Entgegen dem von interessierter Seite erweckten Eindruck führen Kirchenaustritte zu einer erheblichen Entlastung des Staates: Während von 100 DM Kirchensteuern nur etwa acht für öffentliche soziale Zwecke verwendet werden, führt die steuerliche Absetzbarkeit zu einem weit höheren Einnahmeausfall des Fiskus (im Schnitt knapp 27 % der Kirchensteuern). Wer aus der Kirche austritt, mindert also die Staatsverschuldung.
-
Die evangelische Kirche verweigerte sogar ihrem geistlichen Stammpersonal die Entgiftung der Dienstwohnungen. Allein in Bayern sind mindestens 15 katholische Klöster, Kirchen und Pfarreiwohnungen mit PCP oder Lindan verseucht, die Zahl der betroffenen Kindergärten und Altenheime ist noch nicht erfaßt. (Süddeutsche Zeitung, 9.1.95)
-
Anm. MIZ-Red.: Auch das Bekenntnis, die meisten Menschen seien durch persönliche Kontakte in christlichen Zirkeln bekehrt worden, gibt zu denken. Die Methode, nicht etwa die religiösen Inhalte für sich sprechen zu lassen und damit zu überzeugen, sondern durch ein geeignetes persönliches Umfeld das natürliche emotionale Kontaktbedürfnis auszunutzen und den "Bekehrten" mit institutionalisierten Bindungen "einzuwickeln", entspricht haargenau der gemeinsamen Strategie aller Sekten.
-
Bemerkenswert war auch die Informationspolitik des Opus Dei. Als der katholische Spiegel-Redakteur Kontakt mit dessen Berliner Außenstelle aufnehmen wollte, wurde stets der Hörer aufgelegt. Im Kölner "Informationsbüro" beschied man ihm: "Das geht sowieso schlecht für uns aus. Schreiben Sie erst mal, wir lesen das, und wenn es uns gefällt, dann sprechen wir auch mit Ihnen." (SPIEGEL, 9.1.95)
-
Auch die katholische Kirche stellt ähnliche Überlegungen an. Schon 1992 dachte das Bistum Hildesheim wegen eines Haushaltslochs von 37 Mio. DM an den Verkauf von Immobilien. Generalvikar Schenk stellte damals die Frage, "ob wir alle vorhandenen kirchlichen Gebäude auf Dauer unterhalten können". Es sei nicht auszuschließen, daß auch Gotteshäuser aufgegeben werden müßten. (Süddeutsche Zeitung, 11.8.92)
-
(Anm. MIZ-Red.: Pfarrer entrichten für die Nutzung ihrer Dienstwohnungen bzw. Pfarrhäuser nur einen äußerst geringen Mietanteil. Die Differenz zur ortsüblichen Miete wird vom Finanzamt als steuerpflichtiger "geldwerter Vorteil" herangezogen; dieser Bonus macht je nach Wohnort und -lage zwischen 500 und 2500 DM monatlich und im Schnitt etwa 1000 DM aus.)
Bereits Mitte 1994 wurde auch die Finanzlage einiger Landeskirchen wegen der geringeren Zahl von Beschäftigten (und damit Kirchensteuerzahlern) nach eigener Darstellung deutlich ungünstiger. Die westfälische Kirche nahm bis August 7,8 % weniger ein als im gleichen Zeitraum 1993 und mußte erstmals 7 Mio. DM Kredit aufnehmen. Neue Kindergartenprojekte will sie auf Eis legen. - Die Nordelbische Kirche muß ihren 721-Millionen-Haushalt für 1995 erstmals mit einem Kredit über 3,5 Millionen DM abdecken. Ihr Sprecher teilte mit, wegen der zu erwartenden Kirchenaustritte werde binnen vier bis sechs Jahren der frei verfügbare Teil der Einnahmen um ein Viertel schrumpfen. - Wie man effektiv sparen kann, demonstrierte eine Frankfurter Kirchengemeinde. Wegen der geringen Besucherzahlen findet dort nur noch jeden zweiten Sonntag ein Gottesdienst statt. - Die württembergische Landeskirche entdeckte plötzlich den Kirchensteuerzahler und richtete ein kostenloses Info-Telefon ("Kirchensteuertelefon") ein. Potentielle Austrittskandidaten habe die Kirche dabei jedoch nicht im Auge, schränkte der Finanzdezernent ein. - Die Bayerische Landeskirche konnte ihren Haushalt zwar problemlos ausgleichen, rechnet aber nach Inkrafttreten des Verfassungsgerichtsurteils zur Steuerfreiheit des Existenzminimums mit Einbußen von 55 Millionen DM, d.h. über 5 % des Kirchensteueraufkommens.
