Konstituierung eines Stammtisches im östlichen Ruhrgebiet
Freitag den 23. April 2010, nacheinander trudeln sie ein, einzeln oder in kleinen Grüppchen, ganz normale Menschen, man kann ihnen nicht ansehen was sie im Schilde führen. Ihr Treffpunkt, "Die Kneipe im Bahnhof" im Kulturzentrum "Bahnhof Bochum-Langendreer". Es sind Menschen wie du und ich, der Student, der Pensionär, der Arzt, der Handwerker, von weiter weg und von "um die Ecke". Es müssen alles in allem so ungefähr 20 Interessierte sein.
Die meisten kannten sich untereinander bis dato noch nicht, doch das änderte sich im Laufe des Abends. Denn es verbindet sie eine Sache, die allen am Herzen liegt und die begründet sich in der Kritik an einer annähernd 2000 Jahre alten gesellschaftlichen Tradition, nämlich dem bedingungslosen und nicht hinterfragbaren Glauben an leider nicht sehr lustige und menschlich gesehen, eher fragwürdige imaginäre Autoritäten und ihre Konstitutionalisierung.
Ein "Stammtisch" säkular denkender Menschen hat sich erstmalig im östlichen Ruhrgebiet konstituiert. Er umfasst Menschen, die sich als freigeistig, säkular, skeptisch, humanistisch, rational und atheistisch bezeichnen würden und es als eine Notwendigkeit ansehen auch im östlichen Ruhrgebiet Position zu beziehen.
Im netten Ambiente der "Kneipe im Bahnhof" trafen sich alle Interessierten an einer langen schmalen Tafel. Etwas trinken und essen und ein wenig Smalltalk mit den nächsten Tischnachbarn war hier möglich, doch schon bald reifte die Erkenntnis, dass zum Kennenlernen und ersten Gedankenaustäuschen, eine ruhigere und Tisch-technisch gesehen, kompaktere Runde viel vorteilhafter wäre.
Da das "Kulturzentrum Bahnhof Langendreer" gesellschaftliche und politische Arbeit mit dem kostenlosen Bereitstellen diverser Tagungsräume unterstützt und ein ebensolcher noch frei war, hatten wir nach einem kurzen Umzug die Möglichkeiten, die uns die ansonsten sehr nette Kneipe leider nicht bot, man konnte sich den Anderen vorstellen und mit allen ins Gespräch kommen.
Jeder sprach in der Vorstellungsrunde über persönliche Interesse und mögliche politische Ziele des Treffens. Nach kurzer Zeit wurde klar, dass für die kommenden Monate genug Themen gefunden waren, die man gemeinsam in Arbeitstreffen und Vorträgen diskutieren wollen würde. Dazu zählten Klassiker wie Zwangsmitgliedschaft in der Kirche, kirchliches Arbeitsrecht, §166 StGB (der so genannte Gotteslästerungsparagraph), (religiös motovierte) Zensur und der Islam. Darüber hinaus war sich die Gruppe einig, dass es bei den Klassikern nicht bleiben dürfte. Hinzu kamen Themen wie Kritik an der Steinerschen Anthroposophie, Aufklärung über neue religiöse Bewegungen, eine Initiative gegen Beschneidung von Frauen, Kritik am Dalai Lama und dem tibetanischen Buddhismus, Aufklärung über die Psychoszene, Homöopathie als vermeintlich alternative Medizin und Kritik an der Macht des Klerus in Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen. Hier ließen sich noch zahlreiche andere Beispiele anfügen, die kurz aufgegriffen wurden. Dabei ließen es die Anwesenden aber nicht bewenden. Man bekannte sich nicht nur zur Aufklärung, sondern man legte sich in der Runde auch darauf fest ein humanistisch geprägtes Weltbild definieren und darüber diskutieren zu wollen und den Menschen damit eine Alternative entgegenzustellen.
Das Fazit fällt wie folgt aus: die TeilnehmerInnen kamen überein sich zunächst monatlich zu treffen, wobei sowohl sachlich gearbeitet als auch gemütlich beisammen gesessen werden soll. Daher ermuntern wir alle Lesende aus dem östlichen Ruhrgebiet am 28. Mai und am 25. Juni 2010 zu den nächsten Treffen nach Bochum Langendreer zu kommen. Weitere Informationen gibt es bei Jörg Schnückel (bdvs-jsSpamschutzBitteEntfernen@arcor.de).
Foto's: © Jörg Schnückel