(Westfälische Rundschau, 25. u. 26.10.94; Süddeutsche Zeitung, 24.11.94 u. 6.2.95; Frankfurter Rundschau, 2.12.94; Südwest Presse Ulm, 11.1.95)
Finnland
Frankreich
Großbritannien
Irland
-
Fast gleichzeitig mußte sich ein anderer Gottesmann vor Gericht verantworten, weil er einen 18jährigen Anhalter unsittlich belästigt hatte. Ebenfalls in derselben Woche starb ein 68jähriger Pater nach einem Herzinfarkt - in einem Dubliner Saunaklub für Schwule. Er hatte aber noch Trost im Unglück: Zwei ebenfalls dort weilende Amtsbrüder konnten ihm gleich die Sterbesakramente spenden. (SPIEGEL, 21.11.94)
Jugoslawien
Schweiz
-
Auf diese Fakten wies der Publizist Peter Fürer hin, der die Volksinitiative für die Trennung von Staat und Kirche in Zürich unterstützt. Im Herbst 1995 soll darüber voraussichtlich abgestimmt werden.
Fürer bemängelt auch die extrem hohen Staatsleistungen an die Kirchen, die die kirchlichen Eigenleistungen zugunsten der Allgemeinheit erheblich übertreffen. 1990 hätten die Kirchen allein im Kanton Zürich 45 Millionen Franken (ca. 56 Mio. DM) an Staatszuschüssen und 72 Mio. Franken (ca. 90 Mio. DM) an "indirekten Kirchensteuern" von juristischen Personen eingenommen, an denen die 18 % Konfessionslosen und Andersgläubigen mit 21 Mio. Franken (ca. 25 Mio. DM) beteiligt gewesen seien. (MIZ-Eigenmeldung; Tagesanzeiger Zürich, 1.7.93)
Anm. MIZ-Red.: 1. In den Kantonen Genf und Neuenburg können die Kirchen die Mitgliedsbeitragspflicht nicht mit Hilfe des Staates durchsetzen, so daß sie faktisch auf freiwillige Abgaben angewiesen sind. 2. Inzwischen dürfte der Anteil der Konfessionslosen in Zürich sogar noch höher liegen. Im April 1993 berichtete die Neue Züricher Zeitung, daß die evangelische Kirche täglich 50 bis 60 Austritte zu verzeichnen habe und die katholische nur geringfügig weniger (vgl. Freidenker Schweiz, 5/93). Das entspräche einem jährlichen Verlust von mindestens 3 % der Bevölkerung.
3. Daß nur ein geringer Teil der Kirchenmitglieder wirklich zu den Christen gerechnet werden können, geben auch Kirchenleute gelegentlich zu. So meinte z.B. der damalige Essener Bischof Hengsbach 1990, viele Namens-Christen lebten heute einen praktischen Atheismus (KNA, 26.2.90).
Slowenien
-
Unabhängig davon laufen aber Verhandlungen zur Vorbereitung eines Konkordats mit dem Vatikan. (KNA, 9.8.94)
Vatikan
-
Anm. MIZ-Red.: Bereits zuvor waren die Beziehungen zwischen Berlusconi und der Kurie vertieft worden. Der damalige Regierungschef hatte Jas Gawronski als Pressesprecher engagiert, einen persönlichen Freund Wojtylas und Sproß einer alten katholischen Adelsfamilie. (Focus, 17.10.94)
Nordamerika
USA
-
Aus dem Rennen ist vorläufig jedoch der Gründer Pat Robertson selbst. Ihm wird vorgeworfen, die über seine Kirche vermittelten Fernsehauftritte zur Vermarktung von Schlankheitsmitteln genutzt zu haben. Außerdem wird gegen ihn wegen Verbindungen zur Mafia ermittelt. (American Atheist Newsletter, 9/94 u. 11/94; Washington Post, 15.9.94; Focus, 17.10.94; Spiegel, 24.10.94; Süddeutsche Zeitung, 10.11.94; Südwest Presse, 17.11.94)
Lateinamerika
Haiti
-
Der Vatikan war weltweit der einzige Staat, der das Militärregime 1991 anerkannt hatte. (Frankfurter Rundschau, 14.10.94)
Asien
Bangladesh
-
In Straßburg würdigte Parlamentspräsident Hänsch zwar Nasrins Mut und Engagement für Menschenrechte, ein Eingehen auf ihre Vorschläge war aber zumindest den Presseveröffentlichungen nicht zu entnehmen. (Augsburger Allgemeine, 15.12.94)
Auch in Bangladesh selbst hat sich inzwischen eine säkulare Opposition gegen die islamischen Fundamentalisten formiert. Die Awami-Liga und das Anti-Communal Students Action Committee organisierten einen Generalstreik gegen die von der Partei Jamaat-i-Islami betriebene Islamisierung der Gesellschaft. Auch führende Juristen des Landes warnten vor einem neuen Anti-Blasphemie-Gesetz, das einen Rückfall ins Feudalzeitalter darstelle und sich zum Abwürgen jeder demokratischer Willensbekundung mißbrauchen ließe. Wegen einer für Ende 1994 geplanten Blasphemie-Anklage und den Bedrohungen durch fanatische Moslems hatte Nasrin im August 1994 in Schweden politisches Asyl gefunden und kurz danach den Kurt-Tucholsky-Preis erhalten. (Neues Deutschland, 2.8.94; Frankfurter Rundschau, 11.8.94)
Indien
-
Im Gegensatz zu dem von ihr vermittelten Eindruck weile die Friedensnobelpreisträgerin von 1979, die sich 1980 von dem haitianischen Diktator "Baby Doc" Duvalier mit einem Orden auszeichnen ließ, nur selten in ihrem Heim in Kalkutta, sondern fliege um die Welt, um das Prestige ihres "Ordens der Barmherzigkeit" zu mehren. Eine medizinische Versorgung findet im "Heim für die sterbenden Armen" praktisch nicht statt. Der Autor Christopher Hitchens kritisierte, die Menschen, die sonst qualvoll auf der Straße sterben würden, sterben stattdessen qualvoll in Mutter Teresas Sterbehospiz. Hitchens fand heraus, daß die Nonne bei der Kampagne zur Steigerung des Spendenaufkommens mit einem US-Millionär zusammengearbeitet hat, der sein Vermögen mit Unterschlagung und Betrug aufgebaut hatte. Politisch sei sie eine "erbarmungslose Fundamentalistin", die sich als Symbolfigur "des rechten katholischen Flügels" präsentiere.
Ein Ordensmitglied in London erklärte, man habe zwar von dem Filmvorhaben gewußt, werde aber nichts unternehmen als "beten für den Produzenten und für alle, die mitgewirkt haben." (Süddeutsche Zeitung, 10.11.94)
Israel
-
Die Abgeordneten der religiösen Parteien gerieten in wilde Empörung und stellten einen Mißtrauensantrag. Schließlich wurden die erzürnten Ultraorthodoxen vom Präsidenten der Knesseth des Saales verwiesen. (Süddeutsche Zeitung, 23.12.94)
Philippinen
Sri Lanka
-
70 % der 17 Millionen Bewohner Sri Lankas sind Buddhisten, 7 % christlich. (Süddeutsche Zeitung, 31.12.94; Augsburger Allgemeine, 23.1.95)
Türkei
-
Bereits im Sommer war von zahlreichen Cholerafällen in einigen von fundamentalistischen Bürgermeistern regierten Armenvierteln Istanbuls berichtet worden. (Frankfurter Allgemeine, 20.10.94)